Reisebildband Island:Kalte, scharfe Welt

Gefühlt kommt auf jeden Isländer mindestens ein Bildband. Doch nicht, weil die Fotografen einfallslos sind, sondern weil diese Insel sich ständig wandelt. In einem neuen Werk friert Fotograf Peter Gebhard den Augenblick ein und hält die Farben fest, auf einer Insel, die wie verwunschen wirkt.

Eine Rezension von Stefan Fischer

9 Bilder

Reisebildband Island

Quelle: P. Gebhard/Frederking & Thaler

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Auf jeden Isländer kommt mindestens ein Bildband. Das liegt auch daran, dass die Insel nie fad wird, weil sie sich ständig wandelt. Peter Gebhard friert den Augenblick ein und hält die Farben fest auf einer Insel, die wie verwunschen wirkt. Eine Rezension von Stefan Fischer.

Es gibt Länder, in denen leben mehr Schafe als Menschen. Und es gibt einen Inselstaat, in dem kommt auf jeden Bewohner ein Bildband, mindestens: Island. Das hat aber weniger mit einer womöglichen Einfallslosigkeit von Fotografen oder Reisebuchverlagen zu tun, als mit den Gegebenheiten auf dieser Insel. Denn sie ist vieles, nur eines niemals: lieblich. Und also auch selten: fad.

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Beileibe nicht jedes Fotobuch erfindet das Bild Islands neu, aber man kann dem Land doch sehr viel Unterschiedliches abschauen. Das liegt am Wind, der die vielen Wolken in Bewegung hält und damit das Licht unentwegt verändert. Und es liegt an einer Geologie, die nach wie vor fremd ist, kaum vergleichbar mit etwas, das man aus Mitteleuropa kennt.

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Nun also Peter Gebhard und sein Band "Island. Feuer und Eis". Vulkanausbrüche vor einer Landschaft aus Schnee und Eis sind besonders spektakulär, und auf einer Fotografie Gebhards kommt auch noch der Mensch ins Spiel: Mit Schneescootern ist ein halbes Dutzend Leute an den Lava speienden Vulkankrater des Fimmvörduháls gefahren. Nah genug, so steht zu vermuten, um die Wärme zu spüren und den Kitzel; und doch in einem respektvollen Abstand zu diesem Naturspektakel. Gebhard beobachtet die Beobachter, was seiner Aufnahme einen Witz verleiht und sie darüberhinaus programmatisch macht.

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Denn die Zahl der Island-Urlauber, so respektabel sie für eine Insel dieser Größe, dieses Klimas und - lange Zeit - dieser Preisgestaltung ausfällt, ist immer noch deutlich geringer als die derjenigen, die Island nur aus Reisedokumentationen im Fernsehen kennen und von Fotografien wie denen Gebhards.

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Wenn der Fotograf die Weite der Landschaft einfängt, fällt die radikale Schärfe auf, mit der er alles in den Blick nimmt; vom unmittelbaren Vordergrund bis an den kilometerweit entfernten Horizont. Gebhard inszeniert nicht nur die erdigen Farben, sondern auch die Strukturen der Landschaft, die durch Pflanzen, Gesteinsverformungen, Windverwehungen und manchem mehr geformt sind - mancherorts dauerhaft, an anderen Stellen nur für den Augenblick.

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Ihm ist, so kann man vermuten, Eis lieber als Feuer. Jedenfalls friert Peter Gebhard den Moment ein - selbst wenn er Feuer fotografiert. Aber auch die Aufnahmen von Wasserfällen, von den ins Meer gespülten Gletschersedimenten, von Pferdemähnen sind Bilder der Ruhe, des Innehaltens, der Fixierung von etwas, das in den nächsten Sekunden schon wieder vollkommen anders aussieht.

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Auf diese Weise ästhetisiert Gebhard mitunter auch das Hässliche, zum Beispiel schwarzverdrecktes Gletschereis, ein rostendes Fischerboot auf einer Wiese oder den schmuddeligen Kai des Haifischfängerortes Gjögur. Er zeigt damit zugleich die Unwirtlichkeit und Lebenshärte auf Island.

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Die kennt er auch aus seinen vielen Begegnungen auf der Insel: Der Fotograf bereist Island seit mehr als einem Vierteljahrhundert, er hat Bekannte dort, Freunde. Von ihnen erzählt er in seinem Buch, teils in Bildern, mehr aber noch in seinen anekdotischen Texten. Sie nehmen dem Buch den Ruch des Exotischen, den die Bilder beinahe automatisch haben, erden diese auf den ersten Blick so unwirkliche, traumweltliche Landschaft.

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Was die Texte hingegen lediglich verdoppeln, weil es die Fotografien selbst bereits zeigen: die Wärme, die diese doch sehr kalte Insel dank ihrer vielen Braun- und Rottöne abstrahlt. Und also nicht nur, wenn wieder einer der Vulkane ausbricht oder ein Geysir seine heißen Fontänen in die Luft schießt. Geysire, zum Beispiel, kommen in Peter Gebhards Buch überhaupt nicht vor. Von den besseren Islandbüchern ist eben keines wie das andere.

Peter Gebhard: Island. Feuer und Eis. Frederking & Thaler, München 2013. 192 Seiten, 39,95 Euro.

© SZ vom 3.1.2013/kaeb
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