Reisebuch:Blaue Tage

Illustration für Reise

In Lissabon ist vieles eng. Manchmal weiß man nicht, ob man noch auf der Straße ist oder schon bei jemandem zu Hause. Illustration: Klobouk

Alexandra Klobouk hat ein Buch über Lissabons Geh- und Sehwege gezeichnet. Der Band ist ein perfekter Begleiter: Er unterhält, erheitert, tröstet und gibt auch noch Rat.

Von Stefan Fischer

Die Straßen von Lissabon sind zu eng, um sich aus dem Weg gehen zu können, schreibt Alexandra Klobouk über die Stadt, die ein Jahr lang ihr Zuhause war. Zwangsläufig müsse man aufmerksam sein, wenn man durch Lissabon laufe. Der große Vorteil: "Dadurch sieht man Dinge, die man sonst übersehen würde." Es gibt in Klobouks Band "Lissabon - im Land am Rand" eine Illustration, die die Gentrifizierung der vergangenen drei Jahre im Viertel Alfama und die neue Eile der Touristen zeigt. Was die Kulturillustratorin oder Bildergeschichtenerzählerin, wie sie sich wechselweise nennt, davon hält, schreibt sie gleich eingangs: "Wer darüber nachdenkt ein Segway zu mieten . . . sucht sich besser gleich ein anderes Buch als Begleiter."

Schon das ist ja eine schöne, eine sympathische Idee: Ein Buch nicht einfach nur mitzunehmen in eine Stadt, sondern es als einen Begleiter zu verstehen - den man um Rat fragen kann, der einen unterhält, erheitert, tröstet. Der die Einsamkeit vertreibt. Lissabon ist eine Stadt, so Klobouk, in der man sich verliert. Die aber doch so klein ist, dass man nie in ihr verloren geht. Stets taucht man wieder irgendwo auf; wenn auch nicht immer dort, wo man hinwollte. Vor allem wenn man die Hügel hinaufsteigt, hat man über kurz oder lang einen Ausblick auf die Stadt und ist wieder orientiert. Man dürfe, so Alexandra Klobouk, die vielen Miradouros beim Namen nehmen: Dort könne man Gold anschauen.

Die Illustratorin selbst ist in eine Wohnung gezogen mit einem weiten Blick, aber sie hat rasch begriffen, dass sie in den Bauch der Stadt hinabsteigen muss, wenn sie ein Teil von ihr werden will. Und genauso funktioniert auch ihr Buch: Man taucht hinein, stromert durch die Bilder, folgt seiner Neugier. Und wird immer wieder Zeuge einer Plauderei - in diesem Ton legt Klobouk ihre charmanten, oft pointierten kleinen Texte an. Sie sind auf Deutsch und Portugiesisch abgedruckt, einen kleinen Sprachkurs gibt es also obendrein.

Vor allem aber macht die Künstlerin sich in drei Farben - blau, weiß und schwarz - ein Bild von Lissabon, das stark genug ist, um sich vor das sattsam bekannte fotografische Œuvre der Tourismuswerbung zu schieben. Auch wenn Klobouk in ihren Illustrationen keine linearen Geschichte erzählt, hat man am Ende eben doch eine Graphic Novel gelesen, mit einer Stadt als kauzigem und durchaus auch verwundetem Helden.

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