Myanmar:Endlich am perfekten Strand

Traumbucht gefunden: weißer Strand, glasklares Wasser, kein Dorf in der Nähe - auf einer der 800 Inseln des Mergui-Archipels.

Traumbucht gefunden: weißer Strand, glasklares Wasser, kein Dorf in der Nähe - auf einer der 800 Inseln des Mergui-Archipels.

(Foto: Altaf Qadri/AP)

Erst seit Kurzem dürfen Ausländer durch den Süden Myanmars reisen. Sie finden schöne, einsame Inseln vor - und Menschen, die sich schon vor zu vielen Touristen fürchten.

Von Barbara Bachmann

Wer das Paradies erreichen will, der muss Abenteuerlust mitbringen. Und Geduld. Geteerte Straßen gibt es hier nicht mehr, Straßenschilder nur wenige. Wozu auch? Die Einheimischen kennen sich ja aus. Und wer als Fremder in diesen entlegenen Teil Myanmars fährt, ganz in den Süden in die Region Tanintharyi, der behilft sich mit Google-Maps. Am Ende geht es über Stöcke und Steine einen Hügel hinauf, man blickt hinunter, und da liegt er: ein Sandstrand vor tiefblauem Wasser.

Das Meer hat kleine Becken geformt, in die man sich legen kann, das Wasser ist still und lauwarm wie in einer Badewanne. "Endlich habe ich das Gefühl, nicht zu spät geboren zu sein", sagt Mike Campbell und blickt übers Meer. Monatelang ist der 30 Jahre alte Kanadier durch Südostasien gereist, auf der Suche nach dem perfekten Strand. Nun, so erscheint es, ist er am Ziel.

Seit ein paar Jahren kommen immer mehr Touristen nach Myanmar. Die meisten schaffen es aber nur ins Kernland, nach Bagan, an den Inle-See und nach Mandalay. Die Inselwelt im wilden Süden war für Ausländer über Jahrzehnte gesperrt, erst seit 2013 ist es möglich, über Land hierher zu reisen, manche Straßen wurden sogar erst 2015 für Touristen geöffnet. In Dawei, der Hauptstadt der Region, zählte man im Oktober 2013 keine zehn Gäste.

160518_ch_2

SZ-Karte

Die Hafenstadt ist Ausgangspunkt für Tagesausflüge zu verlassenen Stränden wie jenem, den Backpacker Campbell gefunden hat. Von hier aus sieht man kein Haus, keinen Strommasten, nichts, das den Anblick stören würde. Die Hütten liegen so versteckt im Dickicht, dass man sie erst wahrnimmt, wenn man auf dem Motorrad vorbeisaust. Begleitet von Zurufen und Winken der Einheimischen, als sei man ein wichtiger Staatsbesuch - so selten verirrt sich ein Ausländer hierher.

Die Menschen im Süden Myanmars verdienen ihr Geld nicht mit Tourismus. Sie leben vom Fischfang, vom Handel, von Gummi- und Kokosplantagen und dem Bergbau. Dabei ist das touristische Potenzial riesig. "Es gibt keine Konflikte wie in anderen Gegenden Myanmars, die Infrastruktur der Gegend wird ständig verbessert und die Schönheit der Natur spricht für sich", sagt Andre Schneegass, Jahrgang 1983. Man kann den dunkelblonden, knapp 1,90 Meter großen Thüringer getrost als Abenteurer bezeichnen.

Schneegass ist einer, der sich lieber durch den Dschungel kämpft und von Hornissen stechen lässt, als einen ausgetretenen Pfad zu gehen. Er hat Wirtschaftsinformatik in Stralsund studiert, in Deutschland Drachenbootrennen organisiert und in Australien als Lastwagenfahrer für Kupfer- und Goldminen gearbeitet. 2013 kam er erstmals nach Myanmar. "Ich wollte ein Backpacker-Hostel eröffnen", sagt er. Der Süden Myanmars, diese wilde unberührte Gegend, habe es ihm auf Anhieb angetan. 60 Kilometer südlich von Dawei hat Schneegass seine Traumbucht gefunden: weißer Strand, glasklares Wasser, kein Dorf in der Nähe. Weil Ausländer in Myanmar kein Grundstück kaufen dürfen, hat er sich mit einem Einheimischen zusammengetan. Seit 1. März stehen fünf Bungalows, im Oktober soll die zweite Hälfte des Resorts "Myanmar Paradise Beach" in Betrieb genommen werden.

Bisher finden sich in der Gegend erst an einem Ort Unterkünfte direkt am Meer: am Maung-Magan-Strand, dem am leichtesten zugänglichen, aber am wenigsten sehenswerten unter den Stränden hier. Unter Schatten spendenden Bäumen sitzen dort Einheimische, ihre Gesichter sind bemalt mit Thanaka; die helle Paste trägt in Myanmar fast jeder im Gesicht - sie wird aus einer Baumrinde gewonnen und dient als Sonnenschutz.

Die Menschen hier gehen voll bekleidet baden. Zwei Touristinnen liegen im Bikini am Strand, die Einheimischen beachten sie nicht. In den Restaurants werden frischer Fisch und Meeresfrüchte für umgerechnet drei Euro serviert. Niemand spricht Englisch. Ein Mädchen ist sichtlich überfordert, als sich eine Touristin beschwert, weil ihr der Shrimps-Salat zu scharf ist.

Der Tourenanbieter nennt die Insel "Far Away Island". Sie soll geheim bleiben

"Die Einheimischen sind nur zum Teil vorbereitet auf den Tourismus", sagt Kaung Kyaw Moe, Besitzer des Hotel "Grand Jade" in Myeik, der größten Stadt der Region. Für Fahrten hierher brauchte man bis 2014 noch eine Sondergenehmigung. Myeik wirkt auf den ersten Moment schmutziger, wuseliger und ärmer als Dawei. Aber in Beik, wie die rund 300 000 Einwohner ihre Stadt nennen, wohnen Buddhisten, Christen und Muslime friedlich zusammen, das ist nicht überall in Myanmar so. Ziegen laufen über die Straße, daneben spuckt ein Mann die Betelnuss aus, die seine Zähne rot gefärbt hat.

Kaung Kyaw Moe hat sein Hotel im November 2014 eröffnet. Er ist 25 Jahre alt, hat in den USA Industrie-Ingenieurwesen studiert und vier Jahre dort gelebt. Aber er ist zurückgekehrt in seine Heimatstadt Myeik, weil er hier großes Potenzial sieht. Zwei Arten von Gästen kommen bislang in sein Hotel: Geschäftsleute aus dem asiatischen Raum und Urlauber aus Europa, die meisten davon aus Deutschland. "Sie suchen etwas Spezielles, weil sie die Welt schon gesehen haben." Andre Schneegass, der als einziger Europäer in Myeik lebt, hat mit Moe im Juni 2015 die Agentur Lifeseeingtours gegründet. Die Männer organisieren Ausflüge auf den Mergui-Archipel, der sich über 300 Kilometer erstreckt.

Der Archipel besteht aus rund 800 Inseln, die meisten sind unbewohnt, andere sind die Heimat der Moken, Seenomaden, die vom Fischfang leben. Eine richtige Unterkunft gibt es bisher erst auf einer Insel des Mergui-Archipels, Macleod Island; man erreicht sie vom südlichsten Ort des Landes aus, Kawthaung, einer Grenzstadt zu Thailand. Ein weiteres Resort ist derzeit in Planung. Seit Oktober 2015 erst ist es Schneegass zufolge möglich, von Myeik aus Ausflüge in die Inselwelt zu organisieren. Noch immer aber muss er für jeden Mitfahrenden eine Genehmigung bei der Regierung beantragen.

An einem Dienstagmorgen steht im Hafen von Myeik zwischen Bergen von Müll und Handelsschiffen fast unscheinbar ein Touristenboot. Es soll zwölf Reisende zur "Far Away Island" bringen. Die Insel hat eigentlich einen andern Namen, aber Andre Schneegass nennt sie lieber so, damit sie ein Geheimtipp bleibt. Unter den Gästen ist ein junges Paar aus Holland auf Weltreise, ein Deutscher, der schon oft in Südostasien unterwegs war und Myanmar bereisen wollte, bevor der Trubel losgeht. Dazu ein New Yorker, der vor 35 Jahren das erste Mal in Myanmar war und nur den Süden noch nicht kennt.

"Jetzt weiß ich, warum ich hier bin"

Zwei Stunden dauert die Fahrt, sie führt vorbei an Karstfelsen; Holzgestelle, Unterkünfte von Fischern, sind an den unmöglichsten Stellen darauf gebaut. Die Reisenden tauschen währenddessen Tipps aus: Wo sind die besten Tauchspots, die einsamsten Inseln, die schönsten Sonnenuntergänge? Als das Boot die Insel erreicht, sagt Andres Marcus Firdauz, der Mann aus New York, der seit drei Jahren in Ruhestand ist und seitdem die Welt bereist: "Jetzt weiß ich, warum ich hier bin." Man schnorchelt, man isst aus Kokosnuss-Schalen am Strand, Schließlich fährt die Gruppe weiter zu einer bewohnten Insel, nach Mali.

Übernachten kann man auf Mali noch nicht, die Touristen bleiben nur eine Stunde dort. Nur wenige der Fischer hier haben zuvor schon einmal Touristen gesehen. Manche freuen sich sichtlich über die Besucher, andere blicken misstrauisch. Ein Kind weint, als es die Weißen sieht. Der Tourguide versucht, es mit einem Geschenk zu beruhigen. Er hat Bücher und Bleistifte für die Einheimischen mitgebracht. Dass durch den Tourismus schnell alles anders werden kann, weiß er aus dem Nachbarland Thailand, wo er früher gearbeitet hat.

Auch Kaung Kyaw Moe, der Besitzer des Hotel Grand Jade, sagt: "Wir müssen aufpassen, dass wir kein zweites Phuket werden." Erste Anzeichen hat er selbst hier in der Abgeschiedenheit schon beobachtet. Die ehemals traumhafte Marcus-Insel, nicht weit entfernt vom Festland, sei in nur wenigen Monaten zugemüllt worden durch einheimische Touristen, die wie die ausländischen Gäste seit Kurzem auf den Süden des Landes aufmerksam geworden sind.

Der Rest der Inselwelt vor Myeik wirkt so einsam und unberührt wie es im Nachbarland Thailand vor 30 Jahren gewesen sein muss. Auch an Mikes Traumstrand in der Nähe von Dawei scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Noch gibt es dort keine Übernachtungsmöglichkeiten, doch am Ende des Strandes, wo der Wald dicht steht, arbeiten Einheimische gerade an einer Bungalowanlage. "So schade", sagt Mike, als er die Baustelle entdeckt. Dann schaut er noch einmal zurück zum Strand, setzt sich auf das Motorrad und fährt zurück in die Stadt.

Informationen

Anreise: Der Flug von München über Bangkok nach Yangon kostet hin und zurück mit Thai Airways ab 700 Euro. Von dort Inlandsflug nach Myeik, z. B. mit Myanmar National Airlines, ca. 100 Euro.

Übernachtung: Shwe Moung Than Hotel im Zentrum von Dawei, DZ ab ca. 12 Euro p. P., Pakaukukyang Street 665; Coconut Guesthouse, Bungalows am Strand von Maung-Magan, ab ca. 18 Euro pro Person, www.coconutguesthouse.com; Grand Jade Hotel in Myeik, DZ ab 50 Euro, www.hotelgrandjade.com; Myanmar Andaman Resort - einzige Unterkunft im Archipel, erreichbar über Kauwthoung, drei Nächte im DZ ab 1080 Euro, www.myanmarandamanresort.com.

Weitere Auskünfte: Bootstouren durch den Mergui-Archipel unter www.lifeseeingtours.com, Tagestouren kosten ca. 110 Euro; Allgemeines zum Land unter www.go-myanmar.com, www.southernmyanmar.com, www.myanmartourism.org.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: