Mitten in Absurdistan:So was erleben nur SZ-Korrespondenten

Lustig, kurios, beängstigend, skurril: SZ-Korrespondenten erleben allerhand.

berichten Kurioses aus aller Welt.

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Koh Tao

Mitten in Koh Tao, Thailand, Insel

Quelle: Vogel

Die Angebote in den Touristenläden auf der thailändischen Ferieninsel Koh Tao gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Allenthalben werden Souvenirs, Badeklamotten, Sonnencreme, T-Shirts und Flip-Flops von übereifrigen Verkäuferinnen angepriesen. Da verspricht ein Tante-Emma-Laden dazwischen doch eine gewisse Abwechslung.

Am Eingang werden Trockenfisch, Obst und Gemüse feilgeboten. Drinnen fläzt der Besitzer in einem erhöht stehenden Sessel wie auf einem Thron und überwacht von dort sein Reich. Darin stapeln sich Dosen und Kartons, Haushaltswaren und Handwerkszeug. Auch ein Ständer mit DVD-Hüllen dreht sich in einer Ecke: Krimis und Komödien, die Simpsons und - "Das Leben Adolf Hitlers". Der Laden hat wirklich ein abwechslungsreiches Angebot.

Evelyn Vogel, SZ vom 31.08./01.09.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Istanbul

Mitten in Istanbul, Galata-Brücke, Türkei

Quelle: picture-alliance / Homer Sykes

"Canim", Liebste, flötet der Mann am Steuer, "das hier ist Istanbul." Als ob ich das nicht wüsste. Aber der Taxifahrer meint ja gar nicht mich. "Du bist ein sehr positiver Mensch", erfährt die Angebetete irgendwo am anderen Ende der Türkei. "Gute Tage liegen vor uns und auch schlechte Tage", schnattert der Mann ins Handy. Aha, hier handelt es sich um eine Ehe-Anbahnung auf der Überholspur, zwischen Atatürk-Airport und Istanbul-Innenstadt. "Ich mag Kinder!"

Die Verbindung bricht ab. Panisches Drücken der Wiederwahltaste. Der Wagen macht eine scharfe Kurve, rast einen Hügel hinauf. Sind Handys am Steuer nicht auch in der Türkei verboten? "Canim, Du musst jetzt essen." Aha.

Im Internet erfahren wir später: Verboten ist nur Eisschlecken am Steuer. Strafe 72 Lira.

Christiane Schlötzer, SZ vom 31.08./01.09.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Bibione

Mitten in Bibione, Strand, Strandleben, Italien

Quelle: AFP

Sergio wird elf, deshalb gibt es ein Fest am Strand. Da und dort erheben sich Italiener von ihren Liegen, um auf den Arztsohn aus Verona mit einem Becher Fanta anzustoßen. Kinder haben Sergio Bilder gemalt, Freunde schenken ihm ein fernsteuerbares Spielzeug, seine Eltern loben La Merkel, deutsche Autos und sagen, dass der Junge einmal Deutsch lernen soll.

Auf den benachbarten, von Deutschen bevölkerten Liegen wird plötzlich ebenfalls gefeiert. Laut. Mit Aperol-Sprizz aus der Kühlbox. Als eine deutsche Familie spontan zu den Italienern überläuft, legt die Aperol-Party deutlich an Lautstärke zu: Ist denen unsere Party nicht gut genug?

Voll besprizzt tauscht eine ältere Deutsche nun ihr Bikini-Oberteil gegen zwei Kindereimer aus und grinst die Italiener an. Oh, Mann. Schnell noch einen Becher Fanta.

Martin Zips, 31.08./01.09.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Léon

Mitten in Absurdistan Léon Kuriose Geschichten von SZ-Autoren

Quelle: Serrao

Der dicke Pilger aus Frankreich sorgt überall, wo er auf dem Jakobsweg hinkommt, für gute Laune. "Love Artist", so nennt sich der Kerl allen Ernstes, kann an keiner Frau vorbeilaufen, ohne sie auf ein "kleines Glas Wein, nein?" einzuladen. Meist hat er mittags schon einen sitzen, dann zieht er sein Hemd aus, streichelt sein Bäuchlein und erzählt wildes Zeug. Dass er auf seiner letzten Jakobsreise gleich mit drei Pilgerinnen intim war. Dass er in Paris ein großer Sprayer namens "Esiro" sei.

Na ja, denkt man sich und lächelt mit christlicher Nachsicht.

Ein paar Tage später ploppt eine SMS auf. Vom Love Artist. Er habe einen "Gruß" hinterlassen, an einer Wand in der Nähe von Léon. Drei Stunden später ist man da. Und: Gruß ist gut. Das Graffito ist etwa zwei mal sechs Meter groß, inklusive Widmung. An den ungläubigen:

Marc Felix Serrao, SZ vom 31.08./01.09.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... New York

Wissenswert: Kommt der Bierbauch tatsaechlich vom Bier?

Quelle: dapd

Es gibt jetzt auch in Brooklyn einen Biergarten. Nicht groß, aber immerhin. Er liegt zwischen Friedhof und Schnellstraße. Die Leute sind begeistert. Oder sie beschweren sich auf den Leserbriefseiten der New York Times. Auch im Netz tobt eine "Beer Garden Debate": Dürfen Eltern ihre Kinder in den Biergarten mitnehmen? Für viele Amerikaner ist das grob unverantwortlich - gegenüber Kindern wie Trinkern. Nüchtern betrachtet, ist es ein Kulturkonflikt zwischen dem deutschen Konzept "Biergarten" und dem amerikanischen Konzept "Bar". In dem einen erwartet man Familien, in dem anderen wirken sie verstörend.

Wann etwas was von beidem ist, scheint wie so vieles vermutlich nur eine Frage der Beleuchtung zu sein. Habe fest vor, den Streit zu schlichten mit dem Vorschlag, einfach den Stand der Sonne als Messgerät zu verwenden.

Peter Richter, SZ vom 25./26.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Santiago de Chile

Doppelter Kurs

Quelle: dpa

Kürzlich saßen wir in Santiago de Chile im Flugzeug, gleich würde es über die verschneiten Anden nach Argentinien gehen. Da kam die Lautsprecherdurchsage: "Flugkapitän Hernán Cortés begrüßt Sie auf unserem Flug nach Buenos Aires." Gelächter in der Maschine. Hernán Cortés war jener Spanier, der die Azteken massakrieren ließ, ihren Kaiser Moctezuma unterwarf und Mexiko eroberte.

Historisch bewanderte Fluggäste witzelten, da werde der Kopilot doch bestimmt Pizarro heißen. Francisco Pizarro war jener Conquistador, der in Cuzco einfiel, die Inkas unterjochte und Peru bis hinab nach Chile eroberte.

Tatsächlich: Eine Stewardess stellte nach dem Kommandanten Cortés den Ersten Offizier Pizarro vor. Cortés und Pizarro steuerten den Airbus sicher ins ehemalige Vizekönigreich des Rio de la Plata. Moctezuma rächte sich nicht.

Peter Burghardt, 25./26.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Zernez

Damhirsch im Morgenlicht

Quelle: dpa

Dämmerung senkt sich über das Tal. Die Gäste des Hotels Parc Naziunal haben gespeist, Rösti oder Capuns, diese wurstgefüllten Mangoldblätter, eine Bündner Spezialität. Wir schlurfen noch ein bisschen ums Haus herum. Da kommt die Hotelbesitzerin angeschossen: "Kommen Sie bloß wieder her."

Wir befinden uns im Schweizer Nationalpark, mitten im Engadin, da darf man keinen Meter abweichen von den offiziellen Wegen. Sonst kann es schnell recht teuer werden, erklärt uns die Dame. Wenn einer der Parkwächter uns erwische! Und übrigens würden die anderen Hotelgäste gerade auf das Rotwild warten, das sich um diese Zeit oft am Waldrand zeigt. Also: Pst!

Da kommt mein kleiner Sohn vom Spielplatz rüber. "Papa, bist du gut gelaunt?" "Wieso?" "Kann ich jetzt endlich mal den Zehnerkracher zünden, den ich mitgebracht habe?"

Thomas Kirchner, SZ vom 25./26.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Nürnberg

Bahn wartet Klimaanlagen in Reisezügen

Quelle: Jan Woitas / dpa

Montag im "Sahara-Sommer", mit dem Zug quer durch Deutschland. Eine Bahn-Mitarbeiterin erzählt der anderen Horrorgeschichten. Wie sie tags zuvor in einem Zug unterwegs war, in dem erst in zehn von zwölf Waggons die Klimaanlage ausfiel und dann die Lok. Auch dieser ICE ist voll, die Kühlung im Restaurant ist defekt, bald auch die Klimaanlage.

In Nürnberg Personalwechsel, kurzes Übergabegespräch am Bahnsteig. Der scheidende Schaffner: "In der zweiten Klasse ist ticketmäßig volles Chaos." Die scheidende Schaffnerin: "Da ist irgendein anderer Zug ausgefallen." Er: "Wir hatten da eine Belegung von 120 Prozent wahrscheinlich. Aber jetzt sind wir unter 100." Darauf die neue Schaffnerin: "Hauptsache, ich komme durch." Er: "Aber Notfall-Wasser ist genug da."

Na dann. Nur noch eine Stunde und 25 Minuten bis München.

Kassian Stroh, SZ vom 25./26.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... La Paz

Bolivien

Quelle: iStockphoto

Der Italiener um die Ecke in La Paz soll gut sein, hat aber zu. Was gibt es sonst noch in der Nähe? Weit laufen will einer nicht in Boliviens Zentrale auf 3800 Metern. Gegenüber leuchtet ein Schild: "Reineke Fuchs". Drinnen sieht es so aus, wie man sich das vorstellt. Rustikal, mit Rehgeweih über und Jägermeister auf der Theke. Ein Plakat verspricht, auf Deutsch: "Bier verhilft hässlichen Leuten zum Sex seit 1862." Die Speisekarte bietet Schweinskopfsülze, muss nicht sein, schon gar in der dünnen Luft. Der Gast bestellt eine andere Spezialität des Hauses: "Medaillons vom Lama mit Senfsoße und Spätzle - die kulinarische Beziehung zwischen Bolivien und Deutschland." Das Lama zart, die Senfsoße würzig, die Spätzle al dente. Dazu Fassbier Marke Reineke Fuchs. Sehr ordentlich, die bolivianisch-deutsche Küche von Lama und Fuchs.

Peter Burghardt, SZ vom 18./19.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Fuschl

Anna Netrebko mit Oper auf Tournee

Quelle: dpa

Schloss Fuschl ist ein Hotel, in dem eine Nacht während der Festspiele im benachbarten Salzburg mehr kostet als dort die teuerste Opernkarte. Hier fährt man nicht mit einem verbeulten, 16 Jahre alten, gleichwohl sehr treuen Fiat vor. Doch ich tue es, verpasse das als Rezeption fungierende Gebäude, fahre bis hinein ins Zentrum des hinreißenden Luxus-Areals. Gleich kommt ein besorgter Herr angelaufen. Er fragt, ob er helfen könne, meint aber wohl eher, dass der Gesamteindruck des Ambientes gerade empfindlich gestört werde. Dann sage ich ihm, dass ich mit Anna Netrebko für ein Interview verabredet sei. Der Herr zeigt sich schlagartig beflissen, bleibt aber skeptisch. Da kommt Anna vom See herauf, ich winke ihr zu und rufe "Hallo", Anna guckt, lacht, winkt zurück. Der Herr neben mir sagt: "Darf ich Ihren Wagen parken?"

Egbert Tholl, SZ vom 18./19.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Illhäusern

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Quelle: Marco Einfeldt

Spontaner Mittagsappetit auf große Küche. Illhäusern liegt am Weg, und dort die Auberge de l'Ill der famosen Gebrüder Haeberlin, deren einer vor Kurzem betagt gestorben ist. Zum lebenden Ruhm der elsässischen Großmeister tritt nun noch die Legende. Aber ach: Ruhetag. Zwar rührt sich einiges hinter den Scheiben des Hauses am Flüsschen Ill, aber auch noch so sehnsuchtsvolle Gesten rühren niemanden. Gleich ums Eck vom Feinschmeckertempel ein ziegelgedecktes Häuschen, von ferne wie ein Kapellchen, als lade der Bildstock eines Heiligen wenigstens zu seelischer Labung, um über den Jammer verwehrter Genüsse hinwegzutrösten. Nein, kein Bildstock, keine Seelennahrung. Sehr irdisch, das vermeintliche Tempelchen: ein Eierautomat. Biolandeier gegen Münzeinwurf. In Illhäusern bleibt niemand ungenährt.

Michael Frank, SZ vom 18./19.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... New York

Michelle Obama

Quelle: AP

Heute kam ein Brief von Michelle Obama. Genau genommen war er an meinen Vormieter adressiert, aber er war offen, und da dachte ich... Jedenfalls schreibt Michelle, wie sie im Süden von Chicago aufwuchs und ihr Bruder Craig einmal wissen wollte, ob sie reiche Leute seien, und dann habe der Vater sein ganzes Gehalt in Bargeld auf den Küchentisch gelegt und vorgezählt, wie viel wofür so draufgeht, und am Ende blieb "kein Penny" übrig. "Kenn ich, Michelle", seufzte ich, "kenn ich gut, das Problem". (Ob er wirklich in Pence bezahlt wurde oder sagt man das nur so?) Am Ende kam sie auf Barack zu sprechen und beklagte, dass die andere Seite so viel mehr Geld für ihre Kampagnen habe. Dem könne man vielleicht abhelfen, "schon mit 100 oder 150 Dollar". Habe den Brief dann wieder in den Umschlag gesteckt. War ja nicht an mich.

Peter Richter, SZ vom 18./19.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Utah

WUNDERBARE WELT

Quelle: OBS

Der fast verwaiste Campingplatz am Rand des Canyonlands-Nationalparks brütet in der Nachmittagshitze des südlichen Utah. Vor der Bürobaracke hängt ein Zuckerwasserspender an einem Baum, um "Hummingbirds", Kolibris, anzulocken. Mein Sohn und ich schleichen uns heran, um die winzigen Schwirrvögel zu fotografieren. Zwei Biker sitzen vor der Baracke. Tattoos, Piercing, Zottelbärte, schwarzes Leder, Schweißgeruch - ein schwerer und ein ganz schwerer Junge. "No hummingbirds", raunzt uns der Schwere an. Wir gehen weiter, fotografieren Blumen und Streifenhörnchen. Plötzlich marschieren die Kerle auf uns zu. Ihre Blicke wirken finster. Wir schauen uns nach einem Fluchtweg um. Da deutet der ganz Schwere zur Baracke und ruft mit verzückter Stimme: "The hummingbirds are back!" Die Kolibris sind wieder da.

Stefan Ulrich, SZ vom 11./12.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Frankfurt

Frankfurter Bahnhofsviertel im Wandel

Quelle: dpa

Am Frankfurter Flughafen stürmen sie die S-Bahn, sechs junge Kerle, die hörbar irgendwo aus der amerikanischen Provinz stammen. Soldaten wahrscheinlich. Der Zug hält am Stadion. "Is this the main station?", fragt einer der Jungs mit tätowierten Armen. "This is the stadium", sagt ein anderer, er liegt völlig richtig, auch wenn er sich gerade einen Jägermeister in seinen Red Bull träufelt. Nächster Halt: die Bürostadt Niederrad. "Is this the center?", fragt der Tätowierte. Da empfiehlt man ihnen, zur Hauptwache zu fahren, drei Stationen noch, schon sind sie im Herzen der Stadt. Große Dankbarkeit, dann hält der Zug im Hauptbahnhof. Der Tätowierte beugt sich vor. Er raunt: "Red light district?" Ach so. Na, da müssen sie doch hier schon raus. Sie springen auf, winken von der Rolltreppe, alle sechs. Zurück bleibt nur ein Fläschchen Jägermeister.

Marc Widmann, SZ vom 11./12.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Vaskivesi

Finnland

Quelle: dpa-tmn/Jan Dube

Lehrer! Manche kapieren wirklich gar nichts. Der Große hat eine Vier bekommen in WTG. Das bedeutet "Werken und textiles Gestalten" und hieß früher Handarbeit. Er hat sich so angestrengt beim Nähen und Weben und bei der Bastelei mit den Klopapierrollen. Aber für die Lehrerin war die ganze Mühe nur: Vier. Mitten in Finnland sieht das Leben anders aus. Der See ist ein dunkler Spiegel unter einem Bleihimmel als man mit den Jungs rausrudert, um nach den Reusen zu schauen. Der Große hievt einen der Käfige ins Boot, drinnen liegt ein Hecht, grauschwarz, armlang, mit einem breiten, platten, bösartigen Maul. Der Sohn nimmt den Holzscheit und lässt die scharfe Kante aufs Genick des Biestes krachen. ZACK und ZACK und ZACK, ein paar Schuppen fliegen und einige rote Tropfen. Zufrieden trägt der Sohn die Beute an Land. Handarbeit!

Hubert Wetzel, SZ vom 11./12.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... New York

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Quelle: lok

Die Automatisierung des Lebens geht weiter. In den USA kann man sich inzwischen richtig nett unterhalten mit dem Sprachcomputer der Telefonfirma. Man schildert seine Sorgen, die Maschine bringt es auf den Punkt: "Habe ich Sie richtig verstanden, Sie haben ein Rauschen in der Leitung?" In New York sind derweil aus den 24-Stunden-Drogerien die Kassenkräfte verschwunden. Stattdessen scannt man seine Sachen selbst und legt sie in eine aufgespannte Tüte. Vertut man sich hierbei, weil man zum Beispiel eine Cola neben die Tüte stellt, blockiert der Computer; er vermutet wohl einen Diebstahl. Zum Glück kommt ein "Supervisor", der wie ein Lebewesen aussieht. Er ruft ein Protokoll ab, das den Fehler des Kunden beschreibt, tippt einen Code ein und geht wortlos weg. Man schaut ihm nach und denkt: War das jetzt ein Mensch?

Nicolas Richter, SZ vom 11./12.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Südtirol

Fünf Sterneköche auf fünf Schlössern - Gourmetfestival in Südtiro

Quelle: dpa-tmn

Das Lager auf der Edelrauthütte ist gestopft voll. Verschwitzte, erschöpfte Menschen versuchen, Schlaf zu finden, bevor es am nächsten Morgen weitergeht auf dem "Pfunderer Höhenweg". Einige Wanderer sind so k.o., dass sie nach wenigen Sekunden schnarchen. Andere kriegen deswegen kein Auge zu. Gegen ein Uhr nachts ein verzweifelter Gedanke: Wenn ich als Ohropax-Ersatz zwei Kaugummis durchkaue und mir damit die Ohren abdichte? Geniale Idee, denke ich beim Einschlafen. Saublöde Idee, merke ich beim Aufwachen. Die Bergwelt klingt dumpf. Natürlich sind die Kaugummis in die Gehörgänge hineingeschmolzen. Nach einer geräuschlosen Wanderung sitze ich schließlich bei einer netten Ohrenärztin. "Ich habe ja in meiner Laufbahn schon viele Dinge aus Ohren gezogen", sagt sie verblüfft, "aber Kaugummi noch nie."

Titus Arnu, SZ vom 4./5.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Wacken

Wacken Open Air 2012

Quelle: dapd

Picknick im Grünen, zusammen mit 75 000 Heavy-Metal-Fans. Man trägt Totenkopf-Shirts, mittelalterliche Gewänder oder Lack-Hotpants. Auf der platten Wiese zelten diese Menschen friedlich in einer Art Anarchie-Camp mit Schrebergartencharme. Irgendwann hat man auch mal Hunger. Frühstück, Lunch, Abendessen? Man weiß es nicht. Carola, eine Lehrerin aus Berlin, macht Bratkartoffeln mit Ei. Dazwischen erzählt sie, wie man "Brain-Drinks", die echten, in Tschechien herstellt. Irgendwas mit Wodka. Da kippt man Liköre rein, und es sieht aus wie Hirnmatsche, schmecke aber gut, sagt Carola. Als nächstes wird irgendetwas Grünes aus Schnapsgläschen getrunken, die Passanten, die auf dem Weg zur Dusche sind, werden nach ihrer Haarlänge beurteilt. Nur die mit den extrem langen Haaren dürfen mit auf die Erinnerungsfotos.

Bernd Graff, , SZ vom 4./5.8.2012

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Mitten in Absurdistan:Mitten in ... Chuschir

Baikalsee

Quelle: iStockphoto

Russland pflegt seine Legenden, und der Baikalsee ist eine der größten. An der Fähre zur Insel Olchon grüßt eine plakatierte Baikalrobbe mit Blumenstrauß, eine Frau bittet um eine Ökospende. Der 700 Kilometer lange Baikalsee ist ein Reinigungsbecken für feinstaubgestresste Großstädter. "Der sauberste See der Welt", erklärt eine Frau ihrem Kind, und man sieht den Menschen an, wie gierig sie die Luft in ihre Lungen saugen. Doch nicht alle genießen die Ruhe und das glasklare Wasser - manche gestalten den Urlaub im Naturparadies anders. Warum muss dieser Autofahrer verbotenerweise am Strand fast bis zum Schamanenfelsen fahren? Wieso muss man Dutzende Quads über die lehmige Inselstraße peitschen? Dann, ein rasenmäherartiges Knattern in der Luft, das uns bis in den späten Abend begleitet - ein motorisierter Paraglider.

Frank Nienhuysen, SZ vom 4./5.8.2012

© SZ/dd/kaeb
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