Reisebücher für London und New York:Kaufe lieber ungewöhnlich

Innovative Lokale, skurrile Läden: In New York und London gibt es eine Fülle davon. Man muss sie nur kennen. Zwei Autorinnen nehmen ihre Leser mit auf eine Tour durch die Metropolen. Doch nur einer würde man wirklich gerne folgen.

Stefan Fischer

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Reise 11.10.12

Quelle: Sibella Court/National Geographic Deutschland

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Innovative Lokale, skurrile Läden: In New York und London gibt es eine Fülle davon. Man muss sie nur kennen. Zwei Autorinnen nehmen ihre Leser mit auf eine Tour durch die Metropolen. Doch nur einer würde man wirklich gerne folgen. Eine Rezension von Stefan Fischer

Bücher, in denen es um Stil geht und um Ästhetik, sollten optisch natürlich auch selbst etwas hermachen. So sehr sich das eigentlich von allein versteht: Bei Reiseführern - und das sind die zwei "Styleguides" letztlich, die bei National Geographic über London und New York erschienen sind - überrascht es dann doch, wie ausnehmend gut die Bände gestaltet sind. Schon die Einbände: Sie haben eine Reliefstruktur, bei dem New-York-Band kann man mit den Fingern das Straßennetz von Manhattan nachfahren, bei dem London-Band das Georgs- und das Andreaskreuz der britischen Flagge.

RRL Clothing Shop - a Ralph Lauren brand - in Nolita, New York City

Reise 11.10.12

Quelle: Sibella Court/National Geographic Deutschland

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So zwillingshaft die beiden Bücher auftreten: Eine neue Reihe sollen sie dennoch nicht begründen, heißt es aus dem Verlag. Das ist sicherlich eine kluge inhaltliche Entscheidung, denn in dieser Fülle extravagante Restaurants und Geschäfte vorzustellen, geht wahrscheinlich nur in diesen beiden Städten. Schon in Berlin oder Paris wäre es ein zweifelhaftes Unterfangen, auf beinahe 300 Seiten Läden und Lokale zu präsentieren, die hinreichend innovativ oder skurril sind - und zwar im Weltmaßstab gesehen.

Ochre Lighting and Furniture Store in Soho, New York City

Reise 11.10.12

Quelle: Sibella Court/National Geographic Deutschland

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In ihrem Inneren unterscheiden sich die beiden Titel dann überraschend stark. Nicht so sehr in der Gestaltung, sondern in der Art, wie die Autorinnen sich dem Stilwillen der Städte nähern. Sibella Court muss man sich als eine sehr aufgekratzte Frau vorstellen. Die australische Designerin und Designjournalistin hat lange in New York gelebt und hat die Stadt in dieser Zeit für sich kartografiert.

Anthropologie in Soho, New York City

Reise 11.10.12

Quelle: Sibella Court/National Geographic Deutschland

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Jedenfalls wie Court es darstellt in diesem "Styleguide", besteht New York für sie nur aus lohnenden Läden. Alles andere blendet sie aus, sie spürt keinen Milieus nach oder der Atmosphäre in einem Viertel. Entsprechend anstrengend ist es, ihr zu folgen. Neun Stadtspaziergänge schlägt sie vor, thematisch strukturiert: Düfte und Blumen an einem Tag, an einem anderen Mode und Textilien, dazwischen - eine eigenwillige Kombination - Schmuck und Eisenwaren. Fußläufig ist da wenig, allenthalben empfiehlt Sibella Court eine Taxifahrt, um das nächste jener Geschäfte zu erreichen, von dem sie sagt: "Ich liebe es."

Pearl River Chinese Department Store in Little Italy, New York

Reise 11.10.12

Quelle: Sibella Court/National Geographic Deutschland

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Verschwenderischer als sie kann man mit dieser Emotion kaum umgehen. Das alles hat mitunter etwas von einer Hatz. Und basiert natürlich sehr auf den Vorlieben einer einzigen Person. Andererseits darf Einkaufen ruhig anstrengend sein, das Vergnügen kommt dann daheim beim Auspacken.

Michele Varian Furniture and Oddities Shop in Little Italy, New York City

Reise 11.10.12

Quelle: Jessica & Martin Reftel/National Geographic Deutschland

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Ausgeruhter ist Saska Gravilles London-Führer. Wobei der Autorin zupass kommt, dass diese Metropole nach wie vor als eine Ansammlung vieler Dörfer durchgeht. Graville hat sich ein gutes Dutzend Sprengel herausgesucht, durch die man schlichtweg bummeln kann. Und sie hat für jedes dieser Quartiere einen Paten gefunden, der erzählt, wo er gerne frühstückt, wie er seine Wochenenden verbringt - und was unter "London style" zu verstehen sei. Wobei in diesem Punkt zehn Leute zwanzig verschiedene Antworten geben.

Annie's Vintage Costumes and Textiles in Islington, London

Reise 11.10.12

Quelle: Jessica & Martin Reftel/National Geographic Deutschland

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Auf eines können sich allerdings viele verständigen: Vintage ist derzeit das größte Ding in London - alte Sachen also oder Sachen alt aussehen lassen, das prägt die Dekors vieler Bars, Cafés, Shops - und spiegelt sich in dem, was sie feilbieten.

Hinzu kommt, um zu den Unterschieden zwischen den beiden Büchern zurückzukehren, dass Saska Graville offenbar deutlich lieber isst als Sibella Court - Restaurants nehmen in dem London-Buch einen entsprechend breiteren Raum ein. Was ihm prompt eine größere Gemütlichkeit einträgt.

Treacle Cake Shop in Columbia Road, London

Reise 11.10.12

Quelle: Jessica & Martin Reftel/National Geographic Deutschland

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Und bodenständiger wird der Band auch dadurch, dass jeder der Paten drei Dinge nennen soll, die kein Besucher der Stadt versäumen sollte zu tun oder zu sehen - diese Empfehlungen sind selten überkandidelt: ein Spaziergang etwa über die Millennium Bridge, in einem offenen Bus durch die Stadt fahren. Charmant ist, dass in beiden Büchern Preise kein Thema sind. Um einen rein materiellen Wert geht es ohnehin in den seltensten Fällen.

The Lansdowne Pub in Primrose Hill, London

Reise 11.10.12

Quelle: Jessica & Martin Reftel/National Geographic Deutschland

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Die Frage dürfte in der Regel sowieso nicht die sein, ob man sich dieses Lokal oder jenen Einkauf leisten kann, sondern ob man ihn sich leisten möchte. Ob man also bereit ist, sich für ein besonderes Abendessen oder ein spezielles Kleidungsstück zu ruinieren. Die beiden Bücher geben gute Anhaltspunkte, wo es lohnend sein könnte, sich in Versuchung führen zu lassen.

Margaret Howell Fashion and Furniture in Marylebone, London

Reise 11.10.12

Quelle: Jessica & Martin Reftel/National Geographic Deutschland

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Saska Graville: Styleguide London. Eat shop love it. Aus dem Englischen von Michael Sailer. National Geographic Deutschland, Hamburg 2012. 296 Seiten, 24,99 Euro.

Sibella Court: Styleguide New York. Eat shop love it. Aus dem Englischen von Frank Michael von Berger. National Geographic Deutschland, Hamburg 2012, 288 Seiten, 24,99 Euro.

Pelicans and Parrots Vintage Interiors and Fashions Shop in Dalston, London

© SZ vom 11.10.2012/kaeb
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