Personalnot bei Skyguide:Der Lehrling als Fluglotse

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Bei der Schweizer Flugsicherung sollen derzeit noch weniger Leute arbeiten als zur Zeit des Absturzes einer Passagiermaschine bei Überlingen.

Die Schweizer Flugsicherung Skyguide leidet nach einem Bericht der Schweizer Sonntagszeitung unter akuter Personalnot. Am Flughafen Zürich hätten mehr als 30 von 140 Fluglotsen und Assistenten gekündigt, schreibt das Blatt und nennt als Grund ein schlechtes Arbeitsklima.

Ein Fluglotse der Skyguide auf dem Tower des Flufhafens Zürich-Kloten, Schweiz, überwacht per Fernglas den Flugverkehr. (Foto: Archivfoto: AP)

Die Unterbesetzung sei gravierender als beim Flugzeugunglück von Überlingen am 1. Juli 2002 mit 71 Todesopfern.

Unternehmenssprecher Patrick Herr nannte den Zeitungsbericht "konstruiert und in seinen Schlüssen falsch". Es gebe keine Sicherheitsmängel, betonte er.

Das Unternehmen kontrolliert auch Teile des süddeutschen Luftraums. Wegen des Überlingen-Unfalls, bei dem zwei Maschinen in der Luft kollidierten, sind acht skyguide-Mitarbeiter der fahrlässigen Tötung angeklagt. Ein Prozesstermin steht noch aus.

Nach Herrs Angaben haben seit Jahresbeginn in Zürich lediglich fünf Fluglotsen gekündigt. Dabei habe es sich um Ausländer gehandelt, die meist aus familiären Gründen in ihre Heimat zurückkehren wollten.

Die Zahl der Fluglotsen-Assistenten sei rückläufig, weil deren Aufgaben nach und nach automatisiert würden. Am skyguide-Standort Genf sei das bereits der Fall. Viele Assistenten würden intern versetzt.

Ehemalige Mitarbeiter berichten der Sonntagszeitung zufolge von Führungs- und Sicherheitsmängeln. Wie beim Überlingen-Unglück würden Lotsen allein vor dem Radarschirm gelassen; Skyguide habe einen Vorfall bestätigt, bei dem ein Lehrling ohne Aufsicht Flugzeuge gelotst habe.

Herr erläuterte, dass ein Ausbilder seinen Platz zwei Minuten zu früh verlassen und nun disziplinarische Konsequenzen zu erwarten habe.

"Ein solches Verhalten ist absolut inakzeptabel", betonte er. Im übrigen verwies der Skyguide-Sprecher auf das interne Sicherheitsmanagement. Der internen Meldestelle könnten alle Beschäftigten anonym ihre Beobachtungen, Anregungen oder Sorgen mitteilen.

"Wenn Mitarbeiter diesen Weg nicht beschritten haben, dann wirft das ein seltsames Licht auf diese Aussagen gegenüber der Presse", meinte Herr.

Alain Rossier, seit 2001 an der Spitze der Schweizer Flugsicherung, hatte Mitte Dezember gekündigt und war umgehend freigestellt worden.

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