Nachgetreten:Die Rache des Gastes

Hotel-Bewertungsportale im Internet können hilfreich sein, sind aber nicht gefeit vor Manipulationen.

Hans Gasser

Beim Zwei-Sterne-Hotel "Es Corso" in Porto Colom an der Südostküste Mallorcas ist sich die Kritikerschaft ziemlich einig. "Schon beim Reingehen hatte man das Gefühl in einen Bunker zu gehen", schreibt ein Urlauberpaar auf www.holidaycheck.de. "Seinen Tisch musste man erst selber mit einer sauberen Tischdecke bestücken, nachdem man das Geschirr des Vorgängers selbst abgeräumt hatte", notieren Annette und Frank aus Uedem.

Der große Pool immerhin sei das einzig Tolle an dem Hotel, "allerdings setzen Sie sich nicht auf den hellblauen Rand, der färbt bei der Hitze ab, all unsere Badesachen sind hin." Dagegen kann Yvonne aus Berlin das Gejammer nicht verstehen: "Aber Leute, ich weiß ja nicht, was ihr erwartet für das Geld, eine Luxusherberge, in der euch noch der Popo gewischt wird, ist ja wohl um einiges teurer."

Internet als Entscheidungshilfe

Rund zehn größere Hotelbewertungsplattformen gibt es in Deutschland. Urlauber können dort ihre Freude oder ihren Ärger über Hotels kundtun, damit andere sich ein Bild davon machen können und sich nicht auf die blumigen Katalogtexte und Bilder verlassen müssen. Laut Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) geben 38 Prozent der Bevölkerung das Internet als Informationsquelle an, die letztlich zur Reiseentscheidung geführt hat. Die Relevanz des Internets als Informationsquelle für Reisen ist in den vergangenen drei Jahren um 83 Prozent gestiegen.

Deshalb wundert es nicht, dass immer neue Hotelbewertungsseiten entstehen, oft in Kombination mit der Möglichkeit zur Online-Buchung von Reisen. Wie vertrauenswürdig allerdings die Angaben der Nutzer sind, und ob nicht vielleicht Hoteliers selbst oder von ihnen beauftragte Stammgäste allzu positive Kommentare hineinstellen, lässt sich nicht so leicht kontrollieren.

Hoteliers mischen selbst mit

Etwa zehn Prozent aller Kommentare stammten von Hoteliers oder von ihnen beauftragten Werbeagenturen, schätzt Donovan Dunker. Er betreibt das Portal www.hotelkritiken.de, seit er selbst auf eine unzutreffende Katalogwerbung für ein Fünf-Sterne-Hotel auf Kuba hereingefallen ist. Dunker betreibt das Portal als Hobby: "Entweder ich selbst oder jemand aus meiner Familie liest jede einzelne Kritik durch."

Rund 500 sind es bei dem relativ kleinen Portal pro Monat. Wenn dabei eine besonders blumige Katalogsprache oder sehr spezielles Insiderwissen vorkäme, dann werde die Kritik aus dem Netz genommen. Zwar könne man nie alles entdecken, sagt Dunker. Doch immerhin hat er bei einem Test der Zeitschrift Geo als Einziger zwei von den Redakteuren manipulierte Kritiken aussortiert, die den Filtern aller großen Portale entgangen waren.

Die Rache des Gastes

Auch bei www.holidaycheck.de, dem mit 28 500 Hotels und rund 1000 Bewertungen täglich größten Portal in Deutschland, werde jede Kritik gelesen, sagt Unternehmenssprecher Axel Jockwer. Und dies unabhängig von Computerfiltern, die auf Reizwörter wie "atemberaubende Aussicht" oder "Panoramablick" reagieren.

Natürlich könne man nicht alle Manipulationen erkennen. "Aber selbst wenn zwei bis drei Prozent Getürktes unentdeckt bleibt, fällt das bei der Vielzahl von Bewertungen, die viele Hotels bei uns haben, nicht ins Gewicht." Holidaycheck, gegründet 1999 von Studenten als reine Bewertungsseite, wurde diesen Sommer mehrheitlich von zwei Online-Ablegern des Burdaverlags (Fokus) übernommen. Man finanziert sich neben der Bannerwerbung vor allem durch die Vermittlung von Reisen über ein eigenes Onlinereisebüro. Das bedeutet, wer eine gute Kritik liest, kann sich gleich weiterklicken und einen Urlaub in diesem Hotel buchen.

Jockwer findet nicht, dass dies der Glaubwürdigkeit seines Unternehmens schade. Man habe etwa 150 0000 Zugriffe und verkaufe dabei gerade mal 100 Reisen täglich. "Wir würden uns nie die Finger verbrennen, indem wir Kritik schönen oder mit Hoteliers zusammenarbeiten." Im Gegenteil, man sei im Dauerstreit mit 30 bis 40 Hoteliers, die mit Unterlassungsklagen drohten, weil sie mit der zum Teil harschen Kritik nicht einverstanden seien.

Kontrolle durch die User

In einer in diesem Sommer veröffentlichten Studie der FH Heilbronn schneidet Holidaycheck am besten ab, gefolgt von www.hotelkritiken.de und www.trivago.de (Studie unter www.tsebe.de). Claudia Brözel, Autorin der Studie und gleichzeitig Vorsitzende des Verbandes für Internetreisevertrieb, sieht "den einzigen Weg zu einem vertrauenswürdigen Portal in der verantwortungsvollen Kontrolle der User und ihrer Bewertungen". Immerhin sechs von elf getesteten Portalen hätten manipulierte Kritiken ohne Überprüfung online gestellt. Bei vier Portalen musste man sich überhaupt nicht registrieren, sie boten damit den Betreibern auch keine Möglichkeit, mittels E-Mail-Adresse und IP-Adresse des Computers die Identität der Kritiker zu überprüfen.

Ob nun dem Ratsuchenden selbst vertrauenswürdigen Bewertungsseiten unbedingt eine Hilfe sind, ist eine andere Frage. Wenn nämlich über dasselbe Haus der eine vom Traumhotel und der andere vom Horrorurlaub schreibt, ist man so klug wie zuvor. Da ist es immer noch das Beste, auf den Rat von Freunden oder Verwandten zu hören. Das tun, laut FUR, immer noch 70 Prozent aller deutschen Urlauber.

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