Mitten in Absurdistan:Bin ich schön?

Manchmal möchte man eben eine andere Seite von sich zeigen. Dann posieren Polizisten in New York mit Touristen und bei Kamelen in Oman geht es auch ums Aussehen:

Kurioses aus aller Welt

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Quelle: AP

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Mitten in ... New York

Vor ein paar Tagen auf dem Time Square. Die Bühne für die Silvester-Shows im Fernsehen mit Anderson Cooper von CNN und all den anderen ist schon aufgebaut. Der Platz ist voller Menschen. Mitten drin zwei schnauzbärtige Riesen, die Hände in den Taschen ihrer blauen Windjacken vergraben: zwei New Yorker Cops, die nicht gerade für ihre Menschenfreundlichkeit bekannt sind. Natürlich weiß jeder, dass sie aus einem einzigen Grund hier stehen (weshalb zum Beispiel auch nicht weniger als 82 Überwachungskameras rund um den Platz montiert sind): New Yorks Angst vor dem Terror.

Doch was machen diese beiden Polizisten? Lassen sich bereitwillig von kichernden Touristinnen unterhaken und fotografieren, als wäre das ihr Job. Die New Yorker Polizei, dein Freund und Helfer - zumindest, wenn es um Urlaubsfotos geht.

Reymer Klüver, SZ vom 31.12.2011/1.1.2012

Lautstärke

Quelle: iStockphoto/Victor Soares

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Mitten in ... München

Die deutsche Stereoanlage oder lieber die aus Japan? Der Kunde bittet den Verkäufer, in beide Geräte eine CD einzulegen; kleine Akustikprobe. Als Erstes: das deutsche. Der Klang, soweit man das hier im Elektrogeschäft beurteilen kann: völlig okay. Danach der Japaner. Der Verkäufer drückt auf den Schalter. Es tut sich nichts.

Er nimmt einen Stift, er pfriemelt an und in dem Gerät herum. Nichts. Er geht hinüber zur Kasse, dort wechselt er die Batterien der Fernbedienung. Immer noch nichts.

Er zieht den Stecker, er werkelt bestimmt fünf Minuten herum, er gibt sich alle Mühe. Irgendwann, endlich: Musik. Und der Klang scheint noch ein wenig voller zu sein als bei dem anderen Gerät. Der Kunde sagt, das nehme er; es seien ja hoffentlich nicht alle Exemplare so unzuverlässig wie das Ausstellungsstück. Der Verkäufer entgegnet: "Leider ausverkauft."

Detlef Esslinger, SZ vom 31.12.2011/1.1.2012

An Omani trainer stands next to his camel as he prepare for the annual camel race in the Flaija race court in the south of Muscat

Quelle: REUTERS

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Mitten in ... Oman

In Oman gibt es vier Gründe, Kamele zu halten, erklärt uns Raschid. Den ersten will man eigentlich gar nicht wissen, weil diese leicht autistisch veranlagten, scheinbar dauergrinsenden Tiere schnell zu Sympathieträgern werden und natürlich niemals im Kochtopf landen dürfen. Den zweiten kennt man selber, schließlich saß man als guter Tourist bereits auf dem Rücken von etwas, was nicht nur aussieht wie ein Ensemblemitglied der Augsburger Puppenkiste, sondern sich auch noch so bewegt.

Den dritten Grund führt uns ein dreiwöchiges Kamelbaby vor, das mit ungelenken, aber überraschend schnellen Bocksprüngen vor Raschid flüchtet: Wettrennen! Aber dann?

Der Blick fällt auf zwei Exemplare, die etwas abseits stehen. Die Höcker akkurat frisiert, die Wimpern extra lang. In zwei Wochen müssen sie ran: Schönheitswettbewerb.

Laura Weißmüller, SZ vom 31.12.2011/1.1.2012

Für SkiseiteDominik Prantl

Quelle: Kur- und Verkehrsverein St. Moritz

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Mitten in ... St. Moritz

Vor dem Sessellift hat sich eine Schlange gebildet. Die Wartenden sind trotzdem gut gelaunt: Freerider in sackartigen Hosen, Opis mit langen, spitzen Ski aus den 70er Jahren, Russinnen mit Pelz-Applikationen an den Overalls. Nur eine junge, auffallend attraktive Dame wird sehr schnell ungeduldig. "Was ist da los?" ruft sie, ihr Freund steht ein paar Meter weiter vorne in der Schlange. "Kai Ahnig", schreit der zurück. Kai Ahnig ist nicht der Name des Schönlings, er heißt Giovanni, wie sich herausstellt, das andere bedeutet "keine Ahnung".

Die Freundin motzt weiter vor sich hin. "Eine ehemalige Miss Schweiz", erklärt der Nebenmann, "und ihr fernsehbekannter Freund."

"Giovanni, komm! Wenn es hier keinen VIP-Eingang gibt, gehen wir eben!" ruft die wütende Miss und stapft rückwärts von dannen. Großer Applaus, der Lift läuft wieder.

Titus Arnu, SZ vom 31.12.2011/1.1.2012

Charlie Chaplin

Quelle: dpa

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Mitten in ... Havanna

Kubaner sind kreativ, wenn es darum geht, sich in den Straßen der Touristenviertel ein paar Devisen zum kargen Monatslohn dazuzuverdienen. Ständig trifft man auf Frauen in traditioneller kreolischer Kleidung oder auf Männer mit Che-Guevara-Mütze und Zigarre, die sich für ein bisschen Trinkgeld fotografieren lassen. An Havannas Plaza Vieja posiert gar ein Charlie-Chaplin-Double, täuschend echt mit schwarzer Melone, Fliege und Spazierstock.

Ein freundliches Lächeln im Vorbeigehen, schon hakt er sich unter und spaziert ein paar Schritte mit - so charmant, dass ich danach gerne nach Kleingeld suche. "Un peso", sagt Chaplin, "sólo un peso." Doch als ich ihm die Münze in die Hand drücken möchte, schaut er irritiert. "No, un beso!" Ein Küsschen - er drückt mir einen Schmatzer auf die Wange. Den Peso hat er dann trotzdem genommen.

Judith Liere, SZ vom 24./25./26.12.2011

Valentinstag

Quelle: picture alliance / dpa

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Mitten in ... Frankfurt

Zwei junge Mädchen, beide etwa 20 Jahre alt, treffen sich zufällig in der S-Bahn. Der Zug erreicht gerade den Hauptbahnhof Frankfurt. Die eine: "Hallo, wie geht's? Wir haben uns ja schon lange nicht mehr gesehen." Die andere: "Es geht mir sehr gut, ich habe einen neuen Freund." Die eine (sehr berührt): "Oh, ich wär auch gerne noch mal verliebt. So richtig eben, dass man sich riesig freut, wenn er anruft, Herzklopfen bekommt und so. (Sie atmet tief aus.) Aaaach."

Die andere (strahlt): "Ja, das ist super. Wir sind dauernd unterwegs, er schenkt mir Sachen, heute Abend gehen wir zusammen essen." Die eine: "Ich bin mit meinem schon seit vier Jahren zusammen." Die andere (zuckt zusammen): "Oh. Na gut, das ist natürlich was ganz anderes."

Markus Zydra, SZ vom 24./25./26.12.2011

Island Straße Verkehr

Quelle: Klaus/ Fotolia

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Mitten in ... Island

Der Wind drückt gegen das Wohnmobil. Immer wieder macht das Auto einen Satz an den Rand der Straße, wo die Lavafelder beginnen. Im Südwesten Islands ist das Land flach - nichts als Geröll und Wind. Hinter dem Wohnmobil drängelt jetzt auch noch ein Lastwagen. Der Tacho zeigt zwar die im Land erlaubten 90 Kilometer pro Stunde an, aber der Lastwagenfahrer setzt mehrmals zum Überholen an und bricht wieder ab.

Kurz vor einem Ort haben sich die Isländer eine Verkehrsberuhigung geleistet. Der Lastwagen beschleunigt anschließend schneller als das Wohnmobil und schubst es beim Überholen fast in die Lavabrocken neben der engen Straße. "Augustinerbräu München" steht auf der Lkw-Plane. Man glaubt es nicht: Ein Münchner wird in Island fast von einem Münchner Bierlaster in die Lavawüste gedrängt.

Sebastian Herrmann, SZ vom 24./25./26.12.2011

Bielefeld Alter Markt

Quelle: Bielefeld-Marketing

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Mitten in ... Bielefeld

17 Uhr, ein kleines Café in Bielefeld. Mit wütenden Bissen zerfetzt ein Mann mit Handwerker-Oberkörper seine Salamisemmel. Feierabend.

Eine Frau schaukelt herein, Mitte 50, blonde Strähnchen. Es gibt 14 freie Plätze, sie setzt sich neben den Mann: "Das ist ein Stammtisch, Jungchen, ich gehöre zur Frühstücksrunde." Er schaut, als habe er gerade ein Wildschwein pfeifen sehen, sie redet weiter. Beim Friseur habe sie heute ein Glas Wein bekommen, und sonst, ja sonst gehe sie immer hierher, mit den Mädels, das sei schon eine lustige Runde... der Mann zahlt, dann blafft er die Frau an. Sie säuselt: "Oh, das Herzekäferchen wird aggressiv! Sie lassen sich sehr schlecht provozieren, wissen Sie das?" Der Mann geht. "Hehe, das hat Spaß gemacht", sagt die Frau.

Sie bestellt sich ein Glas Wein und beugt sich über ihre Zeitung. Sie sieht traurig aus.

Cornelius Pollmer, 24./25./26.12.2011

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Quelle: istock

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Mitten in ... München

Beim Geschenkekauf ist am Wochenende bekanntlich Nahkampf angesagt. Während man in der Shopping-Passage selbst noch die Taschen sortiert, brechen sich nebenan geschwisterliche Konflikte Bahn.

Ein kleiner Bruder, vielleicht fünf Jahre alt, ärgert seine große Schwester. Zunge rausstrecken, gegen den Arm hauen, das volle Programm. Das Mädchen, etwa acht, reagiert genervt. Ein drohender Schritt auf den Bruder zu, für ein paar Sekunden ist Ruhe - bevor alles wieder von vorne beginnt. Das erinnert stark an ähnliche, selbst ausgefochtene Konflikte, und auf die brüderliche Nervensäge scheint unausweichlich die Moralpredigt der Eltern zuzukommen.

Doch dann: Auftritt der Mutter. Sie greift das Mädchen fest am Arm und schimpft: "Warum schlägst du nicht zurück? Warum haust du nicht mal richtig zu?!" Ach... du... Fröhliche...

Anna Maria Priebe, SZ vom 16./17.12.2011

Star Wars: Episode II: Angriff der Klonkrieger

Quelle: REUTERS

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Mitten in ... Ksar Hedada

Eine schier endlose Wüste, mitten drin ein Hügel, darauf ein paar Lehmkuppeln. Fehlt eigentlich nur noch der zweite Mond, schon wäre das Bild vom Wüstenplaneten aus "Star Wars" perfekt. Tunesien ist die Heimat der Sternenkrieger, sie waren alle schon hier: die hinterlistigen Hutten, die stinkenden Jawas, der Droide R2-D2 und natürlich Luke.

George Lucas hat sie in die tunesische Einöde gebracht, hier hat er die Szenen vom Wüstenplaneten gedreht, ihn Tatooine genannt, fast so wie Tataouine, die tunesische Provinz. Sehen die heimischen Dromedare nicht so aus wie die Kampfroboter AT-AT?

Dann das: Im Dunkel der Speicherburg Ksar Hedada plötzlich ein Licht, ein Schwert und eine düstere Stimme: "Luke, ich bin dein Vater." Da ist also auch sie, die dunkle Seite der Macht: Ein Souvenirverkäufer ruft zum intergalaktischen Einkauf.

Frederik Obermaier, SZ vom 16./17.12.2011

Pass-Kontrolle am Flughafen

Quelle: Marius Becker/dpa

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Mitten in ... Frankfurt

Kanada! Unendliche Weiten! Frischer Pulverschnee! Leckerstes Alberta Beef! Das Hotel ist gebucht, die Kollegen warten schon, nix wie los. Der erste Urlaub nach gefühlten 17 Jahren. Die Vorfreude ist fast so groß wie die Hektik vor der Abreise. Egal, Zahnbürsten gibt's schließlich auch drüben in Calgary.

Am Frankfurter Flughafen lässt eine hübsche Grenzpolizistin die ohnehin gute Laune noch einen Tick besser werden. Ihr klassischer Blick über den Reisepass hinweg zum Reisewilligen und wieder zurück fällt ganz schön süffisant aus. In feinstem Sossenheimerisch sagt die Blonde dann: "Ei Herr Begge, Sie habbe sich ja guud gehalde." Nun bin ich mit einem geschmeichelten Grinsen dran, das vergeht mir aber flott, als die Polizistin weiterspricht: "Abba mit dem Ausweis von ihrem Sohn komme Sie trotzdem ned nach Kanada."

Thomas Becker, SZ vom 17./18.12.2011

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Quelle: SZ

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Mitten in ... Neapel

Auch viele, die sagen, sie seien gar nicht abergläubisch, tragen in Neapel lieber so ein rotes Hörnchen in der Tasche: Man weiß ja nie, ob der böse Blick nicht doch wirkt... Und gegen den schützt nach uraltem Glauben "O'Curniciello", wie die "Corna" im Dialekt heißen. Hohl müssen sie sein und ein Geschenk, sonst helfen sie nicht. In der Altstadt leuchten die Talismane rot im Sortiment fast jeden Ladens. Corna aus Koralle und Silber gibt es auch, doch es dominieren die Plastikmodelle.

Dass die Euro-Krise noch mehr Unheil bringen könnte als der böse Blick, hat sich offenbar auch in Neapel herumgesprochen: An der Via San Biagio dei Librai hat ein Laden die Corna umgewidmet zu "Anti-Krisen-Hörnchen". Doch selbst auf dem Markt des Aberglaubens scheint das Vertrauen zu schwinden - der Preis ist von zehn auf sieben Euro gefallen.

Andrea Bachstein, SZ vom 17./18.12.2011

Weather in New York

Quelle: dpa

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Mitten in ... München

Manchmal ist das so: Man hat eine Frage und rätselt, wer sie beantworten könnte. Mir fiel meine Bekannte Wanda ein. Dein Ex, schrieb ich ihr, kennt sich doch in amerikanischer Geschichte aus... So hätte der Satz lauten sollen. Ich war aber in alberner Stimmung und schrieb, Dein Ex-Schnucki, und schlimmer noch: In der Betreffzeile schrieb ich als Stichwort "Amerikanologenschnucki".

Wanda antwortete, ihr Ex-Schnucki sei nicht der Richtige für diese Frage, aber sie kenne einen prima Münchner Amerikanisten, und hier sei seine Mailadresse. Erfreut schrieb ich den Herrn an, vergaß aber, in der Betreffzeile das Stichwort zu löschen. Der Professor gab sehr kenntnisreich Auskunft. Er hätte seinerseits eine Frage stellen und es hätte peinlich werden können. Aber er war so nett, den "Amerikanologenschnucki" mit keinem Wort zu erwähnen.

Stefan Klein, SZ vom 10./11.12.2011

Zeitungsverkäufer newspaper vendor seller

Quelle: iStückphoto

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Mitten in ... Berlin

Als der Zeitungsverkäufer am späten Abend in das Lokal am Gendarmenmarkt kommt, ist die Enttäuschung groß: Er hat nur ein Konkurrenzblatt im Angebot. Das muss man jetzt nicht dringend lesen, morgen gibt es die Zeitung umsonst am Flughafen und im Büro. Doch der Mann lässt sich nicht abwimmeln. Mit sonorer Stimme vertont er die Schlagzeilen. Er singt von Stressteeeests, Puuuutin und Aaaackermaaan, astreine Koloraturen. Dazwischen streut er Bonmots und Reime. Ob er Philosophiestudent sei?

Nein, gelernter Drucker. Von Zeitungen versteht er also was, nur einen Job hat er nicht mehr, weil die alle wegrationalisiert worden sind. Binnen einer Minute hat er zehn Exemplare verkauft. Dass das Wechselgeld zu knapp ausgefallen ist, stört nicht, ebenso wenig, dass die Zeitung ungelesen bleibt. Sie war ein echter Verkaufsschlager.

Jeanne Rubner, SZ vom 10./11.12.2011

FILE: Twiggy Releases An Album Of Classic Love Songs: Romantically Yours

Quelle: Archivfoto: Getty Images

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Mitten in ... Nürnberg

Ein Abendessen in einem Bierkeller, drei Tische sind für die Gesellschaft reserviert. Eine Frau hat ihren knapp zweijährigen Sohn dabei. Sie erzählt, am Vorabend, bei einer anderen Gelegenheit, seien sie auch schon zusammen unterwegs gewesen, bis halb zwölf in der Nacht. Na ja, denkt man, eine Mutter, die endlich mal wieder was erleben will. Am nächsten Morgen: Tagungsbeginn, das Kind erneut dabei. Frage: "Ist die Krippe zu?" Mutter: "Nein, Krippen lehne ich ab. Kinder werden da nur aggressiv. Studien haben das erwiesen."

Der Sohn rutscht auf ihrem Schoß herum, die Stirn voller Stressfalten, er soll stillhalten, irgendwie. Nächste Frage: "Aber in den Kindergarten wird er später gehen?" Mutter: "Mal sehen. Ich hab' ihn immer dabei. Wozu hab' ich ihn denn sonst bekommen?" Ihr Beruf: Organisationsmanagement.

Detlef Esslinger, SZ vom 10./11.12.2011

Josef und Narumol , Bauer sucht Frau

Quelle: RTL, "Bauer sucht Frau"

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Mitten in Absurdistan:"Bauer sucht Frau"

Mitten in ... Bangkok

Der Reiseleiter erzählt von seinem jungen Kollegen, dessen Mutter der bayerische Urlauber sicher kenne. Wer diese Berühmtheit sei, möchte man wissen. "Narumol", antwortet der Reiseleiter. Wer war das gleich noch mal? Eine Politikerin? Autorin? Model? Man ergibt sich und fragt nach.

Des Reiseleiters Tipp: "Fick und fe'tig." Bitte? "Na, Bauer sucht Frau." Natürlich, die fix und fertige Thailänderin aus der RTL-Sendung mit ihrem bayerischen Landwirt Josef. "Wollen Sie mit dem Sohn reden?", fragt nun der freundliche Reiseleiter, und bevor man eine höfliche Ausrede findet, schiebt er schon das Telefon rüber. Am Ende des etwas zähen Smalltalks sagt der nette Mann noch: "Grüßen Sie mir Süddeutschland!" Hiermit also, zur adventlichen Völkerverständigung: Schöne Grüße an alle, von Narumols Sohn aus Bangkok.

Martin Wittmann, SZ vom 10./11.12.2011

cowboy hat

Quelle: AFP

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Mitten in ... Dublin

Der Texaner hatte in der Ecke gesessen und nichts gesagt. Deshalb wusste auch noch niemand, dass der Texaner aus Texas kam. Man dachte, er sei Ire, wie alle hier Iren waren, bis auf den Spanier und den Deutschen, die irgendwie zufällig in diesen Pub geraten waren und denen nach eineinhalb Minuten von allen Gästen lebenslange Freundschaft angeboten worden war. Von allen, bis auf den Mann, von dem noch keiner wusste, dass er Texaner war.

Der Texaner trank Guinness, wie alle, und er schwieg dazu. Als er begann zu sprechen, schauten ihn alle ungläubig an, weil sein Akzent in einem Pub klang wie eine Kettensäge in der Philharmonie. He, fragte jemand, kommst du aus Texas? Genau daher, kettensägte der Texaner, worauf ihm von allen Gästen lebenslange Freundschaft angeboten wurde. Der Texaner nahm dankend an.

Christian Zaschke, SZ vom 3./4.12.2011

A brown bear and her cub play on the road on the outskirts of Sinaia

Quelle: REUTERS

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Mitten in ... Maramures

Johan ist nicht mehr zu stoppen. So selten verirren sich westliche Besucher in diesen gottverlassenen Teil Rumäniens. Und dann sitzen sie auch noch mit ihm in einem dieser rumpeligen Züge, dem Verkehrsmittel der Ärmeren in diesem armen Land. Rumänische Politik und Geschichte - nichts lässt der pensionierte Lehrer aus, alles sollen die Deutschen genau verstehen. Nach einigen Stunden plötzliches Interesse an deren Heimat. Johan kümmert nur noch eine Frage: Wirklich, es gibt keine Bären bei euch?

Aber ihr habt doch auch Wälder? Sicher seien die Rumänen bereit, ein paar von ihren Bären zu verkaufen. Ach, die Deutschen fürchten sich vor Bären? Johan runzelt die Stirn, schweigt lange und blickt aus dem Fenster. Schließlich weist er die Besucher auf ein paar friedliche Ferkel hin. Zur Beruhigung. Er will ja niemandem Angst machen.

Malte Conradi, SZ vom 3./4.12.2011

Castor-Transport

Quelle: dapd

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Mitten in ... Kampala

Advent, Advent, kein Lichtlein brennt. Der Strom ist weg. Stundenlang, tagelang. Die Generatoren rattern, die Kolumnisten schimpfen, die ugandischen Unternehmer gehen auf die Straße, weil sie ihre Maschinen nicht mehr anwerfen können und die Kühlschränke auftauen. Hier steigert keiner mehr das Bruttosozialprodukt. Und die nationale Stromgesellschaft Ugandas, Umeme, schickt wie immer ihre Mitarbeiter von Haus zu Haus.

Guten Tag, Sie haben die Stromrechnung nicht bezahlt. - Welchen Strom? - Na den, der auf der Rechnung steht. - Da war keiner. - Doch, ganz bestimmt. So geht das hin und her, bis irgendwann der Mann von Umeme sagt: Wenn Sie nicht bezahlen, dann müssen wir Ihnen den Strom abdrehen. Das ist eine echte Drohung. Aber macht nichts. Weihnachten ist ja das große Fest der Kerzen.

Arne Perras, SZ vom 3./4.12.2011

Alvin Ailey American Dance Theater dancers perform during a dress rehearsal of 'Home' by Hip-Hop Choreographer Rennie Harris at City Center theater in New York

Quelle: REUTERS

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Mitten in ... München

Der einzige Kurs, der am Abend in der Münchner Tanzschule noch nicht begonnen hat: Hip-Hop. Ein hochmotivierter Lehrer freut sich über seine dritte Schülerin. Die fühlt sich auf dem Tanzboden allerdings schnell wie eine Geisterfahrerin. Das liegt nicht nur an der viel zu coolen Choreographie zu den Beats der Söhne Mannheims, sondern auch an den verbalen Verrenkungen zwischen Freeze und Freestyle.

Es läuft das Lied "Babylon System". Der Song handle nicht direkt von der Schuldenkrise, sagt der Trainer, er biete aber eine wichtige Lehre: "Wir Menschen können die Krise nicht lösen. Gott wird das richten", predigt er, Finger auf dem Pausenknopf der Hi-Fi-Anlage, Blick in die Runde. Eine Tänzerin schlägt vor: "Kinder sollten an die Macht!" Man nickt sich zu, so soll es sein. Die Krise, sie hat jetzt auch den Hip-Hop erreicht.

Caroline Ischinger, SZ vom 3./4.12.2011

Toys 'R' Us Opens For Black Friday

Quelle: Bloomberg

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Mitten in ... New York

Gedränge im Spielzeugparadies am Times Square. Die Rolltreppe vom Erdgeschoss rauf in den ersten Stock ist hin. Es funktioniert nur noch die Rolltreppe vom ersten Stock hinunter. Jetzt wird der Store-Manager aber nervös. Seine Kassen dort oben, sie drohen zu verwaisen.

Also ergeht eine Anweisung: Die einzige noch funktionierende Rolltreppe schaufelt die Kreditkartenbesitzer ab sofort nur noch hinauf. Hinunter müssen sie den sehr, sehr langsamen Aufzug benutzen, vor dem sich lange Menschenschlangen bilden. De facto ist die Masse also jetzt mit Tausenden von Plüschmäusen eingesperrt. "Nutzen Sie die Zeit doch einfach und kaufen Ihren Kindern was Schönes", rät ein Mitarbeiter.

Das Weihnachtsgeschäft, es hat mit einer Geiselnahme begonnen. Und auch die Jungs von der Rolltreppenfirma haben es so gar nicht eilig.

Martin Zips, SZ vom 26./27.11.2011

Hot Pant

Quelle: steinerpicture_Fotolia

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Mitten in ... Uterga

Ein schöner Frauenpo kann selbst brave Christenmänner verwirren. "Deiner Hüften Rund ist wie Geschmeide", jubelt schon das Hohelied Salomos. Auf dem Jakobsweg, der ja ein Weg der Läuterung sein soll, stehen kurz vor Uterga etwa zehn weißhaarige deutsche Pilger in bunter Funktionskleidung vor einer Marienstatue und beten laut.

Zehn Minuten später kommt die Truppe in der Dorfbar an. Ihr folgt kurz darauf eine Pilgerin: sehr jung, sehr attraktiv und in Hot Pants, die satanisch zu nennen keine Übertreibung wäre. Auch die frommen Senioren schauen hin - und sind plötzlich wie verwandelt. "Ja, hallo-ho!", ruft einer. Ein anderer formt mit den Händen wilde Rundungen.

Die junge Schöne wirft ihnen einen kühlen Blick zu - dann setzt sie sich schnurstracks zu einem Mann, der alles tut, um so zu gucken, als führe er nichts Böses im Schilde.

Marc Felix Serrao, SZ vom 26./27.11.2011

Bangalore becomes third Indian city to open metro service

Quelle: picture alliance / dpa

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Mitten in ... Delhi

Die Straßen von Old Delhi sind voll. Verbeulte Autos, Fahrrad-Rikschas, dreirädrige Taxen, Menschen und Ziegen. Mühsam quetschen sich die Touristinnen durch die Masse. Überall ernten sie Blicke und Sprüche.

Kinder und junge Männer drängeln sich heran, um die hellhäutigen Frauen heimlich anzufassen. Erleichtert verschwinden die Ausländerinnen in den Schacht der U-Bahn. Doch hier ist es dasselbe. Überall Menschen, die sich die durch Sicherheitsschleusen schubsen. Ab und an greift einer der Männer mal eben ins blonde Haar oder drückt sich allzu nah vorbei. Wehren ist zwecklos, es ist einfach zu eng.

Doch da: Auf dem Bahnsteig klebt ein rosa Schild. "Women only" - nur für Frauen. Die U-Bahn hält und die Touristinnen betreten einen Wagen, in dem nur Frauen sitzen dürfen. Es ist ein kleines Paradies. Wenn auch nur für zehn Minuten.

Kristina Läsker, SZ vom 26./27.11.2011

Frauen in der Metro in Bangalore

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Quelle: Renate Schmidt

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Mitten in ... München

Eine Ampel an der Landwehrstraße. Noch rot für die Fußgänger, eine Frau läuft dennoch los. Direkt an einem wartenden Polizeiauto vorbei. "Die ist fällig", murmelt eine andere Passantin. Doch nichts passiert. Die Polizisten scheinen durch die Fußgängerin hindurchzustarren. Die Beamtin auf dem Beifahrersitz raucht, den Ellbogen aus dem geöffneten Fenster gelehnt.

Schließlich schnippt sie die Kippe auf den Asphalt. Da nähert sich ein Rentner von der anderen Seite. "Unmöglich, Sie, was soll das?", ruft er und baut sich vor dem Streifenwagen auf. Keine Reaktion. "Sofort steigen Sie aus dem Auto und heben Ihre Zigarette auf!" Die Beamtin fährt das Fenster hoch. "Aussteigen, habe ich gesagt!!" Die Polizisten fahren los.

Der Rentner zieht weiter. Sein Fluchen versteht man kaum, aber es klingt wie: "Die bayerische Polizei ist auch nicht mehr das, was sie mal war."

Marten Rolff, SZ vom 26./27.11.2011

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Quelle: AP

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Mitten in ... Bangkok

Das Hochwasser in Bangkok geht immer mehr zurück, doch manches deutet noch auf den Ausnahmezustand hin, in dem sich die thailändische Hauptstadt wochenlang befand. Wer konnte, hatte sein Auto auf höher gelegenen Straßen geparkt, manche stehen dort immer noch herum. In der Innenstadt deuten vor allem die Sandsäcke noch auf die Flut hin. Vor Kneipen und Restaurants werden die kniehohen Barrieren als zusätzliche Sitzgelegenheit genutzt. Viele Thais sprudeln geradezu los, wenn man sie nach Hochwassererlebnissen fragt.

Ein Mann schlägt mit der Hand auf den Sandsack, auf dem er sitzt, und deutet ein lachendes und ein weinendes Auge an. Er bedauert alle, die unter dem Hochwasser zu leiden hatten. Aber er hat das Geschäft seines Lebens gemacht. Er betreibt ein Parkhaus. Und das war die vergangenen Wochen dauerbelegt.

Evelyn Vogel, SZ vom 19./20.11.2011

WM 2010 - Feature

Quelle: dpa

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Mitten in ... Windhoek

Afrika - sengende Sonne, Steppe, Savanne. Windhoek liegt auch in Afrika, auch wenn es vor langer, langer Zeit einmal deutsch war. Wahrscheinlich warten die Einheimischen deshalb bei Rot am Zebrastreifen, auch wenn nirgendwo ein Auto zu sehen ist, vielleicht haben die Mülleimer deshalb hygienische Plastikeinsätze, vielleicht schließen die Läden deshalb um halb sechs. Darum schnell rein in den Souvenir-Shop, wann kommt man schon mal wieder nach Afrika.

Geschnitzte Masken, Flaschenöffner aus Warzenschweinhorn, Batik mit Elefanten und Giraffen. Ich wähle eine bemalte Schale fürs morgendliche Müsli, angeblich eine Spezialität der Buschmänner. Die Töpferwaren, nicht das Müsli. An der Kasse hebt die Verkäuferin das gute Stück hoch und blickt mich an: "Ist übrigens auch spülmaschinenfest", sagt sie. Auf Deutsch.

Wolfgang Koydl, SZ vom 19./20.11.2011

2011 Presidents Cup - Day Two

Quelle: Getty Images

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Mitten in ... Buenos Aires

Kürzlich stieg ich zu einem der lustigen Taxifahrer von Buenos Aires in ein schwarzgelbes Auto, kramte in der Hosentasche und dachte laut nach: "Habe ich Geld dabei?". Der Fahrer sagte: "Wenn du kein Geld dabei hast, kein Problem. Du kannst mir auch deine Schuhe geben." Meine Schuhe?

Ich trug ein abgenutztes Modell mit drei Streifen, die des Chauffeurs waren neu und hatten sogar vier Streifen. Er berichtete mir von einem Passagier, der seine Pesos vergessen hatte, aber dringend zu einem Ort am Rande der großen Stadt musste. Als Bezahlung bot er ihm seine Schuhe an, Größe und Wert passten offenbar. Am Ziel löste der Gast die Schnürsenkel und zog barfuß ab, alle waren zufrieden. Ich fand zum Glück ein paar zerknitterte Scheine und entrichtete den Preis, den das Taxameter anzeigte. Mit meinen drei Streifen stieg ich aus.

Peter Burghardt, SZ vom 19./20.11.2011 (das gezeigte Schuhmodell ist übrigens neuer als das unseres Autors)

Ansturm auf die Bahn

Quelle: dpa

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Mitten in ... München

Der S-Bahnsteig am Hauptbahnhof. Morgenmuffel, Krisengesichter, graues Schweigen. Mittendrin diese Familie mit drei, nee Moment, die Frau hat ja noch ein Tragetuch um, also mit vier Kindern. Die Frau lacht, ihr Mann küsst sie, im selben Moment taucht noch ein Junge auf. Der kann ja wohl nicht auch noch dazugehören. Tut er aber.

Kurze Suche, ob irgendwo eine versteckte Kamera ist. Dreht hier das Familienministerium einen Propagandabeitrag? Wie kann man denn mit fünf Kindern und sechs Koffern nur derart gelassen inmitten dieser missmutigen Singlegesellschaft rumstehen? Da kommt der sechste Sohn angeschlendert.

Dieser Achtsamkeit in den folgenden Minuten heimlich und diskret bei ihrem innerfamiliären Gekrusche zuzugucken, war so spannend und schön, dass die S2 ohne den journalistischen Einzeller davonfuhr.

Alex Rühle, SZ vom 19./20.11.2011

MEMORIAL ON 20TH ANNIVERSARY OF THE DEATH OF JOHN LENNON

Quelle: Reuters

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Mitten in ... Bouckville

Ron hockt in Bouckville, einem Kaff im US-Bundesstaat New York, hinter dem Schreibtisch seines Antiquitätenladens. Der Mann mit der Bud Spencer-Statur zieht seine Jeans hoch und zeigt messerlange Narben auf den Knien. Künstliche Gelenke habe er jetzt, nach den vielen Prügeleien damals, als Gefängniswärter. Der Job war hart, sagt Ron. "Nur einmal war es lustig. Im Jahr 1981, als Mark David Chapman in unser Gefängnis kam, John Lennons Mörder."

Die Gefangenen, allesamt Schwerverbrecher, seien sich einig gewesen: Recht und Unrecht hin oder her, aber einen Beatle umzubringen, das sei wirklich unmöglich. Da müsse man was tun. Als Chapman dann im Gefängnis ankam, sei er in kürzester Zeit schier wahnsinnig geworden, sagt Ron. "Die Gefangenen spielten Musik, extra für ihn, aus jeder Zelle, vier Wochen lang, nur Beatles."

Philipp Crone, SZ vom 12./13.11.2011

Film "DER GENDARM VON SAINT TROPEZ" Louis de Funes Frankreich

Quelle: OBS

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Mitten in ... Saint Valery

Vom Kirchplatz aus wollen wir gegen Abend noch durch das Hafenstädtchen am Mündungstrichter der Somme bummeln. Schon der Blick hinab auf den breiten, grünbraunen Fluss, der sich dem Ärmelkanal entgegen wälzt, weckt Träume von "la douce France", dem sanften, ländlichen Frankreich. Sogar Parkplätze sind hier frei, wenn sie auch, wie alle freien Parkplätze Frankreichs, "payant" - "gebührenpflichtig" - sind. Vor dem Rathaus steht ein Automat bereit. Wir haben kein Kleingeld. Schwarz parken?

Das ist riskant in Frankreich, das seine Straßenverkehrsordnung neuerdings mit preußischer Strenge durchsetzt. Während wir zögern, schreitet ein Uniformierter auf uns zu. "Es lohnt sich nicht mehr, zu zahlen", sagt er.

"Wie bitte?", fragen wir. "Ich bin der Einzige, der hier über Recht und Ordnung wacht. Und jetzt mache ich Feierabend."

Stefan Ulrich, SZ vom 12./13.11.2011

Foto: Louis de Funès (links) in "Der Gendarm von Saint Tropez"

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Quelle: AP

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Mitten in ... Feldthurns

Unterwegs auf dem Keschtnweg bei Feldthurns im Eisacktal. Die Sonne scheint, die Herbstblätter leuchten, Wanderer wandern, Kinder hüpfen und sammeln am Rand das ein, wofür dieser Pfad auch über die Grenzen Südtirols hinaus bekannt ist: Herrliche, wohlschmeckende Esskastanien. Plötzlich, aus dem Nichts, taucht eine alte kernige Frau mit einem Rucksack auf. Sie flucht, japst, fuchtelt, hetzt durch die am Boden liegenden Blätter. Die Wanderer zucken, die Kinder erschrecken, alle haben ein bisschen Angst vor dieser Frau.

Kurz darauf ist klar, was die schon etwas ältere Dame bewegt: Die Kinder sollen endlich die Finger von den Esskastanien lassen. Das hier ist nämlich allein ihr Jagdrevier. Auf dem Markt bringt ein Kilo vier bis sieben Euro. Der Kampf um Rohstoffe, er findet auch in Südtirols schönen Bergen statt.

Gerald Kleffmann, SZ vom 12./13.11.2011

Ratgeber Wohnen: Mikrowelle - Warmes Mittagessen im Handumdrehen

Quelle: ag.ddp

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Mitten in ... Berlin

Die Neuköllner WG ist ungeheizt, nur auf dem Herd tanzt ein Deckel fröhlich im Dampf der brodelnden Gemüsebrühe. Chris erläutert, wo auch der Mensch am Abend noch tanzen dürfe: "Wir gehen auf ne Soli-Party." Aha, und mit wem zeigt ihr euch da solidarisch? "Weiß ich nicht, muss ich noch mal anrufen." Aber Solidarität sei wichtig. Und Umweltschutz. Deswegen, sagt Miri, würde sie jetzt nicht mehr googeln, weil bei jeder Anfrage die Server Strom fräßen und so 200 Milligramm CO2 verursachten.

Plötzlich erleuchtet Chris, er will jetzt ein paar Kerzen gießen, aber "kann man Wachs in der Mikrowelle schmelzen?" Es gibt einen Feldversuch auf dem Drehteller: ein paar Brocken Wachs, beschossen mit satten 600 Watt. Entkräftet von der Kälte stellt man sich die stumme Frage: Hätte man das nicht googeln können, der Umwelt zuliebe?

Cornelius Pollmer, SZ vom 12./13.11.2011

Pressekonferenz nach Sitzung des Parteirates Fischer

Quelle: picture-alliance / dpa/dpaweb

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Mitten in ... Augsburg

Ein Fahrradladen. Die Schlange ist lang - Samstagnachmittag, selbst schuld, man ist ja zu blöd, nur einen Handgriff am Rad allein zu machen. Plötzlich stürmt ein Mann - Mitte 60, weißer Rauschebart, beeindruckender Bauchumfang, zu knappes Shirt, blaue Baseballmütze - in den Laden.

Er missachtet die Schlange und ruft: "He, Sie? Schnell! Haben Sie so eine Klammer?" Die Kunden murren, der Verkäufer antwortet: "Was für eine Klammer?" Der Mann: "Etwas, womit ich meine Kappe an meinen Ohren oder Haaren befestigen kann. Sie fällt beim Fahren immer runter." Der Händler schmunzelt. "Leider nicht." Der Mann stürzt keifend wieder hinaus: "Herrgott, ihr seid doch ein Radl-Laden, zefix!"

Der Verkäufer flüstert: "Deppen gibt's!" Vor der Tür erwischt ein Windstoß den aufgebrachten Basecap-Träger. Seine Mütze segelt sanft zu Boden.

Marco Maurer, SZ vom 30./31.7.2011

Berghütte Berg Knigge Reiseknigge Benimmregeln für Hütten Benimm

Quelle: dpa/dpaweb

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Mitten auf dem ... Jochberg

Über 2000 Höhenmeter ist man per du, heißt es, egal, ob man etwa mit seinem Chef, dessen Frau oder einem Fremden unterwegs ist. Weil: Die Höhenluft verbindet, dort oben sind alle gleich, zusammen ist man weniger allein und so fort. Gut, die Sintersbacher Wasserfälle in Tirol liegen nicht einmal auf 1500 Metern, aber Berg ist Berg, und so grüßt man die Familie beim Überholen mit einem lässigen "Servus". Der Einheimische, ein furchterregend athletischer Glatzkopf, grüßt nicht zurück, sondern erwidert ein barsches "Kennen wir uns?".

So in die Schranken gewiesen, wandert man weiter, eingeschüchtert bis empört. Bei der nächsten Rast begegnet man sich wieder. "Tut mir leid wegen vorher", sagt der Mann nun, "Ich hab halt 'dacht, ihr wärt Preißn." Und man kontert furchtlos (in Gedanken): Als ob das die Sache besser machte, du Hund, du.

Martin Wittmann, SZ vom 23./24.7.2011

Ratgeber Gesundheit: Joggen liegt bei Frauen im Trend

Quelle: Jens-Ulrich Koch

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Mitten in ... München

Na, was machen die Schwabinger Muttis denn heute? Aha. Rückbildung im Englischen Garten. Zehn Blondinen joggen samt Nachwuchs im Kinderwagen einer Personal-Trainerin hinterher. In Zweierreihen. Die Muttis haben lange, blondgefärbte Haare, die mit einem Haargummi am Hinterkopf zusammengehalten werden. Die meisten von ihnen tragen ein iPhone am Gesäß. Die Personal-Trainerin: "Und jetzt den Kopf nach links leicht beugen." Die Muttis beugen ihren Kopf nach links.

Die Personal-Trainerin: "Und jetzt den Bauch ganz straff anziehen." Die Muttis ziehen den Bauch an. Hinter ihnen staut sich ein Rudel Fahrradfahrer. Hey, könnt ihr eure Rückbildung nicht auf dem Spielplatz machen? Endlich, der Weg wird breiter. Jetzt schnell überholen. Die Personal-Trainerin ruft: "Und jetzt treten wir zur Seite aus."

Martin Zips, SZ vom 23./24.7.2011

Urteil im Prozess um Rockermord

Quelle: dpa

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Mitten in ... Bitterfeld

Eigentlich bin ich recht friedlich. Aber es gibt Dinge, die unvermittelt Aggressionen in mir auslösen. Auf der A9, kurz vor Bitterfeld, nähert sich das Auto, in dem ich als Beifahrerin sitze, einer Gruppe Motorradfahrer, alle mit dem gleichen Aufnäher hinten auf der Jacke. In Frakturschrift steht da: "Kampfkraft Sachsen". (Name geändert, ich will ja keinen Krieg provozieren.) "Nazis, das sind sicher Nazis!", rufe ich empört und strecke den Bikern durchs Fenster den Mittelfinger entgegen.

Mein Begleiter am Steuer wird blass und fährt den Rest der Strecke nach München mit 220 Kilometern pro Stunde durch. Zu Hause googeln wir gemeinsam den Gangnamen. Der Verfassungsschutzbericht erwähnt zwar keine rechtsradikale Gesinnung, dafür aber "extreme Gewaltbereitschaft". Mein Begleiter parkt seitdem nicht mehr direkt vor seiner Haustür.

Judith Liere, SZ vom 23./24.7.2011

Sophies Welt - Nirgendwo ist Hannover so grün wie in Herrenhausen

Quelle: picture-alliance/ gms

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Mitten in ... Hannover

Hannover glänzt nicht unbedingt mit Highlights. Laut Ursula von der Leyen sind die Hannoveraner vor allem stolz auf "Bahlsen-Kekse und ihren Zoo". Dummerweise fangen die eigenen Kinder bei Besuchen immer an zu singen: "Nix ist doofer als Hannover." Was man ihnen untersagen muss, da Hannoveraner in Hannover in der Überzahl sind - und solche Reime selbst aus zarten Mädchenkehlen komisch rüberkommen könnten.

Dabei verfügt Hannover im Sommer über ein weiteres Highlight: das Kleine Fest im Großen Garten. In den Herrenhäuser Gärten verzaubern starke Frauen, unakrobatische Akrobaten und andere Kleinkünstler auch die eigenen Kinder. Finale: ein Feuerwerk. Seither ist Ruhe mit dem despektierlichen Reim. Die Kinder singen nun, nicht mehr ganz so rund, aber sozialkompatibler: "Nix ist toller als Hannover."

Lars Langenau, SZ vom 23./24.7.2011

© Süddeutsche Zeitung/dd/kaeb
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