Nordic Cruising:Ein neuer Trend wird geboren

Langlaufen, einst ein Sport mit angestaubtem Image, wandelt sich zum trendigen Kultsport gesundheitsbewusster Gelegenheitssportler.

Traian Grigorian

Glaubt man den Ski-Herstellern, dann wird Nordic Cruising der Trend der kommenden Wintersaison. Nordic Cruising isteigentlich nichts anderes als Skilanglauf. Doch weil das Wort an sich ein so angestaubtes Image besitzt und nicht zum aktuellen Lifestyle passen will, ist es wieder Zeit für etwas Neues. Für eine Bewegung, die Spaß macht, cool und trendy ist. Ähnlich wie das Nordic Walking, das gesundheitsbewusste Gehen mit Stöcken. Ziel der Sportartikelindustrie ist es, die gleichen Sportler nun auch im Winter zur Bewegung zu animieren und sie für Aktivitäten im funkelnden Schnee zu begeistern.

Nordic Cruising: Gleiten in der Morgensonne: Loipe nahe Inzell (Bayern)

Gleiten in der Morgensonne: Loipe nahe Inzell (Bayern)

(Foto: Foto: ddp)

"Das Wesen des Skilanglaufs ist es, draußen in der Natur zu sein, auf natürlichem Schnee dahinzugleiten und mit sich selbst in Gleichklang zu kommen", sagt Bayerns Vorzeigelangläufer Peter Schlickenrieder, Silbermedaillengewinner im Skating-Sprint von Salt Lake City. Seit dem Ende seiner aktiven Sportlerlaufbahn ist er zum rastlosen Botschafter der "nordischen Bewegung" geworden.

Und das mit gutem Grund: Langlaufen aktiviert 95 Prozent der Muskulatur, das heißt mit anderen Worten: Es stärkt Beine und Po, kräftigt die Arme, bringt den Oberkörper in Form und erfordert nur ein Minimum an Ausrüstung. Außerdem ist es ein ideales Herz-Kreislauftraining und beugt somit Bluthochdruck, Infarkten und Diabetes vor. Langlaufen steigert die Durchblutung, erleichtert den Abtransport von Schadstoffen und ist daher ideal bei Venenproblemen.

Wurden vom Skating und dem klassischen Langlauf bisher eher Ausdauersportler und Senioren angesprochen, so soll es dem Nordic Cruising gelingen, die Lücke zum Breiten- und Trendsportler zu schließen. Mittel zum Zweck sind die neuen Cruiser. Sie sind breiter, kürzer, schwerer als klassische Langlaufski und liegen damit sicherer in der Spur. Der stabilere Stand wird mit kürzeren Gleitphasen erkauft, nicht unbedingt ein Nachteil, wenn man den neu hinzugekommenen Aktionsradius in Betracht zieht: Mit den Cruiser-Ski kann man die Loipe auch mal verlassen und Querfeldein ungestört seine Spuren ziehen.

Die Industrie zeigt sich euphorisch und ist vom Erfolg überzeugt. Ein marktführender Skihersteller verrät, dass nur 15 Prozent der Langlaufski von stark ambitionierten Läufern gekauft werden. Der Löwenanteil liegt somit bei den Gelegenheitssportlern, die selbstverständlich gut bedient werden wollen. Am besten mit Komplettsets, die aus Ski, Bindung, Schuhen und Stöcke bestehen.

An dem neuen Nordic-Sport-Boom stricken aber auch Verbände, Tourismusvereine und Medien kräftig mit. Beim DSV (Deutscher Ski-Verband) werden künftige Instruktoren intensiv auf die neue Zielgruppe der gesundheitsorientierten Gelegenheitssportler vorbereitet. Gerade Anfängern sollte man "die Frustration eines Sturzes ersparen", sagt Schlickenrieder. Bei den Nordic Cruisern geht es in erster Linie nicht um die Weitergabe läuferischer Wettkampftechniken, sondern darum, "Spaß an der Bewegung in frischer Luft zu vermitteln".

Schlickenrieder geizt nicht mit seinen Erfahrungen und hilft bei der Entwicklung der Lehrpläne. Die Idee: Einen neuen Skilehrertypus zu schaffen, der vor allem zum Sport animieren soll. Das wollen auch die Fremdenverkehrsverbände, die an eine Fortsetzung des Nordic-Walking-Booms glauben. So entstehen im gesamten Alpenraum "Nordic-Zentren" mit beschilderten Wegnetzen, Instruktoren, Lauftreffs und Kursen.

Fehlen nur noch die Medien. Neben den neuen Nordic-Sports-Fachmagazinen greifen klassische Mitmachsendungen im Fernsehen den Trend auf. Wie zum Beispiel Telegym im Bayerischen Fernsehen. Und wie könnte es anders sein: Der Vorturner heißt Peter Schlickenrieder.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: