Prag:Das Hotel als lebendes Museum

Wo Giacometti wie Jimi Hendrix ausschaut und auch Vaclav Havel nicht besonders gut wegkommt: ein Besuch im von Karikaturen übersäten Fünf-Sterne-Hotel Hoffmeister. Von Thomas Becker

Schon beim ersten Schritt ins Haus sind sie da: Dutzende Karikaturen, monströse Schädel, wulstige Lippen, filigrane Nasen, unheimliche Augen. Der tschechische Schriftsteller und Maler Adolf Hoffmeister war keiner, der den zu Karikierenden mit übermäßigem Wohlwollen unter die Feder nahm, hieß er nun Picasso, Dali oder Beckett. Knapp 6000 Arbeiten hat er gefertigt, eine Auswahl davon ist in dem Haus zu bewundern, das seinen Namen trägt: im Prager Fünf-Sterne-Hotel Hoffmeister auf der Kleinseite.

Hoffmeister lebte von 1902-73, war Dichter, Dramatiker, Diplomat und für zwei Jahre auch Rektor der Prager Kunstgewerbe-Hochschule. Seit den 30er Jahren zeichnete der Lebemann die Persönlichkeiten der ersten Jahrhunderthälfte so wie er sie kennenlernte und begriff. Da schaut der gute Picasso 1957 in Cannes reichlich angestrengt aus, Beckett ist 1970 ein einziges Faltenensemble und Giacometti schaut aus wie Jimi Hendrix, der die Gitarre gegen eine Statue getauscht hat. Bei Jean Cocteau scheinen 1930 die schwarzen Haare zu brennen, Jacques Prevert hat natürlich ein Weinglas in der Hand, James Joyce dagegen keine Augen hinter der Brille. So wie John Steinbeck 1957 in Tokio mag kein Mensch aussehen, und auch Vaclav Havel kommt 1968 nicht wirklich gut weg: blau gemusterter Hemdkragen, viel zu bunte Krawatte, dicke Unterlippe, Maccaroni-Haare. Dagegen: Charlie Chaplin in seinen Riesenschlappen als Hochseilartist - das hat ihm sicher gefallen.

Allein die Betrachtung dieser so prominent besetzten Galerie der Bravourporträts (noch dabei: Milan Kundera, Francois Mitterrand, Milos Forman, Juan Miro, Bert Brecht, Virginia Woolf, Le Corbusier) lohnte schon den Besuch des Hotels. Um die komplette Sammlung zu sehen, muss man allerdings öfter kommen: Die Zeichnungen und Karikaturen sind über sämtliche 36 Zimmer und fünf Appartements verteilt; jeder Gast hat also einen oder mehrere Hoffmeister ganz für sich - im Hotelzimmer.

Doch die sind auch ohne die Kunstwerke äußerst ansehnlich: Honeymoon-Suite über zwei Stockwerke, Himmelbetten, Säulen- und Badelandschaften, mutige Farbkombinationen, dominiert von sehr warmen Tönen. Das 20er-Jahre-Dekor setzt sich im erstklassigen Restaurant Ada fort: Kristall-Lüster, Kaminfeuer, ein Mann am Klavier sowie eine Speisen- und Weinkarte, die selbst bei ausgesprochenen Feinschmeckern keinen Wunsch offen lässt. Martin Hoffmeister, der Sohn des Künstlers, ein knuffiger Mittfünfziger, der eigentlich nicht Hotelier, sondern Filmregisseur ist, sagt über sein Haus: "Für mich ist es ein gemütliches Fünf-Stern-Museum mit Übernachtungsmöglichkeit und exzellenter Küche." Und das auch noch unmittelbar am Fuß des Burgbergs gelegen, an einem der Startpunkte zum Marsch auf den Hradschin.

Im Sommer erfuhr das lebende Museum in der Pod Bruskou nun eine Erweiterung, die in Hoffmeister junior wieder mehr den Hotelier forderte: Im Haus nebenan entstehen zweistöckige Luxus-Appertements, im Haus oberhalb gibt es bereits mehrere Suiten samt einem extravaganten Wellness-Bereich im historischen Kellergewölbe aus dem 15.Jahrhundert - einem der wenigen Plätze, wo die Gäste auf die Kunst Adolf Hoffmeisters verzichten müssen: Es ist einfach zu heiß im steinernen Dampfbad.

Weitere Informationen: www.hoffmeister.cz

Preise: Doppelzimmer ab 190 Euro, Honeymoon-Suite: ab 390 Euro

Tel. 00420 2 51017111

E-Mail: hotel@hoffmeister.cz

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