Laser-Attacken auf Flugzeuge:Bei Angriff Blindflug

Für die einen ist es nur ein Dummer-Jungen-Streich, doch Attacken mit Mini-Lasern werden zur Gefahr für den Luftverkehr - sie können den Piloten zumindest zeitweise die Sicht rauben.

Ralf Wiegand

Die Passagiere des späten Lufthansa-Fluges nach Hamburg haben nichts mitbekommen von dem lautlosen Bodenangriff auf ihr Flugzeug. Sanft und planmäßig landete die Maschine am vorvergangenen Freitag auf dem Flughafen in Fuhlsbüttel. Dabei waren zu diesem Zeitpunkt schon die Besatzungen von vier Streifenwagen unterwegs, um im Fall eines gefährlichen Eingriffs in den Flugverkehr zu ermitteln.

Denn kurz zuvor war auf die Lufthansa-Maschine im Landeanflug über Schleswig-Holstein mit einem Laserstrahl gezielt worden. In 1300 Metern Höhe bemerkten Kapitän und Offizier das grüne Licht, das ihr Flugzeug traf. "Solche Angriffe", sagt Flugkapitän Jörg Handwerg, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit, "nehmen ständig zu." Auch die amerikanische Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa führt über die Attacken inzwischen Buch.

"Ein Dummer-Jungen-Streich"

Die Laser-Aktion von Schleswig-Holstein war nach Ansicht der Polizei "wohl eher ein Dummer-Jungen-Streich", sagt die Sprecherin der Polizeidirektion Bad Segeberg, Sandra Rüder. Die Beamten waren in der fraglichen Nacht vom Polizeilagezentrum in Kiel benachrichtigt worden, dass in ihrem Gebiet mit einem grünen Laserstrahl auf ein Flugzeug gezielt worden war. Der Pilot der betroffenen Maschine hatte noch in der Luft die Flugsicherung in Bremen informiert und seine Koordinaten während des Ereignisses durchgegeben.

Tatsächlich hatten auch Augenzeugen in dem Örtchen Nahe die ungewöhnlichen Lichtereignisse am Himmel gesehen. Vor wenigen Tagen dann ermittelten die Beamten aufgrund der Zeugenaussagen den mutmaßlichen Täter, "einen Jugendlichen, der so ein Gerät besitzen soll", sagt Polizeisprecherin Rüder. "Wir glauben aber nicht, dass er das Flugzeug zum Absturz bringen wollte." Gegen ihn ist Anzeige wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Flugverkehr erstattet worden.

Amerikaner nennen das Problem kurz "lasing". Schon 2007 führte die Sicherheitsabteilung der Nasa Statistiken über solche Vorfälle und kam auf allein 200 Ereignisse in den USA innerhalb von vier Monaten. Sie sammelt auch Berichte von Piloten, die der Laserstrahl direkt ins Auge getroffen hat.

Welche Laser gefährlich sind

So erinnerte sich ein Erster Offizier daran, dass der Laserstrahl "einen bleibenden Fleck" in seinem Sichtfeld hinterlassen hatte, für mehr als 20 Minuten. Ein anderer Offizier berichtete von einem "blitzartigen Licht" , welches das Cockpit getroffen habe. Der Pilot habe danach über eine eingeschränkte Sehfähigkeit geklagt; später seien im Krankenhaus Blutungen im Auge festgestellt worden. Das FBI schaltete sich ein.

"Laser sind Waffen"

Den Tätern auf die Spur zu kommen oder, noch besser, die Angriffe vorher zu unterbinden, ist fast unmöglich. "Es ist so ähnlich, wie wenn Dinge von Autobahnbrücken geworfen werden", sagt Jörg Handwerg von der Pilotenvereinigung Cockpit. Laserpointer oder Zielvorrichtungen für Jagdgewehre, ebenfalls auf Laserbasis, seien auf dem Markt frei verfügbar. Vor allem aus China kämen auch Geräte mit grünem, bis 1000 Meter und weiter strahlendem und gefährlichem Licht in den Handel.

"Gegen Menschen oder Flugzeuge eingesetzt, sind das Waffen", sagt Handwerg, und so sollten sie auch behandelt werden: "Wir fordern, die Verfügbarkeit solcher Lasergeräte gesetzlich einzuschränken."

Verstärkte Patroillen in den Niederlanden

In den Niederlanden, wo rund um den Amsterdamer Flughafen Schiphol die Zahl der Laserattacken stark zugenommen hat, seien entsprechende Änderungen im Gesetz in Arbeit. Die niederländische Polizei hat die Patrouillen rund um den größten Airport des Landes verstärkt, aber noch keinen Täter fassen können. Auch in Großbritannien registrieren die Behörden Zwischenfälle mit Lasern und Flugzeugen - allein rund 200 im Londoner Luftraum im Jahr 2008. Die USA und Australien sind nach Angaben der Piloten ebenfalls betroffen.

Laserpointer gibt es in verschiedenen Leistungsklassen. Nur Laser bis Klasse 2, deren Ausgangsleistung weniger als ein Milliwatt (mW) betragen, gelten als unbedenklich. Aber auch diese Lampen können bei Kindern, deren Schließreflex des Augenlids noch nicht funktioniert, Schäden verursachen.

Gefährliche Laser sind im Handel erhältlich

Gefährlich sind vor allem Laser ab fünf mW. Im Handel sind jedoch billig produzierte Pointer mit einer großen Leistungsstreuung und mehr als zehn Milliwatt erhältlich. Solche Laser dürften eigentlich nur mit einem Fachkunde-Nachweis betrieben werden.

Für Störattacken jedweder Art kommt meistens grünes Licht zum Einsatz - aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften ist es am besten sichtbar. In Fußballstadien blenden Störer damit gerne die Spieler auf dem Rasen, bei Demonstrationen werden Laserpointer immer häufiger gegen Polizisten eingesetzt.

Im Flugverkehr ist die Attacke auf den LH-Flug nach Hamburg glimpflich ausgegangen. Es kann auch anders kommen. Im Sommer auf Rhodos, sagt Cockpit-Sprecher Handwerg, habe der Pilot den Landeanflug wegen einer Laser-Attacke abbrechen müssen: "Er startete durch."

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