Eigentlich haben wir ein Flüchtlingslager gesucht, mit Tschetschenen, mitten in Kadiköy, zwischen einer teuren Marina, Luxuslokalen und einer Kaserne. So ist das in Istanbul, immer alles nebeneinander, arm und superreich. Kadiköy ist ein asiatischer Stadtteil mit einer halben Million Einwohnern und Meerblick. Wir finden das Lager, es ist verlassen.
Nur Yildirim ist da, ein alter Türke mit schiefer Brille. Wegen der Katzen, sagt er.
40 Straßenkatzen hätten die Flüchtlinge einst aufgenommen. Nun füttert Yildirim die Tiere, kommt dafür von Europa über den Bosporus. Ob er Hilfe brauche, fragen wir. Nein, brummt er. Er sei krank, sagt er, ohne Rettung. Sein Telefon habe er abgemeldet, das brauche er nicht mehr. Nur noch die Katzen. Eine Schwarze streicht um Yildirims Beine.
Er verabschiedet sich und geht davon, ganz leichtfüßig.
Christiane Schlötzer, SZ vom 10./11. August 2013