Reisen nach Goa:Tanzen verboten

Trübe Stimmung unter Palmen: Im indischen Hippie-Paradies Goa wächst die Terror-Angst. Jetzt wurden die legendären Strandpartys untersagt.

Karin Steinberger

Es war Goas Regierungschef Digamber Kamat, der die Nachricht überbrachte. Man werde Partys unter freiem Himmel in Goa absagen - aus Angst vor Anschlägen. Keine Strandparty zwischen dem 23. Dezember und dem 5. Januar. Von offensichtlichen Sicherheitsbedenken war die Rede, und davon, dass man momentan nichts Genaueres dazu sagen könne. Tanzen verboten. Härter hätte es Goa nicht treffen können.

Reisen nach Goa: Während der Terror-Anschläge in Mumbai gingen die Parties in Goa wie hier am Vagator-Beach weiter.

Während der Terror-Anschläge in Mumbai gingen die Parties in Goa wie hier am Vagator-Beach weiter.

(Foto: Foto: goablog)

Denn Goa ist Party. Frei, spontan, draußen. Die Strände im kleinsten indischen Bundesstaat sind legendär. Als Ende der sechziger Jahre die Hippies hier ankamen, schien es, als habe dieser Ort auf sie gewartet. Es gab alles, Meer, Kultur, Palmen, ein bisschen Orient, ein bisschen Hinduismus, ein bisschen Christentum und eine Bevölkerung, die sich nicht stören ließ von den Glaubenssätzen der Fremden: Freiheit, Liebe, Hedonismus.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch die Tourismusindustrie den Ort für sich entdeckte. Picknicken am Baga Beach, entspannen am Vagator Beach, fischen am Candolim Beach, spazieren im Mondlicht am Miramar Beach. Und so tanzen sie jede Nacht im Sand von Goa, mit Rastalocken, fliegenden Batikkleidern oder Cowboystiefeln und Bikini.

Ein wilder Rausch, der auch nicht abbrach, als Ende November im 600 Kilometer nördlich gelegenen Mumbai mehrere Boote mit schwerbewaffneten Männern an Land gingen. Drei Tage dauerte die Anschlagsserie in der indischen Wirtschaftsmetropole. Das Taj Mahal Hotel in Flammen, Schüsse im Oberoi Hotel. Am Ende waren 172 Menschen tot.

Doch in den legendären Clubs in Goa ging die Party erst einmal weiter. Wie sollte es anders sein an einem Ort, an dem sie Slogans haben wie diesen: "The party started 1971. And it still rocks."

Doch jetzt rockt am Strand erst mal nichts mehr. Auch wenn am Samstag in Mumbai Teile des Oberoi Hotels wieder eröffnet und in Bollywood bereits 25 Filmtitel angemeldet wurden für die geplante Verfilmung des Terroranschlags. Titel wie: "11/26 Operation Taj" oder "Mission Oberoi". Indien ist getroffen. Und es bereitet sich auf weiteres vor.

Lesen Sie weiter, welche Maßnahmen die indische Regierung eingeleitet hat.

Tanzen verboten

Verteidigungsminister A K. Antony kündigte an, man wolle an der 7500 Kilometer langen Küste Indiens neun zusätzliche Coastal-Guard-Stationen bauen und weltweit weitere Schiffe anmieten für die nationale Küstenwache. Und Premier Manmohan Singh forderte bei der Verleihung eines Wissenschafts-Preises in Neu Delhi junge Forscher auf, sich mehr mit Überwachungssystemen zu beschäftigen und dafür zu sorgen, dass mit wissenschaftlichen Innovationen die Waffen des Terrors und der Massenzerstörung neutralisiert werden.

In Goa aber haben sie andere Probleme. 2,6 Millionen Urlauber kommen jedes Jahr, 400 000 Ausländer. Um der Tourismusindustrie nicht zu schaden, wollte die Politik das Verbot eigentlich verhindern, aber die Polizei setzte sich durch, sprach von einer echten Bedrohung.

Buchungsrückgang seit den Anschlägen

Die Strandbudenbesitzer fürchten anderes. In der Times of India lästert einer, man habe wegen der Finanzkrise und des Terrors in Mumbai ohnehin Einbußen von 70 Prozent, die Buchungen gehen seit November zurück. Es sei absurd zu glauben, dass Gäste Weihnachten oder Silvester im Inneren der Hotels feiern werden. Jeder in Goa wolle raus, an den Strand, das Meer als Kulisse. Feuerwerk, Barbecue, spontane Beachparty. So sieht Silvester hier aus.

Und wer soll das Verbot durchsetzen? Wer den kilometerlangen Strand kontrollieren? In der Silvesternacht verdienen sie so viel wie normalerweise in einem Monat, sagt der Strandbudenbesitzer. Er glaube an eine üble Machenschaft der Regierung, es sei der Versuch, das beste Geschäft den Hotels zuzuschanzen.

Die Stimmung ist also einigermaßen aufgeheizt in Goa, jetzt, mitten in der verpatzten Hochsaison. Und während die Polizei darüber nachdenkt, wie man den Zugang zu den Stränden erschweren kann und welche Straßen abgeriegelt werden sollen, bereiten sich die Strandbudenbesitzer auf das Schlimmste vor, den Totalausfall.

Durchgreifen gegen Drogen-Dealer

Es dürfte auch noch eine andere Gruppe von Geschäftsleuten geben, die Einbußen fürchtet. Denn zu einer Strandparty in Goa gehören fast immer auch Drogen. Der Konsum auf den Rave- und Trancepartys am Strand ist legendär hoch.

So gibt es nun bei manchen die Hoffnung, dass die Polizei in der partyfreien Zeit endlich durchgreift gegen die Drogendealer. Andere sprechen von Verbindungen zwischen Dealern und Terroristen. So wabern die Gerüchte durch Goa. Wenigstens das.

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