Schlichtungsstelle für Fluggäste:Bitte beschweren Sie sich später!

Die Bundesregierung hat sich mit Fluggesellschaften auf eine Schlichtungsstelle geeinigt, die bei verspäteten oder ausgefallenen Flügen zwischen Passagieren und Airlines vermitteln soll. Was gut klingt, hat allerdings einige Haken.

Warum zahlt die Fluggesellschaft nicht, obwohl der Passagier stundenlang auf den Abflug warten musste - oder gar ganz am Boden blieb? Bei Ärger mit Fluggesellschaften sollen sich Fluggäste künftig an eine Schlichtungsstelle wenden können. Darauf hat sich nach jahrelangen Diskussionen die Bundesregierung mit der Luftverkehrbranche verständigt. Doch wann die Schlichter ihre Arbeit aufnehmen, ist weiterhin unklar. Zudem ist die Teilnahme für die Airlines freiwillig.

Mit der neuen Regelung sollen Passagiere Ansprüche geltend machen können, wenn sie bis dahin bei der Fluggesellschaft direkt keinen Erfolg hatten. Beim Luftfahrtbundesamt gibt es nach den jüngsten Zahlen pro Jahr fast 5000 offizielle Beschwerden. In den meisten Fällen ging es um ausgefallene oder enorm verspätete Flüge.

Grundsätzlich sollen die Unternehmen die Kosten des Verfahrens tragen. Bagatellschäden von weniger als zehn Euro bleiben außen vor. Die Teilnahme der Fluggesellschaften an der Schlichtungsstelle soll freiwillig sein. Die im Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) organisierten Fluggesellschaften - dazu gehören auch die Lufthansa und Air Berlin - sagten ihre Teilnahme bereits zu.

Die Schlichtung klärt auch Schadenersatz wegen verschwundenem oder beschädigten Gepäck, gestrichenen und verspäteten Flügen. Auch wer am Boden bleibt, weil ein Flugzeug beispielsweise überbucht ist, soll Hilfe bekommen.

Für Kunden von anderen Airlines, die nicht freiwillig mitmachen wollen, soll es eine gesetzliche Auffanglösung geben. Die Grünen kritisieren, dass Verbraucherverbände nicht beteiligt wurden, "auch nicht das Verbraucherministerium - stattdessen wurde das Verkehrministerium einbezogen", erklärte der Grünen-Sprecher für Tourismuspolitik, Markus Tressel, in einer Pressemitteilung: "Wir haben von Anfang an betont, dass wir im Interesse der Reisenden keine Extrawurst für Airlines wollen, sondern eine Schlichtungsstelle für alle Verkehrsträger - nämlich Bus, Bahn, Schiff und Flug. So steht es auch im Koalitionsvertrag von Union und FDP." Diese Lösung wäre insbesondere für Reisende von Vorteil gewesen, die umstiegen und dabei Probleme erlebten. "Und genau so eine Stelle gibt es bereits mit der Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr (SÖP)." Nur eben nicht für die Flugpassagiere.

Auch Verbraucherschützer fordern seit langem, dass sich die Fluggesellschaften an der bestehenden Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr beteiligen, die unter anderem auch für die Bahn zuständig ist.

Beim Luftfahrtbundesamt gab es im vorvergangenen Jahr allein 2500 Beschwerden wegen annullierter Flüge und 2000 wegen Verspätungen. In jüngster Zeit nahm die Zahl der Beschwerden drastisch zu. Zulässig sein soll eine Schlichtung für Ansprüche, die in die Zuständigkeit deutscher Zivilgerichte fallen würden, aber noch nicht gerichtlich erledigt wurden.

Das Justizministerium verwies aber darauf, dass Airlines und Passagiere nicht gezwungen werden könnten, einen Schlichterspruch zu akzeptieren. BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow sagte: "In der Schlichtungsstelle werden Fachleute sitzen, die einen neutralen Hintergrund haben."

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