Schlichtungsstelle für unzufriedene Fluggäste:Endlich angekommen

War der Flug überbucht, annulliert oder verspätet, mussten sich Passagiere bisher mit der Airline direkt über ihre Ansprüche auseinandersetzen und zogen dabei oft den Kürzeren. Nun soll eine neue Schlichtungsstelle helfen.

Daniela Kuhr

Flugreisende, die Ärger mit ihrer Fluggesellschaft hatten, sollen sich künftig leichter beschweren können. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben die deutschen Flugfirmen ihren jahrelangen Widerstand aufgegeben und sind bereit, gemeinsam eine private Schlichtungsstelle einzurichten. Im Bundesjustizministerium bestätigt man, dass der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BdL) jetzt eine Vereinbarung unterzeichnet habe. "Passagiere und Fluggesellschaften werden gemeinsam davon profitieren", sagt Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): "Langwierige Gerichtsverfahren werden vermieden, die Kundenbindung bleibt erhalten."

Die Schlichtungsstelle soll eingreifen, wenn sich Fluggäste erfolglos beschwert haben, weil ein Flug überbucht war, annulliert wurde oder verspätet ankam. Auch wenn das Gepäck beim Transport beschädigt wurde oder wenn mobilitätseingeschränkte Personen Schwierigkeiten hatten, soll die neue Stelle schlichten. Die Kosten tragen die Fluggesellschaften. Offen ist allerdings, ob sie eine eigene Stelle einrichten oder sich der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SöP) anschließen. Sie war im Rahmen der neuen Fahrgastrechte initiiert worden, die im Sommer 2009 für Bahnreisende in Kraft traten.

Erfolgreiche Verbraucherschützer

Verbraucherschützer hatten bereits damals gefordert, dass sich die Fluggesellschaften der SöP anschließen. Doch die weigerten sich. Ihre Begründung: Anders als im Bahnsektor gebe es im Flugverkehr einen scharfen Wettbewerb, sodass die Unternehmen von sich aus viel stärker interessiert seien, ihre Kunden zufrieden zu stellen. Wer tatsächlich verärgert sei, könne sich an das Luftfahrtbundesamt in Braunschweig wenden.

Verbraucherschützer ließen das nicht gelten. Kaum jemand kenne diese Beschwerdemöglichkeit. Eine Umfrage der Verbraucherzentralen 2010 habe vielmehr gezeigt, dass es auch im Flugverkehr erhebliche Probleme gibt: Fluggäste können ihre Rechte aus der EU-Verordnung von 2004 häufig nicht durchsetzen. Und viele Fluggesellschaften kommen der Pflicht nicht nach, Reisende von sich aus aktiv auf ihre Rechte hinzuweisen.

Freiwilligkeit ist Trumpf

Die neue Einigung soll im Luftverkehrsgesetz geregelt werden. Dabei wird zunächst auf Freiwilligkeit gesetzt. Gesetzlich ist es ohnehin unmöglich, private Firmen zur Akzeptanz eines Schlichterspruchs zu zwingen; lediglich zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren können sie verpflichtet werden. Im Justizministerium geht man deshalb davon aus, dass die erzielte Einigung mit den Airlines den Verbrauchern mehr bringt als ein verpflichtendes Schlichtungsverfahren. Denn mit ihrer Unterschrift unter die Vereinbarung signalisierten die im BdL organisierten Firmen, darunter Lufthansa, Air Berlin, Condor, ihre Bereitschaft, Schlichtersprüche auch zu akzeptieren. Die Erfahrung aus anderen Bereichen zeigte, dass eine Schlichtung zum Erfolg werde, "wenn beide Seiten das Verfahren und seine Ergebnisse akzeptieren", sagt Leutheusser.

Sollten die Airlines sich nicht der SöP anschließen, sondern eine eigene Schlichtungsstelle einrichten, muss diese von den Bundesministerien für Justiz und Verkehr anerkannt werden. Das kann laut Vereinbarung nur geschehen, "wenn sie ausreichende Gewähr für eine unabhängige und die Interessen aller Beteiligten angemessen ausgleichende Schlichtung bietet". Leutheusser-Schnarrenberger will darauf hinwirken, dass sich ausländische Flugfirmen beteiligen. Sollten nicht alle mitmachen, werde es zur verbindlichen Regelung kommen. "Das Gesetz wird eine Schlichtung auch bei den Unternehmen vorsehen, die sich nicht freiwillig beteiligen."

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