Schweinegrippe:Das sollten Passagiere wissen

Der Mexiko-Urlaub ist gerade beendet - oder die Geschäftsreise steht bevor: Die Schweinegrippe-Welle verunsichert Reisende auf den amerikanischen Kontinent. Die wichtigsten Fakten.

Was raten EU und das Auswärtige Amt?

Schweinegrippe: Das sollten Reisende wissen, dpa

Ein britischer Passagier ist aus Mexiko kommend in London gelandet. Großbritannien warnt inzwischen vor nicht notwendigen Reisen in die Region.

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Eine EU-einheitliche Reisewarnung gab es bisher nicht. Einzelne Länder wie etwa Russland, Polen, Italien oder Venezuela haben aber Reisewarnungen für Mexiko herausgegeben. Die EU-Kommission hat eine Reisewarnung vom Montag für Mexiko und die USA wieder zurückgezogen. "Ich sehe derzeit keinen Sinn darin, Reisen zu beschränken, auch wenn ich verstehe, dass die USA Reisebeschränkungen für Mexiko haben", sagte die EU-Kommissarin Androulla Vassiliou

Großbritannien, wo bisher zwei Fälle von Schweinegrippe bestätigt worden sind, empfiehlt, nur noch unbedingt notwendige Reisen nach Mexiko zu unternehmen. Auch das Auswärtige Amt rät einstweilen "dringend von allen nicht notwendigen Reisen nach Mexiko" ab und bietet aktuelle Informationen und Verhaltenstipps auf seiner Internetseite.

Reisenden wird empfohlen, die Medienberichterstattung aufmerksam zu verfolgen. Alltägliche Hygienemaßnahmen könnten dazu beitragen, sich vor einer Infektion zu schützen, wie zum Beispiel:

-regelmäßiges Händewaschen mit Wasser und Seife -engen Kontakt mit Kranken meiden -Menschenansammlungen meiden

Die Lufthansa nimmt auf allen Flügen von und nach Mexiko jeweils einen Arzt an Bord. Der Mediziner solle den Passagieren für Fragen zur Verfügung stehen und nach Symptomen der Schweinegrippe Ausschau halten, teilte das Unternehmen mit.

Für den Fall eines Grippe-Patienten hat die Lufthansa auch Mundschutz an Bord, der aber nur bei akutem Bedarf eingesetzt werde. Das Mitführen des Arzneimittels Tamiflu auf allen Langstrecken lehnte die Lufthansa ab, weil es sich um ein verschreibungspflichtiges Medikament handelt. Die Ärzte auf den Flügen nach Mexiko würden Tamiflu dagegen dabei haben.

Die zur Lufthansa gehörende Schweizer Fluglinie Swiss hatte berichtet, dass sie auf Langstreckenflügen ihre Flugzeuge mit Tamiflu ausstatte. Bei Anzeichen einer Grippeerkrankung habe die Besatzung die Anweisung, sich per Satellitentelefon mit Experten in der Schweiz in Kontakt zu setzen, sagte ein Swiss-Sprecher.

Erst danach dürfe das Medikament an einen erkrankten Passagier verabreicht werden. An Bord sei eine Übertragung des Virus eher unwahrscheinlich, da die Luft sehr trocken sei und mit Filteranlagen gereinigt werde.

Nach Expertenmeinung sind die Kontrollen jedoch nur bedingt wirksam. Infizierte und ansteckende Passagiere könnten auch erst Tage nach ihrer Ankunft Symptome entwickeln, sagte der Leiter der Flughafenklinik des größten deutschen Airports in Frankfurt, Walter Gaber.

Die Lufthansa bietet wegen der Schweinegrippe Reisenden nach Mexiko-Stadt eine kostenlose Umbuchung oder Stornierung an. "Kunden mit Flugdatum bis 6. Mai können kostenfrei stornieren oder umbuchen", sagte Lufthansa-Sprecher Thomas Jachnow.

Teil 2: Wie werden Reisende informiert?

Fluggesellschaften wie die Lufthansa informieren Reisende aus USA und Mexiko bei der Ankunft mit einem Faltblatt des Bundesgesundheitsministeriums über die Krankheit und ihre Symptome. Darin werden Passagiere aufgefordert, gegebenenfalls zum Arzt zu gehen.

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Deutsche Flughäfen, wie hier in Düsseldorf, informieren Passagiere mit Faltblättern und Aushängen.

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An Flughäfen wie zum Beispiel in Düsseldorf werden ankommende und abfliegende Passagiere auf ausgehängten Informationsblättern des Gesundheitsministeriums über Symptome und Verhaltensweisen aufgeklärt.

Die Experten beschreiben die Sicherheitsvorkehrungen am Frankfurter Flughafen momentan so: Landet ein Direktflug aus Mexiko oder ein Flieger, in dem es einen Verdachtsfall gibt, wird das Flugzeug an eine spezielle Parkposition geleitet. Die Passagiere werden per Durchsage informiert: "Sie kommen gerade aus einem Infektionsgebiet" und um Geduld und Mithilfe gebeten.

Die Experten befragen zuerst die Crew nach Auffälligkeiten, dann gehen sie durch die Reihen und schauen sich die Reisenden an. "Wir sind auf die Mithilfe der Menschen angewiesen", sagte Gaber. Denn nur selten kann man einem Erkrankten von außen ansehen, ob er Symptome hat. Finden die Ärzte nichts Auffälliges, wird der Flieger wieder freigegeben und die Menschen können nach ein- bis zweistündiger Verspätung aussteigen.

Findet sich an Bord ein Verdachtsfall, wird der Passagier direkt in die Isolierstation der Frankfurter Uni-Klinik gebracht. Die anderen Reisenden müssen Karten mit ihren persönlichen Daten ausfüllen.

Bestätigt sich nach einem Test - der etwas sechs Stunden dauert - der Schweinegrippe-Verdacht, werden die anderen Passagiere von den Behörden kontaktiert.

"Die Stimmung an Bord der Maschinen ist ganz unterschiedlich - die Bandbreite reicht von genervt, gereizt bis hin zu verängstigt", sagte Gaber, der bereits mehrere Flugzeuge selbst gecheckt hat.

Teil 3: Welche Maßnahmen haben deutsche Flughäfen getroffen?

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Alarmbereitschaft auf dem Frankfurter Flughafen.

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Bereits seit dem vergangenen Wochenende gibt es am Flughafen Frankfurt die Anweisung, dass Reisende aus Mexiko, bei denen Verdacht auf Schweine-Influenza bestehe, von Ärzten des Gesundheitsamtes und der Flughafenklinik noch im Flugzeug zu untersuchen und gegebenenfalls in die Universitätsklinik zur weiteren Diagnostik und Behandlung gebracht werden sollen. Dies teilte das hessische Gesundheitsministerium mit.

Etwa sieben Stunden nach dem Test liege dessen Ergebnis auch als Information für Mitpassagiere und Crew vor, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Sollte sich ein Test als positiv erweisen, erhielten die Mitpassagiere und die Crew umgehend Medikamente, die die Erkrankung verhinderten. Unabhängig davon bekämen alle Passagiere ein Merkblatt des Robert-Koch-Instituts mit Verhaltenshinweisen und Informationen zur Schweineinfluenza.

Die Krankheitssymptome bei der Schweinegrippe sind wie bei der saisonalen Influenza Fieber, Halsschmerzen, Atembeschwerden und plötzlich einsetzendes Krankheitsgefühl.

An asiatischen Flughäfen eingesetzte Thermal-Scanner, die die Körpertemperatur eines ankommenden Passagieres auf Fieber überprüfen, gibt es aber weder in Frankfurt am Main noch in München oder Düsseldorf. "Das wäre unverhältnismäßig und würde nur Panik schüren", sagte ein Sprecher des Flughafens Düsseldorf.

In Frankfurt landet und startet täglich eine Maschine der Lufthansa aus und nach Mexiko-Stadt. Vier weitere Maschinen einer anderen Fluggesellschaft kommen pro Woche hinzu. In München und Düsseldorf gibt es den Flughafensprechern zufolge jeweils einen Flug pro Woche.

Teil 4: Wie reagieren deutsche Reiseveranstalter?

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Thermal-Scanner wie an asiatischen Flughäfen gibt es auf deutschen Airports nicht.

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Führende deutsche Reiseveranstalter sagten wegen der Schweinegrippe in Mexiko Rundtouren durch das Land ab. Außerdem verlängerten mehrere Anbieter die Fristen für das kostenlose Umbuchen oder Stornieren von Aufenthalten in Mexiko zum Teil bis Ende Mai.

Das Auswärtige Amt rät weiter dringend "von nicht unbedingt erforderlichen Reisen nach Mexiko" ab.

Die neuen Regelungen einzelner Anbieter im Überblick:

TUI: Beim Branchenprimus können Mexiko-Reisende seit Mittwoch auf ein anderes Ziel umschwenken oder ihren Urlaub ganz absagen, wenn ihre Anreise bis zum 31. Mai erfolgen soll. Davor war der 4. Mai der Stichtag. Die Regelung gilt für die Marken TUI Deutschland, 1-2-Fly, Airtours, Berge & Meer, Gebeco und L'tur. Bislang halte die Mehrheit der Gäste aber an bestehenden Mexiko-Buchungen fest, teilte das Unternehmen in Hannover mit. Diejenigen, die nicht mehr fliegen wollen, entschieden sich stärker für Umbuchungen als für Stornos.

THOMAS COOK: Bei der Marken Neckermann, Thomas Cook Reisen und Bucher Last Minute sind jetzt Mexiko-Umbuchungen von Reisen mit Antrittsdatum bis zum 7. Mai möglich. Die Frist wurde damit um drei Tage verlängert, Stornos sind dagegen weiter nicht möglich. Nach der Schließung der mexikanischen Nationalparks hat der Konzern aus Oberursel (Hessen) außerdem alle seine Rundreisen durch das Land "bis auf weiteres" abgesagt.

DERTOUR, MEIER'S WELTREISEN, ITS, JAHN REISEN: Bei den vier Marken der Rewe-Touristik wird jetzt differenziert zwischen Badeaufenthalten auf der Halbinsel Yucatán einerseits sowie Rundreisen andererseits.

Yucatán-Urlauber können von Abflügen bis zum 7. Mai kostenlos zurücktreten oder sich umbuchen lassen. Die Rundreisen würden bis zum 15. Mai komplett abgesagt. Rundreisegäste mit Abflügen zwischen dem 16. und 31. Mai können gebührenfrei umbuchen oder stornieren, wie die Unternehmen in Frankfurt/Main und Köln am Mittwoch mitteilten. In Mexiko-Stadt werden vorläufig keine Aufenthalte mehr angeboten.

FTI: Auch der Anbieter aus München hat seine Mexiko-Rundreisen bis zum 15. Mai abgesagt. Badeurlaub in Yucatán ist jetzt bei Abflügen bis zum 10. Mai umbuchbar oder stornierbar. Das ist eine Verlängerung der Frist um sechs Tage. Bei Reisen, bei denen ein Aufenthalt in Mexiko-Stadt geplant war, können Gäste umbuchen oder zurücktreten, wenn ihre Anreise im Zeitraum bis zum 31. Mai gebucht ist.

ALLTOURS: Hier blieb die Umbuchungsfrist bis zum 10. Mai bestehen. Stornos ermöglicht der Anbieter aus Duisburg nicht.

Frankreich will sich wegen der Schweinegrippe bei den EU-Verkehrsministern für eine Einstellung der Flüge nach Mexiko einsetzen.

Der Verband der französischen Reiseanbieter CETO storniert wegen der Schweinegrippe seine Mexiko-Angebote. Verbandspräsident René-Marc Chikli rief alle Mitglieder auf, ihren Kunden eine kostenlose Verschiebung der Mexiko-Urlaube oder Ersatzziele anzubieten. "Eine außergewöhnliche Situation erfordert außergewöhnliche Maßnahmen", sagte er. Um ihren Urlaub nachzuholen, solle den Kunden Zeit bis Ende Oktober gegeben werden. "Für alle Touristen, die bereits in Mexiko sind, ermöglichen die Reiseveranstalter eine schnellstmögliche Rückkehr", heißt es in einer Erklärung der CETO.

Derzeit laufen mehrere Kreuzfahrtanbieter aus den USA keine mexikanischen Häfen mehr an. Die Reedereien Royal Caribbean International (RCI), Carnival und NCL haben nach eigenen Angaben Schiffe umgeleitet, die Städte wie Cozumel, Progreso und Cabo San Lucas besuchen sollten. Sie steuern stattdessen jetzt Ziele wie Key West in Florida, die Bahamas, die Cayman-Inseln oder im Pazifik die US-Westküste an. Einige verbringen auch zusätzliche Tage auf See.

Bei RCI sind unter anderem die Freedom of the Seas und die Liberty of the Seas betroffen, zwei der größten Kreuzfahrtschiffe weltweit mit Platz für jeweils bis zu 4375 Urlauber. Für die meisten europäischen Reedereien ist die Karibiksaison mit Mexiko-Aufenthalten dagegen schon beendet.

Aida Cruises in Rostock zum Beispiel hatte nach Angaben von Firmensprecher Hansjörg Kunze im Winter zwei Schiffe in der Karibik, die aber bereits nach Europa zurückgekehrt sind.

Teil 5: Kann man Mexiko-Reisen kostenlos stornieren?

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TUI und Thomas Cook bieten Umbuchungen und Stornierungen an.

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Mexiko-Reisende haben wegen der Schweinegrippe bislang kein generelles Recht auf Stornierung oder Umbuchung. Da es keine Reisewarnung der Auswärtigen Amtes gebe, sei es nicht grundsätzlich möglich, Reisen nach Mexiko kostenlos zu stornieren oder umzubuchen, sagte der Sprecher des Deutschen Reiseverbands (DRV), Torsten Schäfer.

Ein sogenannter Fall höherer Gewalt, in dem Kunden kostenlos den Reisevertrag kündigen könnten, liege nur für Mexiko-Stadt vor, erklärte Reiserechtsexperte Kay P. Rodegra. "Für die Halbinsel Yucatan sehe ich diese Möglichkeit derzeit aber nicht, falls der Flug nicht über Mexiko-Stadt geht, auch nicht für andere betroffene Länder wie die USA", sagte Rodegra. Die meisten Touristen aus Deutschland zieht es auf die Halbinsel Yucatan zum Badeurlaub, und nicht in die Millionenstadt.

Nur dort seien die Kriterien für "höhere Gewalt" derzeit aber erfüllt, erklärte Rodegra: "Leib und Leben sind wegen der Ansteckungsgefahr gefährdet und die Durchführung der Reise ist erheblich erschwert, weil das öffentliche Leben lahmliegt." Auch wer schon in Mexiko-Stadt sei, könne unter Berufung auf höhere Gewalt kündigen. Der Veranstalter muss dem Fachmann zufolge den Kunden dann zurücktransportieren, mögliche Mehrkosten teilen sich Anbieter und Reisender.

Wann genau ein Fall höherer Gewalt vorliegt, sei allerdings weder von den Gerichten noch vom Gesetzgeber genau definiert, sagte Rodegra. Allgemein müsse aber die Reise wegen Umständen, die bei der Buchung noch nicht bekannt waren, erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt sein. "Wer jetzt noch nach Mexiko-Stadt bucht, kann sich also nicht mehr darauf berufen", warnte der Anwalt.

Geschäftsreisende oder Individualtouristen, die nur den Flug gebucht haben, müssen auf die Kulanz der Airline hoffen. "Wer vom Vertrag zurücktritt und nicht fliegt, muss Stornokosten zahlen, denn der Flugverkehr funktioniert ja noch", erklärte Rodegra.

Teil 6: Müssen sich auch USA-Reisende Sorgen machen?

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Von der bei deutschen Touristen beliebten Halbinsel Yucatan sind bisher keine Krankheitsfälle gemeldet worden.

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Die Schweinegrippe in Mexiko verunsichert momentan auch viele Menschen mit Reiseplänen in Richtung USA. Dennoch müssen USA-Urlauber und Geschäftsreisende ihr Verhalten im Land derzeit nicht ändern. Das sagte Tomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin (CRM) in Düsseldorf. Es gebe in den USA bisher nur "ganz, ganz wenige Fälle in einem riesigen Land. Da jetzt Verhaltensregeln aufzustellen, wäre total übertrieben."

Ratschläge wie einen Mundschutz zu tragen und Grippemedikamente wie Tamiflu oder Relenza vorsorglich mitzunehmen, seien für Mexiko derzeit sinnvoll, erklärte Jelinek. Für die USA gelte das aber nicht.

Allerdings sollten Reisende wachsam sein und sich über den weiteren Verlauf der Schweinegrippe auch in den Vereinigten Staaten auf dem Laufenden halten.

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