Service-Schlappe:Gepäckbänder unter Hypnose

Am Reiseziel angekommen und die Koffer sind nicht da. Peter Burghardt kennt diese Situation nur zu gut - er ist wieder mal mit Iberia geflogen.

Peter Burghardt

Früher gab es in Deutschland eine beliebte Fernsehshow, moderiert von einem Holländer. Dabei standen Kandidaten an einem laufenden Band und versuchten sich möglichst viele jener Gegenstände zu merken, die an ihnen vorbei fuhren.

Die bekamen sie dann geschenkt, besonders wichtig war dabei immer ein würfelförmiges Fragezeichen. Dahinter verbarg sich ein besonders schönes Geschenk, zum Beispiel eine tolle Reise, hoffentlich nicht mit der spanischen Linie Iberia. Als Vorbild dienten die Flughäfen dieser Welt, aber damals gab es noch nicht den wunderbaren Terminal 4 des Flughafens Barajas von Madrid. Dort kommt das Spiel nun zu einer ungeahnten Blüte.

Starren auf die Gummilamellen

Scharen von Urlaubern und Geschäftsreisenden drängen sich täglich vor den Gepäckbändern, die hauptsächlich der genannten Firma Iberia dienen. Vor allem ihr zuliebe wurde das Madrider Passagieraufkommen damit seit der Eröffnung im Februar praktisch über Nacht von 35 auf 70 Millionen Menschen erhöht.

Man brauchte ja dringend mehr Platz für die vielen Flüge auf die Inseln und nach Lateinamerika. Die Ankommenden aus Palma de Mallorca, Sevilla oder Rio de Janeiro stehen jetzt an den kreisenden Gummilamellen und schauen erwartungsvoll, doch in vielen Fällen passiert: nichts.

In den Köpfen bildet sich derweil ein immer größeres Fragezeichen. Wo nur sind unsere Gepäckstücke wohl heute wieder geblieben?

Stundenlange Aufenthalte in der Warteschleife

Laut Recherchen der Zeitung El Pais ist Iberia europäischer Marktführer im Verschlampen der Transportgüter, der Korrespondent glaubt das empirisch bestätigen zu können. In Buenos Aires etwa erreichten ihn seine Koffer gut drei Tage nach der Ankunft, was am Ende auch damit zu tun hatte, dass der Lieferant obendrein das Hotel nicht fand. Unterhalten wurden wir so lange von desinteressierten Mitarbeitern und stundenlangen Aufenthalten in der Warteschleife von Iberia.

Noch besser war es kürzlich auf dem Weg nach Ibiza. Das liegt ungefähr 50 Flugminuten von Madrid entfernt, wegen kurzfristiger Verlegungen sowie mehreren Verspätungen dauerte es bloß zehn Stunden länger. Taschen und Rollkoffer folgten weitere 48 Stunden später auf die Ferieninsel Formentera, man kaufte sich also eine ambulante Strandausrüstung und wartete. Und wartete. Auf dem Rückweg wiederum trafen unsere Besitzstände ungefähr 35 Stunden nach der Landung in Madrid ein, man erstand zwischenzeitlich also weitere Zahnbürsten. Kann man ja immer gebrauchen.

Ausgedehnte Märsche zu den Gates

Der besagte Terminal 4 hat das Problem noch erheblich verschärft, denn das Gebäude würde Schilda zur Ehre gereichen, dabei hat es nur 6,2 Milliarden Euro gekostet. Es sieht toll aus, zwei lange, wellenförmig geschwungene Hallen mit viel Holz und viel Licht, aber sie stehen leider verlassen neben den Rollfeldern. Es gibt nicht einmal einen Metroanschluss, und wer schlecht zu Fuß ist, der tut sich schwer, denn zu den Gates führen ausgedehnte Märsche. In Verbindung mit Iberia ist das sehr lustig.

Wer es trotzdem wagt, von oder nach T4 zu fliegen: Bitte alle lebenswichtigen Dinge wie Zahnbürsten dringend ins Handgepäck! Ansonsten viel Spaß am laufenden Band.

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