Reiseziele in Deutschland:Höllisch schöne Heimat

Was serviert der Teufel auf dem Brocken? Wer schlug die Schlucht in den Fels? Und wieso ist dieses Moor verflucht? Zehn verdammt gute Reiseziele in Deutschland.

Von Katja Schnitzler

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Quelle: Corradox via Wiki Commons; CC BY 3.0

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Wenn es dem Teufel in der Hölle zu heiß wird, macht er sich auch in Deutschland auf die Suche nach Abkühlung und Abwechslung. Wenn er dabei nur nicht so oft selbst übers Ohr gehauen würde. Seine Spuren hinterlässt er auch im Namen von Reisezielen: zehn verdammt schöne Orte vom Teufelsmoor bis zur Höllentalklamm.

Teufelskanzel samt Hexenaltar auf dem Brocken im Harz

Die Partys des Teufels auf dem Brocken - auch Blocksberg genannt - sind legendär, schon Goethe wusste davon zu berichten. Allerdings sollte man als geladener Gast Ahnung von der Etikette haben: Nach seiner Predigt von der Teufelskanzel herab, bittet der schwefelnde Gastgeber in der letzten Aprilnacht zum Mahl, das auf dem Hexenaltar zubereitet wird. Doch woraus besteht das Essen? Aus der zuletzt eingetroffenen Hexe. Wer also nicht mehr genug Flugpaste übrig und zudem den Zauberspruch "Stippe hier in, stippe dar in, oben ruter un nirne an!" durcheinandergebracht hat, sollte sich in der Walpurgisnacht gut überlegen, ob er zu Fuß die 1141 Meter auf den höchsten Berg Norddeutschlands steigen sollte. Nicht dass er gerade noch rechtzeitig zum Dessert eintrifft.

Alles nur Märchen? Die aufgeschichteten Steine auf dem Brocken sollen tatsächlich eine Kultstätte gewesen sein, auf der zumindest Tiere zu Ehren Wotans geopfert wurden. Es geht aber tatsächlich ein Gespenst auf dem Brocken um, genauer gesagt: über ihm. Riesige, dunkle Gestalten sind über dem Nebel am Himmel zu sehen und scheinen sich dem Betrachter bedrohlich zu nähern. Der Sage nach will eine Geisterfrau die Besucher vom Brocken vertreiben. In Wirklichkeit sind diese selbst schuld: Die tiefstehende Sonne wirft den Schatten des Betrachters auf eine Nebel- oder Wolkenschicht, so dass er optisch immens vergrößert wirkt und noch dazu dreidimensional. Da kann einem schon der Schrecken in die Glieder fahren.

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Quelle: AFP

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Teufelsberg und Teufelssee, Berlin

Der Teufelsberg hat seinen Namen zwar dem nahen See zu verdanken, erwachsen ist er aber aus einem Übel, mit dem sich der Satan seit Beginn der Menschheit liebend gern die Zeit vertreibt: dem Krieg. Nach dem Zweiten Weltkrieg schob man Millionen Tonnen Häuserschutt auf einen riesigen Haufen, der fortan Teufelsberg hieß und dem damaligen West-Berlin einen eigenen, 120 Meter hohen Gipfel bescherte: Bis 1972 sollen hier mehr als 25 Millionen Kubikmeter Trümmer abgeladen worden sein. Sogar Skifahrer wedelten ein paar Schwünge hinab. Wirklich bekannt aber machte die US-Armee den Teufelsberg: Mit einer Abhöranlage samt fünf Antennenkuppeln lauschte sie in die Weiten des Ostens, welche finsteren Pläne der Klassenfeind im Kalten Krieg wohl schmieden mochte. Die verfallenden Kuppeln nutzen heute Street-Art-Künstler und solche, die es einmal werden wollen, für ihr Sendungsbewusstsein. Andere Besucher legen vor allem Wert auf ein entspanntes Naherholungserlebnis, das höchstens Mountainbiker stören. Ein beinah paradiesischer Zustand auf einem Berg, der aus Zerstörung entstand.

Dazu passt, dass der namensgebende Teufelssee im Grunewald ein sogenannter Himmelsteich ist: ein Gewässer, dass weder von Bächen noch Flüssen gespeist wird, sondern nur von Grundwasser sowie Regen - der vom Himmel fällt. Einst soll hier ein urzeitlicher Kultort gewesen sein, der den wenig toleranten Christen natürlich verdammt teuflisch vorkam. Wer sein Glück noch mehr herausfordern und Bade-Hopping im knapp zwei Kilometer entfernten Pechsee machen will, hat Pech: der Tümpel ist eingezäunt und eignet sich nur für Amphibien als Schwimmschule.

Kasseler Wasserspiele; Kassel Wilhelmspark Bergpark Welterbe Unesco Wilhelmshöhe Herkules Wasserspiele Wassertheater

Quelle: picture alliance / dpa

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Teufelsbrücke im Bergpark Wilhelmshöhe, Kassel

"Das ist doch himmlich schön!", rufen Besucher, wenn Wassermassen unter der Herkules-Figur hinabrauschen. Dieser Meinung ist auch die Unesco-Kommission, sie verlieh dem Bergpark mit seinen Wasserspielen den Welterbe-Titel. Eine Stunde lang strömen etwa 1200 Kubikmeter Wasser ganz ohne Pumpen nur mithilfe des Gefälles durch die verschiedenen Stationen, bis es im Fontänenbecken 50 Meter in die Höhe schießt - und das schon seit dem 18. Jahrhundert. Auf seinem Weg stürzt das Wasser unter der Teufelsbrücke in den Höllenteich. Diese hat allerdings weniger mit dem Satan zu tun als mit Pluto, dem römischen Gott des Totenreichs, der seine Grotte gleich neben der Brücke hat. Doch wer will schon in einer feuchten Höhle hocken, wenn nebenan himmlische Wasserspiele zu bestaunen sind?

Herbst in Sachsen

Quelle: dpa

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"Teufelsbrücke" Rakotzbrücke im Rhododendronpark Kromlau, Oberlausitz

Ein See ensteht wie aus dem Nichts? Gigantische Murmeln balancieren scheinbar schwerelos auf Felsen? Das muss doch mit dem Teufel zugehen! So lautet die Erklärung, wenn sich Menschen etwas nicht erklären können. Etwa wie es einem Baumeister gelungen sein soll, eine mit Spiegelbild kreisrunde Brücke zu bauen, Teufel aber auch!

Das Wasser des Rakotzsees, schwarz wie die Seele des Höllenfürsten, verfärbt sich wegen der Braunkohle so dunkel. 35 Meter überspannt die filigrane Brücke das Wasser, die als Fotomotiv beliebt ist, aber schon lange nicht mehr betreten werden darf. Denn die 150 Jahre alte Schönheit ist in diesem Jahr verdammt knapp ihrem Einsturz entgangen: Der Bund und Sachsen stellten 2,4 Millionen Euro bereit für die Sanierung der bröckelnden Feldsteine und Basaltsäulen sowie für die Neugestaltung des Parks - dies hätte die eigentlich zuständige Gemeinde Gablenz finanziell ins Verderben gestürzt.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Höllentalklamm unterhalb der Zugspitze

Sehen diese Höhlen in der Klamm einem Totenkopf nicht gruselig ähnlich? Der Eindruck trügt natürlich - auch was den Namen Höllental angeht: Denn dieser hat nichts mit Fegefeuer zu tun, ganz im Gegenteil. Diese Hölle hat ihren Ursprung im Wort "höhlen". Um dies zu erklären, muss man ein paar Jahre zurückschauen, genauer 240 Millionen - damals setzten sich harte Schichten aus Muschelkalk am Meeresboden ab, die später während der Entstehung der Alpen aufgefaltet wurden. Bis zur Klamm brauchte es ein wenig Geduld, aber wenn die Erdgeschichte eines hat, dann Zeit: Regen und Schmelzwasser im Hammersbach höhlten nach und nach die Schicht zwischen den Felsen aus. Auch einen weiteren Denkfehler sollten Besucher der Höllentalklamm vermeiden: Dort ist es selbst im Hochsommer kühl und feucht. Allerdings kann dies nach dem Aufstieg am Bach entlang eine willkommene Erfrischung sein.

Höllisch gefährlich wird es im Winter in der Klamm, die direkt zwischen zwei Gebirgskämmen liegt, wo sechs große Lawinengebiete enden. Erst im Frühjahr wird die Schlucht von Eis- und Schneemassen befreit und der Pfad wieder begehbar gemacht.

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Quelle: SofiLayla via pixabay.com (CC0 1.0)

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Teufelsmoor bei Bremen

Heute gelten viele Moore als Naturschutz- und Naherholungsgebiet, doch früher waren es Orte, an denen man durchaus die Hölle auf Erden erleben konnte. Oder sterben musste. Einst wurden nur die Ränder der Moore bewirtschaftet, doch ab Mitte des 18. Jahrhunderts sollten sich Bauern und Torfstecher im Moor selbst ansiedeln. Nur die Ärmsten wagten dies notgedrungen - wie es ihnen erging, zeigt der Spruch "Den Eersten sien Dod, den Tweeten sien Not, den Drütten sien Brod" (Des Ersten Tod, des Zweiten Not und des Dritten Brot).

Die neuen Siedler mussten das Moor entwässern und die Kanäle und Brücken instand halten - zusätzlich zu ihrer eigentlichen Arbeit. Im Herbst zogen sie dann ihre Kähne bis nach Bremen, um dort getrockneten Torf als Brennmaterial zu verkaufen. So wäre es kein Wunder, wenn diese hart arbeitenden und trotzdem darbenden Menschen aus dem "doven Moor", dem unfruchtbaren Land, das "Düvelsmoor" machten - einen Landstrich, der offenbar den Launen des Teufels ausgeliefert war.

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Quelle: Cku via Wiki Commons; CC BY 3.0

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Teufelsschlucht, Südeifel

Auch dieser, an manchen Stellen nur ein Meter breite Einschnitt in die Felsen fällt in die Kategorie "Kann ich nicht erklären, muss der Teufel geschaffen haben". Denn wie war es möglich, dass in dieser Schlucht kein Bach fließt, der sie in den Fels gegraben hatte? Und dass es in diesem Spalt erst bergab ging - und dann wieder bergauf? Ein verflucht schwieriges Rätsel, das aber inzwischen gelöst ist: Nach der letzten Eiszeit verwitterten die riesigen Sandsteine, das auftauende Wasser suchte einen Weg nach draußen - und ein gewaltiger Felsblock wurde gesprengt. Heute führen hier 140 Stufen hinab in die kühle, feuchte Schlucht. Falls man sich hineintraut.

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Quelle: Bonnlander via Wiki Commons; CC BY 4.0

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Wasserfall "Teufelsmühle" in der Rhön nahe Bischofsheim

Der Teufel mag geschäftstüchtig sein, allerdings würde in seinem Arbeitszeugnis doch das Urteil "er war stets bemüht" stehen: Zu oft wurde der Leibhaftige bei seinem zwielichtigen Handeln übers Ohr gehauen. So auch bei seiner Vereinbarung über die Teufelsmühle auf dem Wanderweg von Bischofsheim zum Holzberghof, von der nur noch der Wasserfall zu sehen ist - doch um diesen geht es ja im Kern der Geschichte: Vor vielen Hundert Jahren brannte eine kriegerische Horde eine Mühle nieder. Der Müller versteckte sich und sah zu, wie seine Frau und Kinder verschleppt wurden. Durch seine Feigheit auch heimatlos geworden, zog der Müller durchs Land und rastete in den Rhönbergen auf einem Basaltbrocken an einem so schönen Platz, dass er vor sich hinmurmelte: "Gäbe es Wasser, würde ich mir hier eine Mühle bauen, und wenn mir der Teufel dazu helfen müsste!"

Hilfsbereit, wie der Satan bekanntlich ist, war er sogleich zur Stelle - doch natürlich hatte das Ganze einen Haken: Der Teufel verlangte die Seele des ersten Menschen, der sich auf dem Basaltfelsen niederließ. Erst war der Müller erschrocken, willigte dann aber doch ein. Und wusste die Situation zu nutzen: Auch sein Weib und die Kinder sollten ihm wiederbeschafft werden. Nur gegen eine zweite Seele, wieder von einem Ruhesuchenden auf dem Basaltfels, meinte der Teufel.

Am nächsten Morgen trieb der Schwarzbach, den der Satan umgeleitet hatte, die niegelnagelneue Mühle an. Als der Teufel aber seinen Lohn einforderte, lachte ihn der Müller aus: Das Wasser hatte die Senke, in dem der Basaltstein stand, in einen Teich verwandelt. Wer heute an diesem Ort auf Nachtruhe hofft, könnte gestört werden: Angeblich tobt der Teufel dort immer noch über seine Dummheit.

Teufelssteine in Heiden

Quelle: Gemeinde Heiden

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Teufelssteine in Heiden, Westmünsterland

Beim Aufsammeln der schweren Findlinge hatte der Satan wahrscheinlich noch maliziös vor sich hingekichert. Einen ganzen Sack voller Felsbrocken suchte er zusammen, schließlich hatte er ein ambitioniertes Ziel: Er wollte den Aachener Dom zerschmettern. Die Vorfreude trug ihn über den ersten Teil der Strecke, doch dann wurde der Sack auf seinem Rücken schwerer und schwerer. Bei Heiden im Westmünsterland kam dem Teufel der Sage nach ein Schuster entgegen, der zwölf Paar zerschlissene Schuhe auf dem Rücken trug. "Wie weit ... ist es ... noch bis ... Aachen?", verlangte der Teufel schnaufend Auskunft. Der Mann war aber nicht dumm und achtete zudem von Berufs wegen auf die Füße seines Gegenübers - und dieses hatte zwar ein Bein, aber auch einen Huf. Also antwortete der schlaue Schuster, er komme direkt aus Aachen und habe dabei diese zwölf Paar Schuhe durchgelaufen. Da fluchte der Teufel, leerte wütend die Steine aus seinem Sack und beschloss, bequem und fußschonend zur Hölle zu fahren.

Seit dieser Zeit liegen die "Düwelsteene" in Heiden. Etwas prosaischer, aber nicht weniger eindrucksvoll ist die Erklärung, wie die Findlinge tatsächlich ins Münsterland kamen: Während der Saale-Eiszeit vor mehr als 130 000 Jahren schob eine gewaltige Eisschicht die Brocken vor sich her. Sehr viel später vor etwa 4000 Jahren stapelten Bauern der jüngeren Steinzeit die Brocken zu einem Kammergrab auf, die Felsen mussten sie erst auf Baumstämmen herbeirollen. Dabei dürften sie geächzt und geschwitzt haben wie der Teufel auf dem Weg nach Aachen. Nur aufgegeben haben sie nicht.

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Quelle: Michael Fieg via wiki commons (CC0 1.0)

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Teufelsmühle im Nordschwarzwald

Wer bei "Teufelsmühle" an Otfried Preußlers "Krabat" und den Müller im Koselbruch denkt, der seine Seele an den Teufel verlor, ist belesen - liegt aber falsch. Denn diese Teufelsmühle ist ein Berg nahe Loffenau, nur etwas über 900 Meter hoch. Auf dem Gipfelplateau steht heute ein Aussichtsturm mit Wanderheim, in dem weder gemahlen noch geschrotet wird.

Doch irgendetwas stimmte nicht an den Hängen dieses Berges, mutmaßten einst die Menschen, die noch keine Ahnung von der Kraft des Eises in der Steinzeit hatten: Große Felsenmeere zogen sich die Hänge hinab, in der Bewegung erstarrt. Kein Kies oder Sand ist dazwischen, nur größere Steine. Dass diese Blockhalden nach dem Abtauen der Gletscher entstanden, wussten die Leute nicht: Offenbar hatte hier der Teufel ein riesiges Mahlwerk in Gang gesetzt und die Felsen dann einfach liegenlassen.

Oder es waren die Bausteine seiner Mühle, die er einem Müller versprochen hatte für dessen Seele - sofern es dem Teufel gelang, die Mühle noch vor dem ersten Hahnenschrei zu errichten. Was Luzifer nicht wusste: Der Müller hieß Hahn und krähte selbst, als sein Geschäftspartner gerade schwitzend den letzten Baustein heranschleppte. An manchen Tagen läuft es eben auch für den Teufel verdammt schlecht.

Der Teufel ist ein unruhiger Geist, auf jeden Fall ist er weit gereist: Wie sonst ist zu erklären, dass so viele Orte seinen Namen tragen? Noch erstaunlicher ist, dass mancher Urlauber meint, doch im Himmel gelandet zu sein: Hier finden Sie zehn verdammt schöne internationale Orte von Neuseeland bis Österreich.

© SZ.de/ihe/mane
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