Skigebiete in den Alpen:Ein Tag im Schnee: Kronplatz

Das Südtiroler Skigebiet gilt als eines der kinderfreundlichsten in den Alpen. Den Nerven der Eltern bringt das wenig.

Von Heiner Effern

Skigebiet Kronplatz

Abgehoben: Den Kindern ist keine Schanze zu hoch - und das Skigebiet ist voll davon.

(Foto: Heiner Effern)

1. Arschbomben

7.13 Uhr: Drei Kapuzenmänner stehen am Bett. Unter ihren weiten Mänteln tragen sie nichts - außer Badehosen. Wer hat eigentlich Kindertag gesagt? Wer hat erwähnt, dass das Hallenbad schon um sieben Uhr öffnet? Der Schuldige muss raus, im Hotel-Keller vor dem Aquarium 17 Wasserschildkröten "Guten Morgen" sagen, darf aber wenigstens im benachbarten Menschen-Becken schwimmen. Was heißt schwimmen? Er weicht den Einschlägen aus. Es gilt bereits um diese Uhrzeit das Tagesmotto, das sich später im Skigebiet fortsetzen wird: Es wird gesprungen, gesprungen und gesprungen.

2. Sprung ins Netz

9.38 Uhr: Ankunft am Gipfel des Kronplatzes, Sonne, Wolken und dichter Nebel wechseln schlagartig. Erst einmal durchzählen. Buben, drei: Jakob (elf), Simon (neun), Xaver (sechs). Bergstationen am Plateau: acht. Doch es gibt nur ein Thema, seit der letzten Sesselliftfahrt: diese frisch präparierten, noch unberührt aussehenden Schanzen, die beim Blick von oben sofort das Prädikat "cool" erhielten. Wie übrigens auch die am Kronplatz häufig zu sehenden magischen vier Buchstaben: Wifi. Was ist ein spektakulärer Sprung ohne Landung in der Whatsapp-Welt?

3. In den Wolken

10.13 Uhr: Der Funpark taugt allerdings nicht für die erste Abfahrt. Das liegt nicht an der Nicht-gleich-über-die-Schanze-Jammerei der Erziehungsberechtigten. Er ist einfach noch gesperrt. Aber es gibt eine Alternative: die Rennstrecke mit Zeitmessung. Nichts wie rüber. Die Querfahrt führt über Schnee, der über Nacht nicht aus Maschinen gejagt wurde, sondern tatsächlich aus dem Himmel gefallen ist. Leicht, trocken, es wirbelt, wenn man mit Karacho hineinfährt. "Das fühlt sich an wie auf Wolken - da kann es einen gut hinhauen", sagt Xaver. Wird umgehend umgesetzt.

Skigebiete in den Alpen: Nach dem Rennen sofort aufs Podest (v. l.): Jakob, Xaver und Simon.

Nach dem Rennen sofort aufs Podest (v. l.): Jakob, Xaver und Simon.

(Foto: Heiner Effern)

4. Kuhglocken

10.43 Uhr: Die erste Schlange des Tages an diesem Januartag: Wir sind nicht die Einzigen, die sich auf die Rennstrecke stürzen wollen. Das Starthaus hat Weltcup-Niveau, zahlen muss hier trotzdem niemand: Ein Autohersteller sponsert die Zeitmessung. Die Skistöcke kurz abgeklopft wie Felix Neureuther im Fernsehen, dann piept es schon, und los. Im Starthaus spucken Lautsprecher Kuhglocken-Gebimmel aus, um die letzten Hundertstel aus den Läufern herauszuholen. Es wird den ganzen Tag um Hundertstel gehen. Wenn es nicht gerade ums Springen geht.

Schanzen-Tournee und Operation Germknödel

5. Hallo, Funpark!

11.16 Uhr: Das Portal zum Funpark ist offen - endlich. Doch den ersten großen Auftritt hat dort der Nebel. Von den Kanten der Schanzen ist kaum mehr etwas zu sehen, man spürt sie erst kurz bevor die Ski in der Luft sind. Als es aufreißt, testet Jakob mit undosiertem Anlauf die Spießigkeit der Alten. Xaver pflegt den V-Stil, verkehrt herum. Simon würde den Skitag in eine 4371-Schanzen-Tournee umwandeln. Der Tag und die Welt wären perfekt, wenn nicht die Eltern stören würden. Andere Pisten, geht's noch? Zum Glück hat Martin Feichter mit seinem Team bislang nur den kleinen Parcours fertig, die Easy-Line. Feichter ist der Shaper, der die Schanzenkanten so akkurat geschliffen hat, dass die Jungs abheben können. "Daneben kommt dann die Medium-Line; da kann man acht bis zehn Meter weit springen", sagt er. Dahinter entsteht gerade ein "Familienkurs" - mit Steilkurven und einem Eistunnel.

6. Zwölf-Uhr-Läuten

12.02 Uhr: Loseisen. Klingt einfach, ist aber zäh, wenn keiner vom Funpark ablassen will. Aber die Glocke schafft es. Sie hängt etwas unmotiviert in einem Gestell auf dem Gipfelplateau und schlägt jeden Tag einmal um zwölf. Für den Frieden auf der Welt, heißt es. Minutenlang schwingt sie sich ein, sie soll eine der größten Südtirols sein. "Viel zu laut", sagt Xaver, als der Klöppel losschlägt. Vielleicht steht er einfach viel zu nah dran?

Skigebiete in den Alpen: In der Serie "Ein Tag im Schnee" testet die SZ Skigebiete. Bild: SZ-Grafik

In der Serie "Ein Tag im Schnee" testet die SZ Skigebiete. Bild: SZ-Grafik

7. Blau bis schwarz

13.25 Uhr: Operation Germknödel scheitert in mehreren Restaurants: Sie führen die Mehlspeise nicht. Die Enttäuschung der Buben lindern aber die Burger, die sie in der Hütte Ücia Bivacco wegputzen. Danach wird doch noch Strecke gemacht: blaue Pisten für Xaver, die lange, auch mal sehr lange Kurven erlauben. Schwarze Pisten für Jakob und Simon, mit Vollgas nach Reischach. Oder über den Pistenrand hinaus und wieder zurück springen. Würde Simon für jede gefundene Schanze eine Tasse Kakao bekommen, könnte er sein Leben lang in heißer Schokolade baden. Übrigens: Kurz vor der Talstation stehen ein paar Rails und Plastikhindernisse zum Drüberschießen.

8. Letzter Hüpfer

15.50 Uhr: Noch einmal rauf, ein letztes Hüpfen, ein letztes Rennen. Abschied von Schanze und Starthaus. "Müssen wir zurück?" Wir müssen.

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