Schiffs-Ranking:Feinstaub-Alarm auf der Kreuzfahrt

Ab in die Kiste: Übernachten im Container-Hotel in Warnemünde

Frische Seeluft? Nicht wenn man der Abgaswolke der Kreuzfahrtriesen zu nahe kommt.

(Foto: dpa-tmn)
  • Der Naturschutzbund Deutschland kritisiert, dass noch immer kein einziges Kreuzfahrtschiff in Europa aus Umweltsicht rundum empfehlenswert sei.
  • Vor allem prangert der Nabu an, dass alle Reedereien weiterhin mit Schweröl fahren und keine Rußpartikelfilter gegen Feinstaub einsetzen - ein Problem für Passagiere und Hafenanwohner.
  • Besserung ist erst 2018 in Sicht, wenn mit Flüssiggas angetriebene Schiffe in See stechen.

Überdachte Pools, Eislaufflächen, Rutschen - bei den schwimmenden Hotelstädten scheint an alles gedacht. Nur nicht an den Schutz der Umwelt und der Menschen an Bord sowie der Bewohner in den Hafenstädten. Dies kritisiert der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), der nun zum siebten Mal sein Kreuzfahrt-Ranking für Europa veröffentlichte: "Wieder ist kein einziges Kreuzfahrtschiff aus Umweltsicht empfehlenswert."

Unter den 63 bewerteten Schiffen teilten sich nun Tui und Hapag-Lloyd den ersten Platz, da diese Reedereien bei Mein Schiff (3 bis 6) sowie auf der Europa 2 immerhin einen Katalysator für Stickoxide verwenden. Zudem verzichtet Hapag-Lloyd bei Fahrten in die Arktis auf Schweröl.

Schwer enttäuscht ist der Nabu von den Anbietern Aida und Costa Cruises: "Es ist eine Unverfrorenheit, mit der beispielsweise Aida Cruises Investitionen in Abgassysteme ankündigt, ohne diese dann umzusetzen", bemängelt Nabu-Geschäftsführer Leif Miller. Auch nach über einem Jahr sei der beworbene Abgasfilter der Aida Prima noch nicht im Einsatz. Dem widersprach allerdings Aida Cruises: Sechs Schiffe der Flotte - darunter Perla und Prima - verfügten über Systeme zur Abgasnachbehandlung. Wo es die Genehmigung zum Betrieb der Systeme gebe, würden diese auch genutzt.

Schlusslichter im Nabu-Ranking sind die größten Anbieter Costa, MSC und Royal Caribbean, "die keinerlei relevante Aktivitäten zum Schutz von Umwelt und Gesundheit erkennen lassen", so der Nabu.

Daher blieben die Hauptprobleme bei allen Reedereien, dass sie weiterhin auf giftiges, aber billiges Schweröl als Kraftstoff setzten, und zugleich nicht mit Rußfiltern den Feinstaub verringerten.

Journalisten unter anderem der ARD hatten im Frühjahr die Ergebnisse ihrer heimlichen Messungen in den Abgasfahnen der Schiffe veröffentlicht - hier waren Passagiere und Personal mehr als der doppelten Feinstaubmenge wie an einer viel befahrenen Straßenkreuzung ausgesetzt. Ein Problem auch für Anwohner der Hafenstädte.

Besserung ab 2018 - aber nur bei neuen Schiffen

Der Kreuzfahrt-Branchenverband CLIA weist aber darauf hin, dass 30 Prozent der Kreuzfahrtschiffe zumindest im Hamburger Hafen auf umweltfreundlichen Landstrom setzten. So können beinahe alle Motoren während der Liegezeit ausgestellt werden - dies sollte laut CLIA ein Vorbild für andere Häfen in Europa sein, die ihre Infrastruktur dahingehend verbessern müssten. Die Nutzung von Landstrom bringt Aida auch im Nabu-Ranking auf obere Plätze, trotz der nicht einsatzbereiten Rußpartikelfilter.

Zudem betont der Kreuzfahrtverband, dass ihre Reedereien nicht nur Techniken wie Luftblasenteppiche unter dem Rumpf nutzten, um Treibstoff zu sparen: Zudem hätten 15 Anbieter neue Schiffe bestellt, die ausschließlich mit dem Flüssiggas LNG fahren können. Im Dezember 2018 soll mit der Aida Nova das erste in See stechen, was auch der Naturschutzbund begrüßt: Der Schadstoffausstoß wäre wesentlich geringer als bei Schweröl oder Marinediesel, auch das Risiko einer Ölpest bestünde nicht mehr.

Nur sind weiterhin die alten Schiffe mit den konventionellen Antrieben auf See. Und da stehlen sich nach Meinung des Nabu die Reedereien aus der Verantwortung, "denn kein einziger Rußpartikelfilter ist in Betrieb".

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