Mitten in ... Rom
Im vollen Bus, Linie 63. Gerade rumpelte er noch über die Schlaglöcher und unebenen Pflastersteine auf der Piazza Venezia, dass einem bange war um die Achse, die Decke, das Leben. Draußen ist es 29 Grad warm, drinnen mindestens 39. Wahrscheinlich ist die Klimaanlage wieder defekt, wie so oft. Durch schmale Fenster kommt ein bisschen Luft rein, es sind flüchtige Schwaden des Glücks. Immer Winter, das wäre was! An der Via del Corso steigt eine elegante Dame zu, Täschchen am Arm. Sie drängt sich vorbei an den Studenten im hinteren Teil, schaut sich um und lehnt dann lässig an der Stange mit dem Entwertungskasten. "Signora", sagt ein Mädchen, "möchten Sie sich nicht hinsetzen?" - "Ja, Schätzchen", sagt die Signora laut und lächelt, "das wäre schön, grazie mille! Ich bin nämlich viel älter, als ich aussehe." Da ist er, der Frühling in Person.
Oliver Meiler
SZ vom 27. April 2018