Sitze im Flugzeug:Zwischen den Klassen

Noch nicht Business, aber nicht mehr Economy: Auf der Langstrecke führen immer mehr Fluggesellschaften zusätzlich die Premium Economy ein.

Jens Flottau

Eigentlich ist es eine Idee, die aus der Not geboren wurde. Um Reisekosten zu sparen, haben viele Unternehmen in den Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahre ihren Mitarbeitern immer öfter untersagt, Business Class zu fliegen. Die Fluggesellschaften mussten feststellen, dass einst hohe Preise zahlende Fluggäste beim Boarding selbst auf Langstreckenflügen in den Maschinen nach ganz hinten durchmarschierten, während die Schlafsessel vorne frei blieben.

Ein Teil der Airlines hat inzwischen aus der Not eine Tugend gemacht und eine Zwischen-Klasse eingeführt, die Premium Economy. Sie richtet sich mittlerweile an zwei Zielgruppen: Geschäftsreisende, die trotz Business-Class-Verbotes ein bisschen mehr Platz und Komfort haben wollen. Und Urlauber, die bereit sind, vor allem auf Langstrecken mehr Geld für mehr Bequemlichkeit auszugeben, aber nicht gleich Tausende Euro für ein flaches Bett.

Ursprünglich haben sich die Airlines damit begnügt, die gleichen Sitze wie in der Economy zu verwenden, sie aber ein bisschen weiter auseinanderzustellen und das Essensangebot ein wenig auszuweiten. Auf diese Weise hofft etwa United Airlines, bei den Passagieren zu punkten.

Doch mittlerweile gibt es weit ausgefeiltere Konzepte, etwa bei Air New Zealand. Von April 2011 an führt Air New Zealand die neue Premium Economy an Bord ihrer Boeing-777-Langstreckenjets ein, die unter anderem die Strecke London - Los Angeles - Auckland bedienen. "Wir sind eine Premium-Airline im Urlaubersegment", sagt der operative Vorstand Ed Sims. Neuseeland ist ein beliebtes Urlaubsziel vor allem für Reisende mit überdurchschnittlichem Einkommen und Bildungsniveau.

Und: Neuseeland ist weit weg vom Rest der Welt.

Lufthansa zieht nicht mit

Ideale Bedingungen also für eine Premium Economy: Die beiden Sitze in der Mitte sind leicht nach außen gedreht, damit ein bisschen mehr Privatsphäre geboten ist. Die Armlehnen in der Mitte können ganz nach unten geschoben werden - man kann sich dann zumindest mit angewinkelten Beinen querlegen, wenn der mitreisende Partner einverstanden ist.

Wer die Armlehnen ganz nach oben schiebt, kann sie auch als Tisch verwenden, an dem man, sich gegenübersitzend, gemeinsam isst. Durch die Anordnung nach außen ist auch beim Fußraum Platz gewonnen.

Air New Zealand ist bei weitem nicht die einzige Fluggesellschaft, die in die Premium Economy investiert. Air France ist gerade dabei, sie auf der Langstreckenflotte einzuführen. Auf dem neuen Airbus A380 wird sie allerdings nur nachgerüstet. British Airways hat die World-Traveller-Plus-Kabine seit Jahren an Bord. Viele der Airlines haben sich dafür entschieden, die First Class ganz aufzugeben, dafür die Business Class deutlich aufzuwerten und eine Premium Economy einzuführen.

So haben dies neben Air New Zealand etwa auch SAS Scandinavian Airlines und KLM Royal Dutch gehandhabt. Air France und British Airways scheuen die Komplexität nicht und hat sogar vier Klassen inklusive First im Angebot.

In Deutschland bietet die Ferienfluggesellschaft Condor die Premium Economy nun auch auf Kurz- und Mittelstrecken an. Allerdings baut sie für die Kunden keine anderen Sitze ein, sie verkauft im vorderen Bereich der Kabine einfach nur die Gang- und Fensterplätze und lässt den Mittelsitz frei. Das hat den großen Vorteil, dass sie den Verkauf je nach Nachfrage flexibel steuern kann.

Dem Trend völlig verweigert hat sich bislang Lufthansa. Die größte deutsche Airline lebt vor allem von den Geschäftsreisenden, die Langstrecken fliegen. Mit ihnen macht sie einen Großteil der Gewinne. Bei Lufthansa fürchtet man, sich selbst das Geschäft kaputtzumachen, wenn man die bislang immer noch gut zahlenden Geschäftsreisenden mit einem guten Premium Economy-Angebot in der Kabine nach hinten rückt.

Zwar verlangen die Airlines in der Zwischenklasse oft das Doppelte des normalen Economy-Tarifes, doch von den Preisen der Business Class ist sie noch weit entfernt.

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