Reisehindernisse im Winter:Asche, Blitzeis, Chaos

Das "ABC" der Störungen im Reiseverkehr lässt sich nicht abwenden, zumindest mit Schnee und Verspätungs-Chaos ist im kommenden Winter wieder bei der Bahn und an Flughäfen zu rechnen. Und die nächste Aschewolke kommt bestimmt.

Michael Kuntz

Im vornehmen Palais-Saal des Hotel Adlon in Berlin sind die Teilnehmer beim Deutschen Tourismus-Gipfel bestens geschützt vor den Widrigkeiten des Alltags: Asche, Blitzeis, Chaos - alles bleibt draußen. So gut wird es den Reisenden im kommenden Winter nicht ergehen: Die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland sei so ausgelastet, dass bereits kleinere Störungen erhebliche Auswirkungen haben könnten, so lautet das Fazit beim Leitkongress der Tourismuswirtschaft, die immerhin 2,8 Millionen Menschen beschäftigt und acht Prozent zur Wirtschaftsleistung beisteuert:

Kaum ein anderer Wirtschaftszweig muss sich so häufig auf Unbilden der Natur einstellen wie die Tourismusindustrie. Wenn es zu heiß ist, funktionieren die Klimaanlagen der Bahn nicht mehr, ist es zu kalt, fehlt an manchem Flughafen Enteisungsmittel, und wenn ein isländischer Vulkan ausbricht, geht überhaupt nichts mehr. Was haben die betroffenen Unternehmen aus diesen Vorkommnissen der jüngeren Vergangenheit gelernt? "Unsere Ansprüche können gar nicht hoch genug sein, wenn wir die neuralgischen Punkte verbessern wollen", formuliert ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair die Ansprüche seiner 17 Millionen Mitglieder. Doch gibt es offenbar Grenzen, die nicht der Mensch, sondern die Natur setzt. "Wir müssen uns schon vom Gedanken lösen, dass sich der Verkehr ganzjährig so gestalten lässt, wie an einem schönen Sommertag im August", relativiert Michael Engel, der neue Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Fluggesellschaften. "Für den Flugverkehr kommt immer die Sicherheit zuerst." Während Fährgesellschaften bereits vorab Hinweise darauf verbreiten, dass sich bei Sturm, Nebel oder Niedrigwasser die Fahrzeiten ändern, werden Fluggäste oft erst unterwegs darüber informiert.

Die Bahn hat jahrelang sogar damit geworben, dass sie nicht übers Wetter spricht - bis das dann doch dringend erforderlich wurde. "Wir lernen aus den Verhältnissen im vergangenen Winter, bei Kunden um Verständnis dafür zu werben, dass auch mal etwas nicht so funktioniert", beschreibt dezent der Bahn-Manager für den Fernverkehr, Berthold Huber, die Missstände in seiner Firma. Zusätzliche 13 ICE-Züge, mehr beheizte Weichen und 600 Räumkräfte extra sollen im kommenden Winter abhelfen.

Fliegen ist nun mal eine Outdoor-Veranstaltung, und jeder weiß das auch", dämpft Peter Schmitz allzu hohe Erwartungen. Der Operations-Vorstand des Frankfurter Flughafens macht darauf aufmerksam, dass Chaos oft schon bei der Anreise zum Jet herrscht: "Auch Passagiere und Crews müssen zum Flughafen kommen".

Fliegen trotz Aschewolke

Außer Eis und Kälte droht den Passagieren die nächste Vulkanwolke. Nach Ansicht von Experten ist es nur eine Frage der Zeit, aber sie wird kommen. Christoph Blume von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen fordert einen Ausbau des Überwachungssystems: Man habe 48 Stunden zwischen dem Ausbruch des Vulkans und dem Erreichen des deutschen Luftraumes durch die Aschewolke. "Es würde reichen, ein kleines Flugzeug mit Messgeräten innerhalb von 24 Stunden über der Nordsee in die Luft zu bringen." Obwohl das nur zwischen 30 000 und 50 000 Euro kostet, scheint dieses Problem politisch bislang ungelöst - trotz der drohenden Milliardenschäden für die Volkswirtschaft.

Die jüngst vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof getroffene Entscheidung, wonach es am Frankfurter Flughafen vorerst keine Nachtflüge mehr geben darf, und das Bestreben der nordrhein-westfälischen Landesregierung, Nachtflüge auch am Flughafen Köln-Bonn zu verbieten, werden vom Bundesverband der Tourismuswirtschaft (BTW) heftig kritisiert. "Deutschland muss eine Drehscheibe für den internationalen Luftverkehr bleiben. Das geht nicht, wenn Politik und Gerichte immer mehr Flughäfen nachts zwangsweise lahmlegen", erklärt BTW-Präsident Klaus Laepple.

Kritisiert wurde auch die Passagierabgabe für Reisende nach Ägypten, das dringend auf Touristen angewiesen ist. So ist die Flugsteuer dreimal so hoch wie in die konkurrierenden Ziele Griechenland und Türkei. Schuld daran ist die Festlegung nach Entfernung. Hisham Zaazou, Vizeminister für Tourismus in Ägypten, meinte ironisch: "Wir könnten die Hauptstadt um 200 Kilometer nach Norden nach Alexandria verlegen, dann kämen wir in den Genuss der niedrigeren Passagierabgabe".

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