Las Vegas:Im Schatten der Weißwurst

Bier, Brezel, Blasmusik: Das Hofbräuhaus in Las Vegas will bayerische Kultur pflegen und bleibt dabei doch sehr amerikanisch.

Hilmar Klute

Es gibt zwei deutsche Wörter, die es sich inzwischen in der englischen Sprache einigermaßen bequem gemacht haben.

Hopfbräuhaus; dpa

Das Original in München: Bessere Stimmung als in Las Vegas?

(Foto: Foto: dpa)

Das eine lautet "Angst" - gelegentlich auch "German Angst", weil es in den USA offenbar als genuin deutsch gilt, wenn einer mit Verzagtheit in die Zukunft blickt.

Das andere ist die Gemütlichkeit; und wer schon einmal das Münchner Oktoberfest besucht hat, weiß, dass Gemütlichkeit und Angst hier durchaus als mobiles Partyteam aufkreuzen können:

Die Gemütlichkeit geht dann eigentümliche Wege, an deren Ende entblößte Menschen auf Tischen stehen und mit Maßkrügen werfen.

Domestizierte Gemütlichkeit

Derweil sitzt die Angst im Nacken der stillen Trinker, die darauf warten können, dass ihnen die Krüge gegen die Köpfe knallen. Alles schon passiert mit mehr oder weniger fatalen Folgen.

Im Hofbräuhaus Las Vegas muss kein Gast fürchten, dass ihm Gläser entgegen fliegen. Die Gemütlichkeit kommt hier nämlich ungleich domestizierter daher als in München. Der Besucher braucht sich nicht einmal darum zu sorgen, dass ihm die Maß Bier schlampig eingeschenkt wird.

Denn die menschliche Unzulänglichkeit des Wirts wird in Las Vegas von einem automatischen Schanksystem korrigiert. Kein einziger Tropfen original Münchner Hofbräus geht beim Ausschank verloren.

Ein stabiles Bier

Stefan Gastager, dem Erfinder und Geschäftsführer des Lokals, hilft das System obendrein, Personal zu sparen, da vier Leute gleichzeitig zapfen können. "Wir wollen ein stabiles Bier haben", sagt Gastager.

Der Satz gewinnt seine groteske Schönheit aus der physikalischen Binse, dass Flüssiges nicht stabil sein kann. Aber in Las Vegas müssen ja die Dinge nicht so hundertprozentig zusammenpassen.

Die in diesem Jahr hundert Jahre alt gewordene Stadt in der Wüste Nevadas lebt einerseits vom Glücksspiel. Zum zweiten gewinnt sie ihre Anziehungskraft aus der Imitation berühmter Bauwerke, die wild durcheinander gewürfelt die Flaniermeile, den Strip, flankieren: Pyramide und Eiffelturm, Dogenpalast und Empire State Building - da passt eine Replik des Münchner Hofbräuhauses als plebejische Spielart der Postmoderne ganz gut hinein.

Stefan Gastager wollte das alles natürlich eins zu eins nachgebaut wissen. Bis in den Wandschmuck hinein sollte sich das Original Hofbräuhaus in der amerikanischen Kopie spiegeln. Man darf jetzt nicht zu kleinlich sein, aber wenn man die Schwemme betritt, kommt einem das Ganze doch sehr viel miniaturhafter vor als die Münchner Vorlage.

Wenn man die Weißwurst mit ein paar geschickten Messerschnitten öffnet, findet man das Brät ziemlich verwässert und wenig schmackhaft. Vielleicht ist das mit ein Grund, weshalb die amerikanischen Gäste die Weißwurst ausschließlich gegrillt serviert bekommen möchten. Diesen Kompromiss mussten Stefan Gastager und seine zwanzig deutschen Küchenarbeiter nolens volens schließen.

Hofbräuhaus; ddp

Das Münchner Hofbräuhaus zieht mit seinem besonderen Flair Touristenscharen an.

(Foto: Foto: ddp)

Beim Bier können sie dagegen nichts falsch machen. Es kommt aus dem originalen Hofbräuhaus in München und wird auf sicherem Weg über eine amerikanische Lieferfirma nach Las Vegas gebracht. Die Rohlinge für die Brezn stammen ebenfalls aus Bayern, werden aber in Las Vegas in speziellen Öfen fertig gebacken.

Aber warum sollte man zwanghaft das Original mit der Kopie vergleichen, wenn es mehr Freude macht, sich dem Rausch des Künstlichen hinzugeben? Der Biergarten ist mit falschem Pflaster bestückt, die Kirschblüten an den - immerhin echten - Kastanienstämmen kommen aus China und die Tische aus Tschechien.

Künstlicher weiß-blauer Himmel

Das Dach immerhin setzt sich aus 70.000 Biberschwanzziegeln zusammen, die aus Bayern nach Nevada geschafft worden sind. Ein großer Plasma-Screen überträgt die Darbietung der bayerischen Trachtenband nach draußen. Wobei über dem "Draußen" auch ein künstliches Himmelszelt wacht.

Spät abends geschieht es regelmäßig, dass die Stimmung vom Bayerisch-Griabigen hin zur Session wechselt; sogar die Trachtengruppe überwindet irgendwann ihre Verpflichtung zur Heimatmelodie und spielt dann Jazz und noch später Rock'n'Roll; das Hofbräuhaus ist an solchen Abenden voll bis zum letzten Stehplatz und wird damit zu einem der vielen dampfenden Partylokale von Las Vegas.

Mit Bayern hat das dann zwar nicht mehr allzu viel zu tun, aber das ist keine Schande; denn Tradition hin, Originalität her: An der Wand steht schließlich die Losung geschrieben, dass Durst schlimmer als Heimweh sei.

Informationen:

Hofbräuhaus Las Vegas, 4510 Paradise Road Las Vegas, Nevada 89109, Telefon: 001/7028532337, Fax: 702 407 5519, E-Mail: hb@hofbrauhauslasvegas.com, www.hofbrauhauslasvegas.com

Kostenloser Parkservice für Gäste bei Ankunft und Abfahrt. Business Lunch mit täglichen Specials von 11 bis 16 Uhr, Live-Musik mit Bands aus dem deutschsprachigen Raum im vierwöchigen Wechsel. Geschenkeladen im Eingangsbereich.

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