Millenniumsfeiern in Äthiopien:Jahrtausendwechsel verpasst?

Selten, dass Äthiopien anderes als Katastrophen vermeldet. Hier nun einmal etwas Kurioses: Die Äthiopier bereiten sich mit viel Vorfreude ihre Feiern zum Jahrtausendwechsel vor - sieben Jahre danach.

Die Feiern zum Jahrtausendwechsel vor gut sieben Jahren verpasst? Kein Problem, denn in Äthiopien kann man die Party jetzt nachholen. In dem ostafrikanischen Land laufen die Vorbereitungen für den Schritt ins 21. Jahrhundert auf vollen Touren.

Feuerwerk

Besser spät als nie: Äthiopien feiert den Eintritt ins Jahr 2000 sieben Jahre nach uns - aber rechtzeitig laut Julianischem Kalender.

(Foto: Foto: dpa)

Grund für die Verspätung ist der in Äthiopien noch geltende Julianische Kalender. Nach dem findet der Wechsel von 1999 auf 2000 in diesem Jahr statt, und zwar am 12. September.

An diesem Tag werden ein großes Konzert in der Hauptstadt Addis Abeba und viele Partys Hunderttausende Gäste anlocken. Die Organisatoren hoffen, mit so bekannten Künstlern wie Beyonce, Janet Jackson und dem Rapper 50 Cent aufwarten zu können. Extra zu dem Ereignis wurde eine Konzerthalle errichtet, in der 20.000 Menschen Platz finden.

Die Feiern sollen nach den Worten von Präsident Girma Woldegirogis zugleich dazu beitragen, dem Kampf gegen Armut und für Demokratie in dem Land einen neuen Impuls zu verleihen.

Jahrtausendealte Kultur und tiefe Armut

Äthiopien gehört mit seinen 81 Millionen Einwohnern zu den ärmsten Ländern der Welt. Im Entwicklungsindex der Vereinten Nationen (UN) rangiert es auf Platz 170 von 177.

Vor diesem Hintergrund haben sich manche Äthiopier darüber geärgert, dass der saudi-arabisch-äthiopische Milliardär Sheikh Mohammed Al Amoudi zehn Millionen Dollar für den Bau der Millenniumskonzerthalle gezahlt haben soll.

"Wir könnten das Geld klüger ausgeben", sagte der 34-jährige Taxifahrer Fasile Abebe und zeigt auf einen Bettler vor einem Schnellrestaurant, das kürzlich in "Millennium Burger" umbenannt wurde." Er wird nicht mit Beyonce feiern, und ich habe keine Zeit für dieses Millennium."

Äthiopien ist ein Land voller Widersprüche, mit einer jahrtausendealten Kultur, das sich seiner mittelalterlichen Städte, Burgruinen und Schlösser rühmt. Es gilt als Wiege der Menschheit, seit dort 1974 die Überreste eines drei Millionen alten Frauenskeletts gefunden wurden, das als "Lucy" weltberühmt wurde.

Doch trotz seines reichen Erbes kämpft Äthiopien noch immer mit den Folgen immer wiederkehrender Dürre- und Hungerkatastrophen sowie den Auswirkungen von Jahrhunderten des Feudalismus und den zwei Jahrzehnten marxistischer Diktatur.

Die Millenniumsfeiern bieten der Regierung von Premierminister Meles Zenawi daher auch eine willkommene Gelegenheit, von den akuten Problemen des Landes etwas abzulenken. Dazu gehören auch der Grenzstreit mit dem Nachbarn Eritrea, die Verwicklung in den Konflikt in Somalia, wo äthiopische Truppen die Interimsregierung unterstützen, und die Auseinandersetzungen mit bewaffneten Rebellen im Ogaden-Gebiet.

Äthiopier gehen mit Optimismus ins neue Jahrtausend

Trotz all dieser Probleme sind die vielen Äthiopier optimistisch, dass es im neuen Jahrtausend besser wird. Um ein Zeichen zu setzen begnadigte der Premier im vergangenen Monat 38 Oppositionspolitiker, Dissidenten und Journalisten, die wegen eines angeblichen Umsturzversuchs nach den Wahlen 2005 verurteilt worden waren. Weitere 31 Anhänger der Opposition wurden kürzlich freigelassen.

"Diese Annäherung ist tatsächlich ein Ergebnis der guten Stimmung, die die Jahrtausendwende mit sich bringt", sagte Mulugeta Aserate Kassa, vom Organisationskomitee für die Feiern.

"Es ist an der Zeit, dass die Nation eine Wiedergeburt erlebt, eine Wiedergeburt unserer Lebensart und unserer Akzeptanz einer demokratischen Gesellschaft." Diesem Anspruch dienen einen ganze Reihe von Veranstaltungen zum Millennium in den nächsten Wochen. Dazu gehört ein zehn Kilometer "Millenniumslauf'' mit dem legendären äthiopischen Langstreckenläufer Haile Gebrselassie, die Einweihung von elf Denkmälern im ganzen Land sowie die Eröffnung eines Kaffee-Museums in Bongo, wo die Kaffeesorte Arabica herstammt.

Die 27-jährige Anwältin Hiwot Binyam kann die Feiern gar nicht erwarten: "Es ist fantastisch, wir wollen unseren Ruf als Ort von Hunger und Krieg hinter uns lassen. Das gibt uns die Möglichkeit, unsere reiche Kultur zu präsentieren, in der mehr als 80 Volksgruppen relativ friedlich miteinander leben. Und wir feiern gern."

(akr/tin Reuters)

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