Reiseziele:Schöner als gedacht

Niemals nach Neapel, bloß nicht nach Brighton? Südafrika zu gefährlich, die Algarve zu touristisch? Unsere Autoren reisten mit Warnungen und Vorurteilen an. Und wurden überrascht.

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Reiseziele:Lago di Ledro, Italien

Lago di Ledro

Quelle: Silke Keul

Niemals nach Neapel, bloß nicht nach Brighton? Südafrika zu gefährlich, die Algarve zu touristisch? Unsere Autoren reisten mit Warnungen und Vorurteilen an. Und wurden überrascht.

"Wir treffen uns in Riva und schauen dann mal, wo wir campen können", so ähnlich war die Vereinbarung mit einem befreundeten Paar. Mit dem Zelt zum Mountainbiken an den Gardasee, Sonne, Berge, Wasser - was will der Sportler mehr? Aber: Wehe dem, der vorher keinen Zeltplatz bucht. In der Hochsaison ist das Ufer des Gardasees voll. Eine zermürbende Feststellung nach längerer Anfahrt durch die Hitze. Auf der Karte entdeckten wir einen blauen Fleck westlich des Gardasees: den Lago di Ledro.

Wir beschlossen, dort wild zu campen und hofften: "Bitte, lieber Gott, lass es kein Tümpel sein und lass die Carabinieri und die wilden Tiere schon schlafen." Die Straße hoch auf den Berg zum Lago di Ledro führt durch Tunnel und ist schmal und steil. Was sollte da kommen? Wir wurden wirklich überrascht: Wir fanden gleich mehrere nette Campingplätze zu soliden Preisen, es war herrlich ruhig und perfekt zum Mountainbiken. Morgens konnten wir am See frühstücken, hörten die Natur und nicht lautes Touristentreiben. Der kleine Bruder des Gardasees ist wirklich schön, besonders für Sportler.

Silke Keul

Welches Reiseziel hat Sie positiv überrascht - und warum?

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Reiseziele:Asturien, Spanien

Asturien, Spanien

Quelle: Stefan Plöchinger

Diese Gegend Südeuropas ist nicht sonnenstaubig im Sommer, nicht das Pauschalreiseziel deutscher Pickelhorden oder Pensionäre, nicht Lloretballermannplayafinca. Sie ist nicht das, was ein Tourist sonst mit Spanien verbindet. Sie ist grün wie Irland, hat Berge wie die Schweiz und Strände wie die Karibik.

Ein Wunder, dass Asturien für die meisten Urlauber ein Niemandsland ist, denn so bleibt mehr Platz für jene, die die Nordküste des Landes schon entdeckt haben. Dank Wolkenstau am enormen Picos-de-Europa-Gebirge ist sie kühler und grüner als am Mittelmeer, dank Atlantik hat sie schönere Wellen. Wer die Zweitausender im Hinterland tagsüber erkundet, wird sich kurz wie in den Alpen fühlen - um dann abends in azurblauen Buchten noch Bodysurfing zu versuchen und, zum Beispiel in Llanes (siehe Bild), mit einer Flasche herben Cidres namens Sidra die Nacht zu eröffnen. (Hin- und Rückflug am besten über Bilbao. Dann erkundet man das ebenso wunderbare Baskenland gleich noch mit.)

Stefan Plöchinger

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Reiseziele:Brighton, England

Brighton pier

Quelle: AFP

"Oh je, Brighton", war der erste Gedanke, "angeramschter 80er-Jahre-Charme in den Straßen, Spielautomatengebimmel auf dem Pier, das Ganze im Nieselregen". Dann habe ich den Badeort an der englischen Kanalküste doch für einen Übernachtungsstop auf meine Reiseroute durch Südengland gesetzt, aus nostalgischen Gründen. Es hat sich gelohnt: Die Atmosphäre so heiter wie das Wetter, die Menschen gastfreundlich und aufgeschlossen, schöne Lokale und Geschäfte neben gemütlichen Pubs und Trödelläden. Selbst auf dem Pier gab es trotz des Vergnügungsgetöses ganz besinnliche Momente beim Betrachten des illuminierten Riesenrads vor der Promenade. 24 Stunden waren zu kurz, ich fahre auf jeden Fall wieder hin.

Daniela Dau

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Reiseziele:Portimão an der Algarve, Portugal

Portimao Algarve Portugal

Quelle: iStockphoto

Wir hatten einen Plan: Selbst an der touristischen Algarve noch Reste des ursprünglichen Portugals entdecken und natürlich die Strände genießen. Portimão ist berühmt für seinen Strand, beziehungsweise der Orts-Satellit Praia da Rocha, denn die Stadt selbst liegt ein paar Kilometer vom Meer entfernt. Ein Hotelhochhaus in der zweiten Reihe von Praia da Rocha hatte noch ein Zimmer frei, das von einer gelangweilten Angestellten präsentiert wurde. Auf dem winzigen Balkon wies sie mit dem Arm gen Süden und sagte: "Ihr Meerblick!" "Wo?" "Na, wenn Sie sich hier über die Brüstung lehnen, sehen Sie es doch."

Ein Dilemma: Der Strand war schön genug zum Bleiben, die Bettenburgen zum Davonlaufen. Also mieteten wir uns in einer kleinen Pension in der Altstadt von Portimão ein. Als wir zum historischen Kern kamen, fuhren wir an dieser schönen, kleinen Kirche vorbei, die Menschen gingen gerade zur Messe. Wir kurvten. Und kurvten. Immer und immer wieder an der Kirche vorbei, bis die Leute nach dem Gottesdienst wieder ins Freie schlenderten: Portimão besteht aus mehr Einbahnstraßen als eigentlich in eine Stadt passen. Aber das machte nichts, denn die Gässchen sind so reizend, dass wir uns gerne mehrmals hindurch zwängten. Auf dem Marktplatz saßen tatsächlich Portugiesen und in den Nebenstraßen mit Kopfsteinpflaster gab es noch Lokale, die tatsächlich günstig Landestypisches anboten statt überteuerter Hamburger. Und wenn der Strom ausfiel, machte der Koch bei Kerzenschein am Gasherd einfach weiter.

Katja Schnitzler

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Reiseziele:Cilento nahe Neapel, Italien

Cilento Neapel Italien

Quelle: Plöchinger

Neapel stinkt nach Müll, womöglich sogar Giftmüll; die Camorra erschießt ständig Leute auf den Straßen; die Beton-Mafia hat den letzten Rest Grün zuzementiert. Wehe dem, der in die Höllenmetropole am Vesuv reist! Das sagen jene, die kaum da waren - aber immer schnell Bescheid wissen, wenn andere über Ferienpläne reden. Beim nächsten Alarm vor dem angeblichen Horrortrip nach Süditalien gibt es allerdings ein Gegenmittel. Einfach das Foto oben zeigen.

Gut, zu sehen ist nicht die Stadt selbst - die durchaus schöne Seiten hat, doch, doch -, aber eine Gegend in der Nähe, die es erst langsam in die deutschen Reiseführer schafft. Cilento heißt sie.

Wer im Nationalpark dieses Namens in Südkampanien Urlaub macht, gleich unterhalb der berühmten Mozzarellabüffel-Region, nach einer Fahrt durch gefühlte hundert Kilometer elendiger Vorstädte, wird in dieser Hügellandschaft zwischen Mittelmeer und Apennin eine Ehrenrettung für das angebliche verlorene Land rund um Neapel finden. Dauersonne im Grün, einsame Wälder im Hinterland und auch mal aussichtsreiche Weingüter am Meer (mit Ferienhäusern mittendrin, siehe Bild), Küstendörfer ohne Bettenburgen, die Wiege der gepriesenen mediterranen Küche. Das bedeutet bestes Essen zu guten Preisen. Und in der Nacht trübt kein Menschenlicht den klaren Sternenhimmel: Denn hier mag das böse Neapel nah sein, aber es ist doch so fern.

Stefan Plöchinger

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Reiseziele:Kapstadt und Weinland, Südafrika

The plane carrying U.S. Secretary of State Clinton flies over Cape Town, South Africa, en route to Nigeria and Ghana

Quelle: REUTERS

Wie wohl fühlt sich ein Tourist in einer Stadt, in der alle mit verriegelten Autotüren fahren und nachts für jeden Meter ein Taxi bestellt werden muss? Überraschenderweise: sehr wohl. Auch wenn wir uns daran gewöhnen müssen, dass der vom Hotel gerufene Chauffeur nach 200 Metern schon wieder hält und uns beschwört, den Weg zurück im Dunkeln nicht zu Fuß zurückzulegen. Doch ist dies nur ein Aspekt einer Stadt, die mit Vielfalt protzt: Meer, Berge, Stadtstrände, Boulevards und Weingüter in der Vorstadt.

Im tatsächlichen Weinland, in Stellenbosch oder Franschhoek, ist die Sicherheit kein Problem mehr. Die Reise wird zum puren Genuss, die Weinprobe mit einem Picknick abgerundet, das Essen ist köstlich. Und auch der Weg dorthin überrascht: Alle paar Meter wechselt die Landschaft, mal scheinen wir durch Kroatien zu fahren, dann durch die Provence, und auch Bayern ist wie immer überall. Bis eine Paviangruppe die Straße quert.

Katja Schnitzler

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Reiseziele:Mailand, Italien

To match feature ITALY-DRINKING

Quelle: Archivfoto: Reuters

Wer will denn nach Mailand? Wer kann sich schon in Italiens Wirtschaftsmetropole entspannen, geschweige denn erholen? Solche Fragen stellen mir Freunde und Bekannte, denen ich Mailand als Urlaubsziel empfehle. Touristen stolpern mehr oder weniger zufällig über den künstlich gewachsenen Moloch im Norden des Stiefels. Aber es lohnt sich, genauer hinzuschauen: Mailand hat gerade abseits der Touristenziele einiges zu bieten. Wer sich einfach nicht entlang der Hauptstraßen, sondern durch die engen Gassen schlägt, entdeckt kleine Kirchen, süße Cafés, romantische Restaurants. Und einen Mix an Kulturen, den es in kaum einer anderen italienischen Stadt gibt.

Lucio Dalla singt in einer Hommage an Mailand: "Dir wird eine Frage auf deutsch gestellt - und die Antwort kriegst Du auf sizilianisch." Nur mitten im August sollten Reisende Mailand meiden. Denn da fliehen die Einwohner, ob Deutsche oder Sizilianer, entweder in die Berge oder ans Meer. Und zurück in der Stadt bleiben die Touristen.

Carolin Gasteiger

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© Süddeutsche.de/vks/bavo
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