Reise-Ausstellung: Alpen-Wahn im Cartoon:Hang zum Witz

Alpinisten sehen den Bergsport als todernste Angelegenheit - dabei eignen sich Seilschaftsmythen und Grenzgänger-Pathos hervorragend für satirische Betrachtungen.

Dominik Prantl

9 Bilder

Abgründe

Quelle: Georg Sojer. Salü, 2009

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Der Bergsport ist meist eine todernste Angelegenheit. Wird doch der Humor nicht selten erstickt durch schwerfälligen Pathos über Grenzgänge, Selbstfindungsprozesse oder Seilschaftsmythen. Dabei eignet sich kaum etwas besser zur Satire als eine Szene, die sich immer noch in der Nische einer Subkultur wähnt, obwohl die Ausläufer des Alpinismus längst in die Spaß- und Spießergesellschaft reichen.

Abgründe

Quelle: Georg Sojer. Blitzer, 2009

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Und was lässt sich schöner karikieren als todesmutige Narzissten - die bei ihren risikofreien Sportarten zwischen Pistentourengehen und Hallenklettern changieren?

Abgründe

Quelle: Georg Sojer. Psssst, 2009

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Einige machen sich jedoch ihren Spaß aus dem alpinen Zirkus. Die Kommerzialisierung der Berge und deren folgsame Jünger sind dann auch der Stoff, dessen sich die drei bekanntesten deutschen Alpincartoonisten regelmäßig bedienen. Dass ihnen der seit einiger Zeit ebenfalls höchst trendbewusste Deutsche Alpenverein (DAV) mit "Abgründe. Cartoons von Erbse, Sebastian Schank und Georg Sojer" nun beinahe eine komplette Sonderausstellung im Alpinen Museum in München widmet, mag manchem zu viel der Ehre sein. Die drei haben ...

Abgründe

Quelle: Georg Sojer. Lotse, 2010

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... nicht nur eine eher krumme Vita und die Liebe zur Vertikalen gemeinsam, sondern hie und da auch einen eher geradlinigen bis flachen Humor. Dennoch sind ihre Cartoons, ob nun als Wimmelbild oder sequenziell, erfrischender als das notorische Mahnen der Hardcore-Alpinisten vor Trends und Trotteln. Sie sind weniger Kunst als der Versuch, manche Entwicklung bei allem Bedauern doch bitte nicht gleich zu überhöhen. Eine Kampagne gegen Verkrampfung am Berg.

Abgründe

Quelle: Sebastian Schrank. Versicherung

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Vor allem Sojer, der in etlichen Kletterhallen und Lehrschriften das Thema Sicherheit illustriert, hat eine Schwäche für die menschlichen Abgründe. Seine Zeichnungen führen immer auch Gratwanderungen vor Augen: Wann wird Fortschritt zum Hindernis, wann Masse zur Belastung, wo liegen die Grenzen der Technik und der Erschließung der Berge? Da sind beispielsweise die vier Gelegenheitswanderer (von Sebastian Schrank), die auf Felsblöcken stehend abwärts sausen, während einer von ihnen erklärt: "Keine Panik! Wir sind alle versichert!" Oder jene Herde von Tourengehern, die mit geschulterten Stühlen, Bierbänken und Sesseln nachts eine Hütte auf Skiern stürmen, denn: "Bei Vollmond werden die Sitzplätze rar."

Abgründe

Quelle: Sebastian Schrank. Aufstieg

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Die Ausstellung ist damit auch eine etwas andere Zusammenschau der aktuellen Probleme des Bergtourismus und Alpinismus. Freilich hat auch der Aufstieg des Alpincartoons mit der gestiegenen Nachfrage zu tun.

Abgründe

Quelle: Samivel. Der Kampf mit dem Engel Publiziert in: Samivel. Poet und Humorist der Berge. Bern, 1988

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Gänzlich neu ist er nicht, und es ist durchaus ein Jammer, dass viele ältere, teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammende Karikaturen zum Thema Berge nur als Platzfüller dienen. Interessanter als der Status quo sind nämlich ...

Abgründe

Quelle: Unbekannter Künstler. Der Gipfelstürmer. Postkarte, zwischen 1900 und 1912, Deutscher Alpenverein, M

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... der zeitliche Verlauf und die Erkenntnis, dass die Berggängerhorden schon 1919 für manche ein unerträgliches Maß erreicht hatten. Der Akademische Alpenverein (AAVM) karikierte den Trubel am Gipfel mit dem Hinweis: "Tempora mutantur, nos et mutamur in illis." Die Zeiten ändern sich, und wir werden in ihnen geändert.

Abgründe

Quelle: Sebastian Schrank. Gämschenklein, 2006-2011

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Informationen: Die Ausstellung "Abgründe. Cartoons von Erbse, Sebastian Schrank und Georg Sojer" ist bis 23. Oktober im Alpinen Museum auf der Praterinsel in München zu sehen. Di. bis Fr. von 13 bis 18 Uhr, Sa., So. von 11 bis 18 Uhr.

© SZ vom 28.4.2011/kaeb
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