Panne nach Kreuzfahrtunglück:Bahn lässt "Concordia"-Überlebende stehen

Das Schiffsunglück auf der "Costa Concordia" hatte ein älteres Paar aus dem Westerwald überlebt - doch auf der Heimreise kamen ihnen Mitarbeiter der Bahn in die Quere.

Mit dem Leben kamen zwei Passagiere nach der Havarie der Costa Concordia davon. Doch da sie dabei ihr Hab und Gut auf dem Kreuzfahrtschiff zurücklassen mussten, bekamen sie es mit unflexiblen Mitarbeitern der Bahn zu tun. Die verwehrten den Schiffbrüchigen die Heimreise mit dem ICE - weil diese kein Geld für eine Bahnfahrkarte dabei hatten.

Wie ein Sprecher des Unternehmens mitteilte, habe sich der Vorstand inzwischen bei dem 70 Jahre alten Mann und seiner 66 Jahre alten Frau aus dem Westerwald für die Panne entschuldigt. Statt der Bundespolizei am Fernbahnhof des Flughafens die Notlage zu schildern, hätten die beiden mit dem Zugpersonal verhandelt, das für solche Situationen nicht ausgebildet sei. Nun sollen die zuständigen Mitarbeiter ausfindig gemacht und der Fall geprüft werden. Die Bahn will dem Ehepaar außerdem "etwas Gutes tun".

Gleichzeitig machte der Sprecher den Reiseveranstalter für die missglückte Heimreise der beiden verantwortlich. "Generell muss der Reiseveranstalter sicherstellen, dass seine Gäste in einem solchen Fall nach Hause kommen", sagte er. Das Ehepaar war nach dem Schiffsunglück vor der toskanischen Küste mit einem Reisebus von Italien aus zum Fernbahnhof des Frankfurter Flughafens gebracht worden. Von dort aus wollte es mit dem ICE nach Hause fahren. Der Sohn des Paares holte seine Eltern schließlich mit dem Auto ab.

Forderungen an den Veranstalter

Nicht nur um die Heimreise seiner verunglückten Passagiere muss sich der Kreuzfahrt-Veranstalter Costa Deutschland kümmern. Auch andere Forderungen dürften auf das Unternehmen zukommen. Nach dem Schiffsunglück der Costa Concordia vergrößert sich die Zahl der Passagiere aus Deutschland, die Schadensersatzforderungen geltend machen. Zu den fünf Touristen, die bereits Ansprüche in Höhe von rund 100.000 Euro gestellt hätten, würden in der kommenden Woche wohl noch weitere hinzu kommen, sagte Opfer-Anwalt Hans Reinhardt. In den nächsten Tagen führe er Gespräche mit mehreren Touristen, die beabsichtigen, sich Geld zurückzuholen. Die bisherigen Forderungen kämen von zwei Ehepaaren und einer Frau aus Nordrhein-Westfalen. "Allein für die psychische Beeinträchtigung werden 2.500 Euro Schmerzensgeld pro Person geltend gemacht", sagte Reinhardt.

Auch auf die Erstattung von Gepäck, Kleidung und Wertsachen haben Passagiere Anspruch. Laut den neuen EU-Passagierrechten gelte hierbei eine Höchstgrenze von umgerechnet etwa 2400 Euro pro Person. Für Wertsachen wie Schmuck werden bis zu rund 3500 Euro erstattet. Dafür müssen sie aber im Safe der Schiffsrezeption verwahrt worden sein - und nicht im Zimmersafe. Alle Ansprüche müssten innerhalb eines Monats geltend gemacht werden, erläutert der Reiserechtler Prof. Ernst Führich. Die betroffenen Passagiere weisen durch Quittungen am besten genau nach, was im Gepäck war. Adressat der Ansprüche sei Costa Deutschland.

Vertane Urlaubszeit

Darüberhinaus können betroffene Passagiere weitere Forderungen stellen. Zum einen müsse der Reisepreis für die ausgefallenen Tage erstattet werden, erläutert der Reiserechtler. Zum anderen müsse die Reederei Costa Crociere Schadenersatz für die vertane Urlaubszeit leisten. Im Fall der Costa Concordia gelte der gesamte Urlaub als vertan, darum müsse der Veranstalter den kompletten Reisepreis als Schadenersatz zahlen. Da die Passagiere zum Zeitpunkt des Unglücks unterschiedlich viele Tage an Bord waren, stehen ihnen in der Summe verschiedene Beträge zu.

Haben Passagiere auch ihre Anreise über den Veranstalter Costa gebucht, gibt es dafür ebenfalls das Geld zurück.

Kostenlos umbuchen

Kunden, die in den kommenden Wochen eine Kreuzfahrt mit der Costa Concordia gebucht haben, dürfen kostenlos umbuchen oder stornieren. "Der Reiseveranstalter kann mich auf andere Schiffe umbuchen, das muss ich aber nicht annehmen", erklärt Führich. Costa hat angekündigt, den Betroffenen alternative Angebote zu machen. Haben Kunden auf einem anderen Costa-Schiff oder bei einem anderen Veranstalter gebucht, können sie diese Kreuzfahrt nicht aus Angst kostenlos stornieren, erläutert die Verbraucherzentrale Brandenburg. Auch eine Reiserücktrittsversicherung springt in solchen Fällen in der Regel nicht ein.

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