Schöne-Aussicht-Hütte in Südtirol:Pool mit Panorama

Schöne-Aussicht-Hütte Tirol Österreich

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(Foto: StefanSchuetz.com 49-1712831475; Schöne-Aussicht-Hütte)

Vom alpinen Notunterstand hat sich die Schöne-Aussicht-Hütte in Südtirol zur Wellnessunterkunft gewandelt. Nach der Skitour geht es ins Schwitz-Fass.

Von Titus Arnu

Dieser Beitrag ist erschienen am 23. Januar 2014. Wir haben die Übernachtungspreise und Kontaktdaten aktualisiert. Darüber hinaus ist der Text unverändert.

Der Gletscher unterhalb der Saldurspitze sieht aus, als würde er von innen heraus glühen. Das Abendrot färbt die hohen Dreitausender des südlichen Ötztals rosa. Hatte der Zwergenkönig Laurin seine Händchen im Spiel? Einer Südtiroler Legende zufolge erfand Laurin mit Hilfe eines Rosengartens einst das Alpenglühen. Nüchtern betrachtet, könnte man das Phänomen so erklären: Hinter der mächtigen, 3739 Meter hohen Weißkugel geht die Sonne unter, und das produziert auch ohne Hilfe von Zauber-Zwergen ein himmlisches Rosa.

Aber wer kann schon nüchtern bleiben, wenn er mit einem Hugo in der Hand im Jacuzzi sitzt? Das blubbernde Wasser ist 40 Grad warm, das Panorama rosengartenverdächtig, die Luft eisig - wer da kalt bleibt, muss Ötzi heißen und seit mehreren tausend Jahren tiefgefroren sein. Der berühmte Gletschermann wurde übrigens wenige Kilometer von der Schöne-Aussicht-Hütte entfernt gefunden, eine Steinpyramide am Tisenjoch erinnert an die Eis-Mumie. Hätte es dort damals schon einen Whirlpool gegeben - möglicherweise hätte der Steinzeitmann überlebt.

Saunahütten aus Lappland

Teufelsegg, Hintereisjoch, Graue Wand - viele Ortsbezeichnungen und Gipfelnamen in der Gegend rund um die Hütte klingen nicht gerade vertrauenserweckend. Tatsächlich ist es außerhalb der heißen Wanne empfindlich kalt, sobald die Sonne weg ist. Die Gefahr, in diesem magischen Moment kurz nach Sonnenuntergang auf dem Gletscher festzufrieren, wäre relativ hoch, hätte Paul Grüner, der Wirt der Schöne-Aussicht-Hütte, nicht für angenehm aufgeheizte Stimmung gesorgt. Ein paar Schritte von der Wanne aus durch den Schnee, und man steht in einer fassförmigen Holzhütte mit 90 Grad - laut Hüttenbetreiber Grüner das "höchstgelegene frei stehende Saunahaus der Alpen". Das Schwitz-Fass hat er eigens aus Lappland einfliegen lassen. Nun können die Gäste auf höchstem Niveau saunieren - schließlich liegt die Hütte auf 2845 Meter Höhe am Rande des Hochjochferners.

Mit dem sagenhaften Laurin hat Paul Grüner gemeinsam, dass er oft sagenhafte Ideen hat. Ansonsten wirkt der Wirt wie das absolute Gegenteil eines jähzornigen Zwergenkönigs. Grüner ist 1,96 Meter groß. Wenn er mit Skischuhen und Helm von der Piste kommt und über die Türschwelle der Hütte tritt, muss er den Kopf einziehen, damit er nicht an die zwei Meter hohe Holzdecke stößt. In der Gaststube wird er von Einheimischen und Skitouristen begrüßt, jeder scheint ihn hier zu kennen. 1999 übernahm der Hotelier der Goldenen Rose aus Kartaus im Schnalstal die "Schöne Aussicht", seitdem schaut er fast jeden Tag wenigstens einmal kurz auf seiner Hütte vorbei, im Winter gerne mit Ski.

An Schönwettertagen ist es mittags schwer, auf der Südterrasse einen Sitzplatz zu finden. Die Hütte, die auf Italienisch "Bellavista" heißt, ist berühmt für feine regionale Gerichte: hausgemachte Knödel, einheimisches Lamm und "Schnalser Schneemilch", ein Dessert aus Brotkrümeln, Rosinen, Zucker, Zimt und Sahne. Gastronomischer Luxus war schon immer das Markenzeichen der Schutzhütte auf dem Gletscherplateau zwischen Ötz- und Schnalstal. Auf einer Speisekarte von 1934 lässt sich nachlesen, dass damals zur Pasta Asciutta schon erlesene Rotweine serviert wurden. Bereits in der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg gab es ein kleines Skigebiet.

"Heute geht es um Ruhe und Genuss"

Schöne-Aussicht-Hütte Tirol Österreich

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(Foto: Photographer: Stefan Schuetz; Schöne-Aussicht-Hütte)

Die Hütte ist aber noch viel älter, bereits 1869 wurde am Hochjochferner ein Unterstand errichtet, damit Wanderer den Weg vom Ötztal ins Schnalstal auch bei widrigen Wetterverhältnissen bewältigen können. 1890 entstand die erste bewirtschaftete Hütte, die seitdem betrieben und regelmäßig erweitert wurde. Nur während der beiden Weltkriege war das Gebäude geschlossen. Heute führt der stark frequentierte europäische Fernwanderweg E5, der Oberstdorf mit Bozen verbindet, direkt an der Hütte vorbei. Sie ist außerdem ein wichtiger Etappenstützpunkt der Venter Skirunde, die vom hinteren Ötztal aus in fünf Tagen zu den höchsten Gipfeln der Ötztaler Alpen führt.

Der Übergang zwischen Süd- und Nordtirol wird aber schon seit Jahrtausenden von Viehhirten und Jägern frequentiert, wie der Ötzi-Fund belegt. Bis heute treiben jeden Sommer Südtiroler Bauern ihre Schafe über den Alpenhauptkamm ins hintere Ötztal, vorbei am Hochjochferner.

Seit dem Bau der Skilifte auf dem Gletscher vor 40 Jahren ist die Bellavista-Hütte relativ leicht zu erreichen: mit der Seilbahn bis zur Gipfelstation Grawand, von dort die Piste "Gletschersee" hinunter, dann mit dem Hintereislift nach oben. Die Hütte befindet sich neben der Hintereis-Abfahrt. Für Übernachtungsgäste wird das Gepäck mit einer Materialseilbahn zur Hütte befördert. "Natürlich hat eine Schutzhütte in den Alpen heutzutage nicht mehr die gleiche Funktion wie früher", sagt Paul Grüner, "früher ging es vorrangig um Schutz bei schlechtem Wetter und Dunkelheit, heute geht es eher um Ruhe und Genuss."

Panoramadusche mit Fenster

Im Vergleich zu anderen Alpenhütten ist die privat geführte Schöne Aussicht mit ihren 50 Betten und 15 Lagerplätzen ziemlich nobel, vor allem seit der Renovierung 2006. Selbst beim Zähneputzen macht die Hütte ihrem Namen alle Ehre, es gibt sogar eine Panoramadusche mit Fenster. Die Hüttenregeln erscheinen weniger streng als auf mancher Alpenvereinshütte. Hüttenruhe ist erst um 24 Uhr, und auf einem nicht komplett ernst gemeinten Schild steht: "Kein Sex im Pool (vor 21 Uhr)." Man kann notfalls ja eines der holzgetäfelten Zwei- oder Dreibettzimmer mieten oder das ehemalige Zollhaus an der Grenze Italien-Österreich. Die abgeschiedene Unterkunft für zwei Personen liegt 300 Meter von der Hütte entfernt.

Bunt gemischt präsentiert sich das Publikum, auf der Terrasse sitzen italienische Skitouristinnen im Stubenfliegen-Stil (schwarze Prada-Skianzüge und riesige Sonnenbrillen) neben ausgemergelten Skitour-Puristen in hautengen Rennanzügen. Die Gegend um die Hütte eignet sich sowohl für Familien, die auf den mittelschweren Pisten des Gletscherskigebietes unterwegs sind, als auch für ambitionierte Alpinisten, die von hier aus anspruchsvolle Touren unternehmen können, etwa auf die Weißkugel, die Fineilspitze oder die Langtauferer Spitze.

Der Aufstieg von der Hütte auf die 3739 Meter hohe Weißkugel dauert drei bis fünf Stunden, je nachdem, ob man die ehrliche oder bequeme Variante wählt - bei der ehrlichen geht es entlang der Piste hinauf zum Hintereisjoch, die bequeme beginnt mit einer Liftfahrt.

Karte Österreich Ötztaler Alpen

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(Foto: SZ Grafik)

Nach einem Tag in der Eis- und Schneewelt der Ötztaler Alpen ist man jedenfalls heilfroh, sich in der heißen Freiluft-Badewanne erholen zu können. Wer will, kann seine Haut danach mit einer Gletscher-Creme einreiben, die Hüttenwirt Paul Grüner selbst erfunden hat. Die Kosmetiklinie basiert auf Mineralien vom Hochjochferner und Gletscherquellwasser. Der Ötzi kann auch beim passenden Wellness-Werbe-Slogan als Vorbild gelten: "Anti-Aging mit der Kraft der Gletscher."

Informationen

Unterkunft: Schutzhütte Schöne Aussicht, Kurzras (gebührenfreier Parkplatz), Schnalstal/Italien, Übernachtung mit HP ab 51 Euro im Lager, DZ mit HP ab 61 Euro pro Person. Tel.: 0039/0473/679130, www.schoeneaussicht.it/de Gletscherskigebiet Schnals: 35 km Pisten, www.schnalstal.com

Skitour auf die Weißkugel: Anstieg zum Sattel zwischen Am Hinteren Eis (3270m) und Egg (3219m) mit kurzer Abfahrt auf den Hintereisferner - oder mit dem Teufelsegglift auf das Egg. Aufstieg über den Hintereisferner ins Hintereisjoch (3480m) und über den Südgrat auf die Weißkugel (3739m).

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