Lifestyle:Der Indiana Jones der Düfte

Der Tropenbotaniker Bruno Bordenave durchkämmt den Dschungel im Auftrag der Schönheit

Am würzigen "Santalum album" kann er sich nicht satt riechen und den betörenden Duft von "Vanilla planifolia" mit Worten zu beschreiben, fällt ihm schwer. Weich, warm, balsamisch - wenn Bruno Bordenave in französischem Singsang oder charmant gebrochenem Englisch über die Aromen exotischer Gewächse spricht, atmet er dazu tief ein, als wolle er sämtliche Wohlgerüche von Anis bis Zeder gleichzeitig inhalieren. Das orientalische Sandelholz, die vollmundige Vanille haben es dem Biologen aus Paris besonders angetan und sofern er nicht gerade unterwegs ist in den Ursprungsländern der Pflanzen, kann er immerhin im Labor an Reagenzgläsern mit den Konzentraten schnuppern. Sich berauschen an Vetiver und Mimose, das gehört bei Bordenave sozusagen zum Berufsrisiko.

Lifestyle: Bruno Bordenave im Auftrag der Schönheit

Bruno Bordenave im Auftrag der Schönheit

(Foto: Foto: Clarins)

Dabei ist der Genuss der Düfte nur ein - zugegebenermaßen äußerst angenehmer - Nebeneffekt seines eigentlichen Jobs. Docteur Bruno Bordenave, promovierter Tropenbotaniker, erforscht Pflanzen auf ihre Inhaltsstoffe hin, sammelt Samen und Stengel, Rinden und Blüten, um herauszubekommen, ob sie dem Menschen gut tun. Nicht dem kranken Menschen, sondern dem, der gut aussehen will: Machen die unscheinbaren Blätter eines Regenwald-Baums womöglich müde Haut wieder munter, kann das Wurzelextrakt einer Dschungel-Palme schlaffe Augenlider straffen? Auf der Suche nach den Antworten durchforstet Bordenave seit Jahren den tropischen Urwald. Er selbst wirkt nicht wie der Typ Mann, der den Tag mit langwieriger Gesichtskosmetik beginnt. Seine aufwändigen Touren in Sachen Schönheit unternimmt er vielmehr für diejenigen Frauen (und Männer), die sich morgens in der Hoffnung auf ewig rosigen Teint und immer zarte Wangen aus Tiegeln und Tuben bedienen: Monsieur Bordenave ist der hauseigene Pflegeforscher des französischen Kosmetikunternehmens Clarins, eine Art Beauty- Scout mit akademischen Würden und Spezialauftrag. "Unser Indiana Jones" wird der weitgereiste Bordenave, der sein schulterlanges schwarzes Haar zu einem Zopf zusammengebunden trägt, denn auch scherzhaft in der Firma genannt.

Simple Naturbeobachtungen rufen ihn und seine Kollegen auf den Plan: Wie schafft es der vergleichsweise dünne Stiel der Sonnenblume, die schwere Blüte zu tragen? Laborarbeiten förderten ein spezielles Molekül zutage, das wegen seiner straffenden Eigenschaften sogleich Verwendung als Bestandteil einer Gesichtsmaske fand.

Der Indiana Jones der Düfte

Oft kommt die Anregung aber nicht von der Wiese um die Ecke, sondern aus entlegeneren Winkeln, wo Bruno Bordenave zugange ist. Französisch Guyana ist eine seiner bevorzugten Forschungsregionen und das nicht nur, weil die Hauptstadt des südamerikanischen Lands den würzigen Namen Cayenne trägt, was ganz im Sinne des Duftfreunds Bordenave ist. Der ungeheure Artenreichtum lässt den 43-Jährigen immer wieder in das Amazonasgebiet reisen, um neue Geheimnisse der tropischen Flora zu ergründen. Als langjähriger Mitarbeiter des renommierten "Muséum National d'Histoire Naturelle" hat der Biologe lange vor seinem Kontakt zur Kosmetikbranche Erfahrungen in der Ethnobotanik gesammelt.

Die Stärkungsbäder von Saramaca

Der Umgang der Bevölkerung mit den heimischen Pflanzen, Bräuche und religiöse Rituale örtlicher "Wunderheiler" können der Schlüssel für die Entdeckung neuer Wirkstoffe sein. So beobachteten Bordenave und sein Team die Menschen von Saramaca in Guyana bei rituellen so genannten "Stärkungsbädern", die die Männer nach der Jagd unter Verwendung von bestimmten Blättern und Rindenstücken nahmen. Allerdings, so Bordenave, "dauerte es Jahre, bis sie mir verrieten, dass es sich um Bocoa-Blätter handelte".

Der Bocoa-Baum ("Bocoa prouacensis"), auch Eisenholz genannt, gilt der indianischen Bevölkerung wegen seiner außergewöhnlichen Robustheit und Langlebigkeit als heilig - Bordenave brachte Blätter und Rinde in die Labors nach Frankreich, wo sich das gewonnene Extrakt als hautschützend und besonders straffend erwies. Inzwischen verarbeitet Clarins den mittlerweile patentierten Wirkstoff zu einer Körperlotion. Großen Wert legt Bordenave darauf, dass bei der Nutzung der exotischen Pflanzen ihr Bestand nicht gefährdet, die Lebensbedingungen der Bevölkerung nicht beeinträchtigt werden. Von der Wildnis ins Parfümerieregal - auch dem vanilleduftenden Büffelgras, zunächst vor allem als gebräuchlicher Aromastoff für Wodka bekannt, hat der Ethnobotaniker zu einer kosmetischen Karriere verholfen. Indiana Jones' neuester Streich: "Mourera fluviatilis". Die leuchtend rosafarbene Wasserpflanze aus dem Amazonasgebiet wächst nur in Stromschnellen und blüht wegen ihrer leistungsstarken Wasserdepots auch bei extremer Trockenheit. Unter dem Mikroskop in Paris erwies sich Bordenaves "Mitbringsel" als wahrer Feuchtigkeits- Quell für trockene Haut.

Weitere Coups des Dschungel-Forschers sind zu erwarten. Bordenave erzählt nicht ohne Stolz, dass er in den Tropen kürzlich eine bislang unbekannte Art aus der Familie der Veilchengewächse entdeckte, die nun nach ihm benannt ist ("Hekkingia bordenavei"). Und was die Welt der Tiegel und Töpfchen betrifft, so habe er, sagt Monsieur Indiana Jones lächelnd, "noch ein paar Ideen auf Lager". Klingt fast, als sei er der ultimativen Jungbrunnen- Wundercreme auf der Spur. Es bleibt spannend.

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