Reisebuch:Leiter zum Himmel

Reisebuch: Hans Heiß, Rudolf Holzer: Sepp Innerkofler. Bergsteiger, Tourismuspionier, Held. Folio Verlag, Wien/Bozen 2015. 128 Seiten, 19,90 Euro.

Hans Heiß, Rudolf Holzer: Sepp Innerkofler. Bergsteiger, Tourismuspionier, Held. Folio Verlag, Wien/Bozen 2015. 128 Seiten, 19,90 Euro.

Der Bergführer Sepp Innerkofler ist der Held in einer neuen Biografie. Sie beschreibt den Südtiroler auch als Tourismuspionier für seine Heimat. Etwas mehr kritische Distanz hätte dem Buch allerdings gutgetan.

Von Hans Gasser

Je kleiner das Land, desto größer die Helden. Und wenn sich ein kleines Land so sehr über den Tourismus definiert, wie dies Südtirol tut, passt Sepp Innerkofler perfekt. Denn der Mann war um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nicht nur der berühmteste Bergführer des Ortes Sexten, sondern auch ein erfolgreicher Hotelier, am Ende zudem Soldat im Ersten Weltkrieg. Dass er schon 1915 im Juli am Gipfel des Paternkofels angeblich durch italienische Kugeln starb, hat den Mythos um ihn noch befeuert.

Zum 100. Todestag skizzieren nun, unterstützt von Gemeinde, Land und Raiffeisenbank, der Historiker Hans Heiß und der Sextener Dorfchronist Rudolf Holzer das Leben Innerkoflers. Dieses verlief parallel zum Aufstieg Sextens zu einem Bergsteiger- und Tourismusort. 1865 in einfache Verhältnisse geboren, wollte Innerkofler nicht wie sein Vater und Großvater Mühlsteine klopfen. Seine Fähigkeit zum Klettern zeigte sich schon früh, und weil mit der Pustertal-Bahn immer mehr Fremde zum Bergsteigen kamen, ergab sich für den Bergführer eine gute Einnahmequelle. Sein Können sprach sich herum, bekannte Persönlichkeiten buchten seine Dienste: der Berliner Schriftsteller Leon Treptow oder die Pionierin des Frauenkletterns, Jeanne Immink. Mit ihr unternahm Innerkofler viele schwierige Klettertouren. "Er fand den Weg stets mit bewunderungswürdiger Sicherheit", schrieb Immink ihm in sein Tourenbuch, er mache "seinem rühmlichen, bekannten Namen alle Ehre". Leider hinterfragt das Buch den Heldenstatus nicht, sondern verstärkt ihn noch, es fehlt die kritische Distanz des Historikers. Immerhin erfährt man einiges zur Tourismusgeschichte von Sexten.

Für die Erstbesteigung von Gipfeln war Innerkofler zu spät geboren. Er beging aber zwischen 1886 und 1907 rund 40 neue Routen, darunter die Nordwand der Kleinen Zinne, die dort damals als schwierigste Kletterei galt. Nur vor dem Kirchturm in Cortina soll der Bergfex kapituliert haben, er stieg nur bis zu den Glockenöffnungen: "Die Felsen hat der Herrgott gemacht, diese verflixte Leiter aber ein Zimmerer, dem ich nicht trau." Mit der Bergführerei verdiente er bald so viel, dass er gemeinsam mit seiner Frau nicht nur die Dreizinnenhütte pachten, sondern ein großes Hotel bauen konnte und so vom Fremdenverkehrsboom vor dem Ersten Weltkrieg profitierte.

Im Krieg wurde er zum Patrouillengänger, der wusste, wo er den Feind ausspähen konnte. Zwischen den Einsätzen jagte er Gamsen oder trank Wein mit Freunden. Beim Versuch, den Gipfel des Paternkofels von den Italienern zurückzuerobern, starb er. Erst 1975 sagte sein Sohn, der das Geschehen mit dem Fernglas beobachtet hatte, dem ORF, dass sein Vater nicht von einem italienischen Soldaten, sondern wohl irrtümlich von österreichischem Maschinengewehrfeuer getötet wurde.

Hans Heiß, Rudolf Holzer: Sepp Innerkofler. Bergsteiger, Tourismuspionier, Held. Folio Verlag, Wien/Bozen 2015. 128 Seiten, 19,90 Euro.

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