Rom:Globalisierter Ramsch

Kitsch und gefälschte Markenwaren allerorten: Was einst als praktisches Andenkengeschäft begann, ist heute für Besucher der Ewigen Stadt zu einem Stressfaktor geworden.

Es gibt nichts, was es nicht gibt am Trevi-Brunnen: Sie suchen nach Knetmasse mit Haarbüscheln und Augen für die Kinder? Pistolen, die Seifenblasen in die Luft schießen? Gefälschten Rolex- Uhren, Gucci-Taschen und Dior-Sonnenbrillen? Kein Problem! Jeden Tag frühmorgens öffnet der Suk an der weltberühmten Fontana seine unsichtbaren Pforten, Dutzende Marokkaner, Bengalen und Chinesen strömen herbei, bauen sich aus Pappkartons einen kleinen Tisch und preisen lautstark ihre Waren an. "Prego, prego!", rufen sie den Touristen zu, "Volete?" (Möchten sie?).

"Als ich Anfang der 90er Jahre zum ersten Mal nach Rom kam, da konnte man am Kolosseum Mini-Kolosseen, Mini-Säulen und Mini-Statuen kaufen und am Petersdom Mini-Basiliken für das heimische Regal, sonst nichts", sagt eine Deutsche. Heute werden westafrikanische Masken, chinesische Perlen-Portemonnaies und nachgemachte Designer-Gürtel feilgeboten - und das an allen Ecken und Enden. "Aber was hat das mit Rom zu tun? Und wer will schon afrikanische Stoffe kaufen, wenn er vor der Engelsburg steht?", meint die Bonnerin etwas genervt.

Jetzt haben die Ladenbesitzer rund um den legendären Trevi-Brunnen - in dem sich einst Anita Ekberg und Marcello Mastroianni küssten - mobil gemacht und sich bei der Stadtverwaltung beschwert. Ein Treffen ist geplant, um über Lösungen zu beraten. Denn häufig kommt es vor, dass gefälschte Taschen etwa von Armani und Fendi ohne Skrupel und Gewissensbisse gleich vor den Original-Boutiquen verkauft werden.

Sowas macht ehrlichen Händlern das Geschäft kaputt. "Außerdem wird der Besuch eines der schönsten Monumente Roms so für viele Touristen zum Stressfaktor", meinte die Zeitung "La Repubblica" zuletzt.

Die Polizei steht meist untätig daneben. Oft werden nur die Touristen bestraft, die gefälschte Ware kaufen - nicht aber die fliegenden Händler. Eine 60-jährige Dänin wurde im vergangenen Jahr zur Höchststrafe von 10 000 Euro verdonnert, weil sie am Straßenstand eine nachgemachte Designer-Sonnenbrille erstanden hatte. Den Kampf gegen die Markenpiraterie führen Ermittler im ganzen Land schon seit längerem mit harten Bandagen.

Verärgerte Anwohner

Aber bei den unzähligen bunten Kitsch- und Ramsch-Artikeln scheinen die Beamten immer wieder beide Augen zuzudrücken. "Wir haben keine Kapazitäten, wegen der Ferien. Meine Männer sind im Urlaub", erklärte Polizeipräsident Antonio Giuliani auf Anfrage.

Nicht besser als am Trevi-Brunnen ist die Situation auf den niedlichen Piazzas im Stadtteil Trastevere, auf den Tiber-Brücken oder rund um den frisch renovierten Barcaccia-Brunnen vor der Spanischen Treppe. Es sieht aus wie auf einem Bazar, das Flair der antiken Mauern, barocken Brunnen und pittoresken Sträßchen versinkt unter Bergen von Souvenirartikeln.

"Die Plätze gleichen einer Villa Kunterbunt"", ärgern sich die Anwohner. Und eine Touristin stimmt ein: "Das ist hier mittlerweile genau so wie in Gizeh bei Kairo, wo man zwischen Kameltreibern und fliegenden Händlern um die Pyramiden läuft."

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