Reiserecht kurios:Damit kommen Sie nicht durch!

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Schnarchende Nachbarn, kaputte Flieger, Kaffee auf der Bluse: Fluggäste und Gerichte haben unterschiedliche Auffassungen von Reisemängeln. Eine Auswahl von Urteilen.

Schweiß statt Duft

Ein Passagier, der wegen seines Körpergeruchs am Flughafen von Honolulu (Hawaii) aus der Maschine gewiesen wurde, verlangte vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht Schadenersatz von der Fluggesellschaft.

Eine Sitznachbarin hatte sich über die Ausdünstungen des Mannes beschwert, als dieser für den Rückflug von Hawaii nach Düsseldorf seinen Platz eingenommen hatte. Auch ein Flugbegleiter rümpfte die Nase und bat den verschwitzten Mann, sich ein frisches Hemd anzuziehen. Doch die Koffer waren bereits im Rumpf des Flugzeugs verstaut.

Daraufhin musste der Kläger den Flieger verlassen und "verschwitzte" dadurch auch einen Anschlussflug.

Bereits in zweiter Instanz wollte der Mann nun 2200 Euro Schadenersatz plus Verdienstausfall erstreiten. Er sei ins Schwitzen geraten, weil er sich bei tropischen Temperaturen mit drei Koffern im nicht klimatisierten Airport herumplagen musste. Er habe aber nicht mehr gestunken als andere Reisende auch.

Da die Airline in ihren Geschäftsbedingungen die Beförderung von Menschen mit "extremem Körpergeruch" ausdrücklich ausgeschlossen hatte, war der Kläger vor dem Amtsgericht abgeblitzt. Und auch beim zweiten Anlauf kam es nicht zum erhofften Urteil: Der Mann versäumte seinen Prozess, ein Stau habe ihn aufgehalten. Sollte er binnen zwei Wochen Einspruch gegen die Abweisung der Klage einlegen, könnte es noch zu einem dritten Versuch kommen. (AZ: I-18U 110/06)

Schnarcher statt Träume

Eigentlich wollte man auf dem Flug ruhen. Doch der Nachbar schnarcht und schnarcht. Stundenlang.

Aber: Selbst auf einem Langstreckenflug sind Schnarcher lediglich eine Unannehmlichkeit, doch kein Reisemangel.

Außerdem spielt es keine Rolle, ob der Passagier in der Economy oder der Business Class wachgehalten wird.

(Amtsgericht Frankfurt, AZ: 31 C 842/01-83)

Unfall statt Abflug

Wer auf dem Weg zum Flughafen in der Eile selbst einen Unfall baut, kann sich nur in Selbstanklage üben.

Wenn allerdings ein anderer den Unfall verursacht, muss der auch für die Folgeschäden aufkommen - könnte man meinen.

Das dachte sich auch ein Paar, das mit dem Mietwagen zum Flughafen unterwegs war, als es zum Zusammenstoß kam.

Verletzt wurde niemand, doch rief man die Polizei, Formalitäten mussten geklärt und das noch fahrtüchtige Auto am Flughafen zurückgegeben werden - das dauerte. Und das Unglückspaar verpasste den Flieger.

Die beiden nahmen den nächsten Flug und wollten das Geld vom Unfallverursacher wieder eintreiben - schließlich war der ja an der Misere schuld.

Das Gericht jedoch sah das anders: Der Zusammenstoß falle unter "allgemeines Lebensrisiko" und sei mit einem Stau auf der Autobahn zu vergleichen. Da könne man ja auch nicht den Stau-Verursacher verklagen.

Außerdem hätten die Urlauber mehr Zeit für die Anreise einplanen müssen.

(Landgericht Arnsberg, Az.: 5 S 101/05)

Fleck statt Genuss

Wer bei einem Flug durch einen "nicht flugtypischen Unfall" verletzt wird, kann Schadenersatz gegen die Fluggesellschaft geltend machen. Anders als bei "flugtypischen" Unfällen wird der Fall dann aber nach dem Recht des Landes beurteilt, in dem das Flugzeug registriert ist.

Zu diesem Schluss kam das Landgericht Frankfurt am Main im Fall der Stewardess einer ägyptischen Fluggesellschaft, die einer deutschen Passagierin heißen Kaffee über Bauch und Beine geschüttet hatte. Die Touristin trug Verbrennungen zweiten Grades davon und verlangte umgehend von der Fluggesellschaft Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Die gewissenhaften Richter des Frankfurter Landgerichtes konsultierten das Warschauer Luftverkehrs-Abkommen, das eine vereinfachte Abwicklung von Schadenersatzansprüchen ermöglicht. Nach dem Abkommen muss eine Fluggesellschaft für körperliche Schäden infolge typischer Gefahren des Luftverkehrs haften. Nun kann aber eine Kaffee-Verbrennung auch außerhalb eines Flugzeuges stattfinden. Anzuwenden war damit nationales Recht und somit das Recht des Staates, dessen Hoheitszeichen das Flugzeug trug.

Die Frankfurter Richter entschieden nach ägyptischen Recht, dass die Fluggesellschaft für das Verschulden ihrer Flugbegleiterin Schadenersatz und Schmerzensgeld zu leisten habe.

(Landgericht Frankfurt/M., Az.: 2-01 S 182/01)

Bus statt Flieger

Eigentlich stand ein Jet auf dem Reiseplan. Den ersetzte der Veranstalter kurzerhand durch einen klimatisierten Reisebus, in dem die Touristen drei Stunden zum Reiseziel befördert wurden.

Was von den Reisenden als Willkür angesehen wird, müssen sie jedoch bei einem kurzen Transfer akzeptieren. Denn der Wechsel des Verkehrsmittels sei nur eine "unbeachtliche Abweichung vom zugesicherten Reiserverlauf".

So muss der Veranstalter weder Geld zurückerstatten noch Schadenersatz zahlen.

(AG Bonn, AZ: 18C 140/96)

Misstrauen statt Vertrauen

Die Maschine war zwar gestartet. Doch an Höhe gewann sie nicht. Also kehrte der Pilot zum Flughafen zurück. Nachdem Techniker den Schaden behoben hatten, weigerten sich die Passagiere, mit demselben Flieger weiterzureisen.

Verständlich, doch im Recht waren sie nicht.

Reisende müssen es hinnehmen, dass ein Flugzeug wegen eines technischen Defektes zur Reparatur zwischenlandet - und auch damit weiterfliegen. In ihrer Gesamtheit sei die Reise dadurch nicht beeinträchtigt, so die Richter.

(AG Düsseldorf, AZ: 32C 12495/97)

Rausch statt Reise

Das Gläschen zuviel am Flughafen kann einen trotzdem die Reise kosten. Wird ein Passagier vor dem Abflug wegen Trunkenheit aus der Maschine gewiesen, muss der Reiseveranstalter nicht für den Ausfall der Reise haften. (Landgericht Bonn Aktenzeichen: 5 S 18/00).

An Bord hat der Flugkapitän die "luftpolizeilicher Hoheitsgewalt" und kann Anweisungen geben, die nach seiner Ansicht zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sind.

Wer sich als Flugpassagier zu Unrecht aus dem Flugzeug gewiesen fühlt, muss sich an die Fluggesellschaft bzw. an den Staat wenden, der dem Flugkapitän die hoheitlichen Befugnisse zuspricht.

Angst statt Platz

Wie ein Kind im Angesicht eines Sumoringers fühlt sich mancher Passagier, wenn neben ihm ein schwergewichtiger Mitreisender Platz nimmt. Dieses Problem ist noch nicht einheitlich geregelt - oft bieten die Flugbegleiter aber dem eingeengten Gast den Platz auf einem Crewsitz an.

Bei der US-amerikanischen Fluglinie Southwest muss sich hingegen der übergewichtige Passagier einschränken - zumindest finanziell: Lässt sich der normale Gurt nicht schließen und die Armlehne trotz heftigen Drückens nicht senken, muss der Übergewichtige zwei Sitze zahlen. Schließlich beansprucht er auch beide.

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