Reggae auf Jamaika:Sound der Verdrängten

Drummers play to the beat of reggae music in Negril, Jamaica.

Klassischer Reggae wird in Kingston vor allem für Touristen gespielt.

(Foto: Piotr Redlinski/The New York Times)

Kaum eine Stadt hat den globalen Pop mehr beeinflusst als Kingston, von wo aus Bob Marley mit seinen Songs die Welt eroberte. Heute hat Jamaikas Hauptstadt andere Sorgen - und live gespielten Reggae muss man suchen.

Von Jonathan Fischer

Abends, wenn sich die Lichter von Kingston wie ein glühender Teppich die Bergflanken der Blue Mountains hochziehen, die schwüle Luft ein paar Grad abkühlt und die Menschen in Parks und vor den Hauseingängen zusammensitzen, dann wird die Musik dieser Stadt hörbar: Patois-Rufe, Motorradgehupe und dumpfe Bässe. Aus vorbeifahrenden Autos dringen Dancehall-Hits. Oder ein paar ölige metallisch verzerrte Gesangsfetzen. Nur wo die Andenkenstände Schals und T-Shirts in den Rastafarben rot-grün-gelb verkaufen, ist die Zeit stehen geblieben. "Get Up, Stand Up", "Buffalo Soldier", "Lively Up Yourself". Vier Jahrzehnte ist es her, dass Bob Marleys einschmeichelnde Melodien und synkopierte Bässe von Kingston aus ihre Heilsbotschaften um die Welt trugen. Heute stellen seine Mythen auch einen Wirtschaftsfaktor dar: Welcher Tourist könnte Jamaika besuchen, ohne "One Love" auf den Lippen zu führen? Das menschheitsumarmende Reggae-Gebet ist allgegenwärtig. Es prangt auf Taxis, auf Bussen, auf Kioskschildern.

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