Kurioser Freizeitpark:Auferstehung im Zwei-Stunden-Takt

"Tierra Santa" ist so etwas wie ein "Disneyland" für Gläubige in Buenos Aires - zu Ostern herrscht hier Hochbetrieb, schließlich liegen Kreuzigung und Himmelfahrt nur wenige Schritte auseinander.

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(Foto: dpa)

Vor dem Eingang zum "Heiligen Land" in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires werden die Besucher von einem römischen Statthalter in Plastik-Rüstung, einer Frau mit Schleier und einem Esel aus Gips begrüßt. Über ihnen ziehen Passagierjets im Tiefflug hinweg, denn der Park liegt in der Einflugschneise zum Inlandsflughafen. Die sieben Hektar große "Tierra Santa" sieht aus wie ein Dorf in einem Religionsbuch für Kinder: Cremefarbene Häuschen im Stil des alten Jerusalems - kleine Bauten mit Flachdächern, größere mit goldenen Kuppeln, dazwischen Torbögen, dunkelgrün angemalte künstliche Palmen und weiße Kieswege. Über Ostern erwarten die Betreiber etwa 35.000 Besucher. Erste Station auf dem Weg durch den Park ist natürlich die Schöpfung.

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(Foto: dpa)

In einer etwas muffig riechenden Höhle wird in 15 Minuten mit Bildern, bunten Lichtstrahlen und Musik die biblische Schöpfungsgeschichte erzählt. "Que lindo", "Wie schön", raunen viele der Zuschauer. In der ersten Reihe sitzen Kinder mit offenem Mund, dahinter Eltern und Großmütter. Nach der Erschaffung der Welt schlendern die Besucher durch das kleine Dorf. Vergangenheit und Gegenwart vermischen sich. Hier Mutter Teresa, dort eine Nachbildung der Klagemauer in Jerusalem, in deren Fugen die Besucher wie beim Original kleine Zettel mit Gebeten stecken können, dazwischen grüßt sogar eine Gandhi-Figur. Eine Kapelle spielt orientalische Musik im römischen Palast, eine Bauchtänzerin dreht ihre Runden fürs Ambiente, Kinder mit rosa Zuckerwatte rennen vorbei. Auf einem künstlichen Hügel am Rande des Dorfes ...

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(Foto: dpa)

... ist die Kreuzigungsszene nachgestellt - mit lebensgroßen Figuren. Auf der anderen Seite des weißen Berges erhebt sich alle zwei Stunden eine 18-Meter große strahlend weiße Jesusfigur gen Himmel. Sie dreht sich ein paar Minuten und verschwindet dann wieder im Berg. Zur "Auferstehung" versammeln sich viele Besucher am Fuß des Hügels, bekreuzigen sich, andere küssen ein Kreuz um ihren Hals. Die meisten Besucher kommen in der Osterzeit in das "Heilige Land". Besonderes Angebot an diesen Tagen sind aufwendige Inszenierungen der Ostergeschichte: Schauspieler stellen das Letzte Abendmahl, den Kreuzweg und die Kreuzigung nach. Solche Vorführungen zu Ostern haben in ganz Argentinien - wie in anderen Teilen der spanischsprachigen Welt - eine lange Tradition. Zu den Klassikern ...

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(Foto: dpa)

... zählt auch die sogenannte "Verbrennung des Judas", bei der eine große Figur durch Feuerwerkskörper zur Freude der Zuschauer in Brand gesetzt wird. Neu hingegen ist der erste Kreuzweg unter Wasser, den es im Süden Argentiniens in Puerto Madryn in der Provinz Chubut gibt: Ein Priester im Tauchanzug hält mit anderen Tauchern unter Wasser einen Kreuzweg ab, der an den Strand des Ortes übertragen wird. Zu Gast bei Zwergen, unter Schlangen oder im mehr als anzüglichen "Love Land" - weltweit gibt es noch mehr Themenparks, die ein wenig übertreiben ...

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(Foto: AFP)

Dwarf Empire, China Ende des 19. Jahrhunderts war man im Hamburger Zoo Hagenbeck stolz auf seine Menschenschau, die Zuschauer kamen in Scharen und gafften vergnügt auf barbußige Afrikanerinnen und stillende Frauen aus Lappland, die ausgestellt waren mit ihrem Vieh - und selbst wie Vieh. Heute sind zum Glück nicht nur diese Menschenschauen undenkbar, auch Freakshows mit "der bärtigen Frau" und Menschen mit Zwergenwuchs oder anderen körperlichen Auffälligkeiten gehören der Vergangenheit an. Nicht so in China. Nahe Kunming in der Provinz Yunnan schreitet der "Zwergenkönig" im royalen Gewand, geleitet vom Leibwächter mit Helm und Sonnenbrille, durch das "Zwergenreich". Hier treten hundert Kleinwüchsige zur Belustigung der Massen auf - unter anderem männliche Tänzer im rosa Tutu in einer Schwanenseeparodie.

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(Foto: Busch Gardens)

Busch Gardens Tampa Bay, Tampa, Florida, USA Wer begafft hier wen? In den Busch Gardens in Florida können die Besucher zwar nicht auf Tuchfühlung mit gefährlichen Katzen gehen, kommen ihnen aber trotzdem ganz nah. Damit sich die Menschen wirklich in die Raubtiere einfühlen können, eröffnet der Park, der zu den Seaworld Parks gehört, im Frühjahr 2011 eine neue Attraktion: Was könnte den rasend schnellen Gepardensprint besser erlebbar machen als - genau, eine Achterbahn. Auf dem "Cheetah Hunt" werden die Waggons dreimal auf ebener Strecke katapultartig auf bis zu 97 Kilometer pro Stunde beschleunigt. Dann wird der durchgeschüttelte Achterbahnfahrer noch 36 Meter tief in einen unterirdischen Graben gestürzt. Danach dürfen die Gäste zum Gepardengehege wanken und den echten Raubtieren beim Mittagsschlaf zusehen.

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(Foto: Reuters)

Crocosaurus Cove in Darwin, Australien Gefährlichen Raubtieren kommt man auch in Australien nahe, muss sich dabei aber nass machen. Will man das Rendezvous mit dem Salzwasserkrokodil unter Wasser unbeschadet oder überhaupt überstehen, empfiehlt sich ein Aquarium im Aquarium. Die Betreiber nennen das werbewirksam den "Käfig des Todes", was hoffentlich nicht wörtlich zu nehmen ist. Wer der Sache nicht traut, vergnügt sich beim Krokodilangeln mit Fleischbrocken oder wiegt Babykrokodile. Auf dem Nachhauseweg schlagen begeisterte Besucher im Souvenirshop zu: die kleinere Krokodilshaut (36 Zentimeter Länge von Schwanz bis Nacken, der Kopf fehlt) ist für 580 Euro zu haben, eine fast 80 Zentimeter große Haut kostet knapp 1260 Euro, erhältlich in Schwarz oder Braun. Es gibt ihn also wirklich, den Käfig des Todes - allerdings nur für die Tiere.

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(Foto: AP)

Stratosphere Tower, Las Vegas, Nevada, USA "Hero or Zero?" Das soll man auf der Spitze des höchsten freistehenden Aussichtsturms der USA (etwa 350 Meter) testen. Oder ob man verrückt ist. Oder zumindest schwindelfrei. Das Angebot für Nervenstarke: "Insanity" - eine Art Kettenkarussel, mit dem die Menschen paarweise über dem Abgrund rotieren (im Bild). Auch "X-Scream" ist simpel, aber effektiv: Die Menschen werden Kopf voraus über die Balustrade in die Tiefe geschleudert. Und wieder zurückgezogen. Und wieder hinausgeschleudert. Wer lieber nach oben fliegt, steigt in den "Big Shot" - der Wagemutige lässt sich am Turmmast 40 Meter in die Höhe schleudern, ist ganz kurz schwerelos und kracht im freien Fall auf die Ausgangsposition zurück - Profis genießen die Aussicht.

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(Foto: AP)

Und springen danach - ähnlich gesichert wie bei einem Bungee-Sprung - selbst aus dem 108. Stock, beim "Sky Jump". Die Betreiber empfehlen zuvor einen Besuch der Air Bar ebenfalls im 108. Stock, um sich Mut anzutrinken.

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(Foto: Getty Images)

"Love Land", Insel Jeju, Südkorea Hier ist drin, was draufsteht: In diesem Park geht es nur um das eine - Kinder sind vor der Pforte im unverfänglichen Spielebereich abzuliefern. Wer hier rein will, muss volljährig sein, um 140 Skulpturen und Installationen wie das rhythmisch schaukelnde Auto unter die Lupe zu nehmen und sich diverse Stellungen sowie ganz andere Spielarten abzuschauen. Noch mehr Anschauungsunterricht bieten Filme à la Oswald Kolle. Schließlich ist die Insel Jeju ein beliebtes Ziel für Honeymooner. Aber auch Rentner spazieren ...

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(Foto: Getty Images)

... durch steinerne Schamlippen und an verkitschten Selbstbefriedigungs-Statuen vorbei oder erklimmen den Penis-Turm. Ein ähnlicher Park mit demselben Namen war ...

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(Foto: AFP)

... in China geplant. Doch bevor die ersten Besucher auf Riesengenitalien und Anleitungen zu abwechslungsreicheren Sex trafen, ...

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(Foto: Reuters)

... ließen die chinesischen Behörden in Chongqing den Park in seine Einzelteile zerlegen. So viel Offenheit wird hier nicht gerne gesehen.

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(Foto: AFP)

Holy Land Experience, Orlando, Florida, USA Mit Jesus an der Tafel beim letzten Abendmahl dinieren, danach gemächlich zur Kreuzigung schreiten und später über das leere Grab staunen - so sieht der Tag im Themenpark "Holy Land Experience" aus. Nicht so Bibelfeste erfahren in der Grabkammer, warum sie hier nicht den Leichnam Jesu erblicken: "Er ist nicht hier, denn er ist auferstanden." Erleuchtung ist inklusive. Wenigstens auf Achterbahnen hat man verzichtet.

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(Foto: dpa)

Ferrari World, Yas Island, Abu Dhabi, Vereinigte Arabische Emirate Ganz anderen Göttern kommt man am Persischen Golf nah, genauer gesagt einer göttlichen Marke aus Italien: Im Oktober 2010 wurde der Park rund um die berühmte Automarke eröffnet, nach stolzen Besitzerangaben der "größte Indoor-Themenpark der Welt". Der setzt auf bewährte Adrenalinkicks: Wie in Las Vegas werden die Besucher 62 Meter hoch bis über die Dächer der Anlage katapultiert und eine Achterbahn mit dem schönen Namen "Formula Rossa" fährt so schnell wie sonst Rennfahrer: Bis zu 240 Stundenkilometer sollen die Wagen samt Insassen erreichen können. Wahre Fans aber stehen wohl ...

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(Foto: dpa)

... hier Schlange: Am Simulator flitzen die virtuellen Rennfahrer rasanter als Schumi zu seinen besten Zeiten über die Strecke - bis zur nächsten Kurve.

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(Foto: Reuters)

"Fear Factor Live", Universal-Studios-Themenpark, Orlando, Florida Näher dran als einem lieb sein kann - und das auch noch freiwillig: Jede Stuntshow von "Fear Factor Live" setzt auf Beteiligung der Gäste. Die wissen meist, was auf sie zukommt, schließlich kennen sie solch schöne Erfindungen wie den "Wüsten-Hut", in dem Schlangen, Spinnen und anderes freundliches Getier über Mund, Nase, Ohren und Haare kriechen und krabbeln, schon aus der gleichnamigen TV-Sendung. Während sich hierzulande der Gruselfaktor darin erschöpft, Kandidaten des Dschungelcamps bei ihren fragwürdigen Prüfungen zuzuschauen, zahlen die Besucher von "Fear Factor Live" tatsächlich Geld dafür, um selbst mit von der Partie zu sein und vielleicht einen Schluck magenumstülpendes Gebräu coram publico hinabzuwürgen. Auf der Homepage warnen die Betreiber süffisant: "Machen Sie das nie zu Hause nach." Natürlich nicht, man soll ja in die Show kommen. Doch anscheinend finden es doch nicht so viele Menschen prickelnd, andere Menschen nahe der Panik zu beobachten. "Fear Factor Live" wird nur noch zur Hochsaison angeboten, das Pendant in den Universal Studios in Hollywood fand so wenig Anklang, dass die Show eingestellt wurde.

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(Foto: AP)

The Wizarding World of Harry Potter, Orlando, Florida, USA Angesichts der Eintrittpreise für den Harry-Potter-Park kann einem schon am Kassenhäuschen das Gruseln kommen: Ältere Kinder und Erwachsene zahlen 79 US-Dollar, Kinder von drei bis neun Jahren 69 Dollar. Dafür dürfen sie sich unter der Sonne von Florida dank kunstschneebedeckter Dächer wie in Schottland fühlen. Pech haben diejenigen Erziehungsberechtigten, die besonders leidenschaftliche Harry-Potter-Fans begleiten: In den sechs Läden des Parks sind auch Zauberbesen im Angebot - für bis zu 300 Dollar.

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(Foto: AP)

Wer sich auf den Schreck hin ein oder zwei "Butterbier" genehmigt, darf sich nicht wundern, wenn er ...

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(Foto: ap)

... anschließend seltsame Dinge sieht wie singende Kröten. Der "Harry Potter"-Freizeitpark mit der Zauberschule ist in den Universal-Themenpark Islands of Adventure eingebettet, weiterer Unterhaltungsriese in der Nachbarschaft sind die Universal Studios Florida - ebenfalls ein Ort fragwürdiger Attraktionen (siehe "Fear Factor Live").

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(Foto: Beitostolen Resort)

Trollenes Kongerike, Beitostølen, Norwegen In Norwegen gibt es Märchen. Und Trolle. Aber dass sie so aussehen? Auf knapp 2000 Quadratmetern sind pausbäckige Figuren in beschaulich-kitschigen Szenerien aufgestellt, vom Weihnachtsmann-Elf bis zum Küchen-Troll. Dann gibt es noch die Minen-Trolle. Und Wald-Trolle, besonders lieblich. Laut den Sagen Norwegens sollen alle Trolle und Zwerge aus dem Jotunheimen-Gebirge stammen, einige Märchen werden im Themenpark "Königreich der Trolle" im Ort Beitostølen am Fuß der Berge nacherzählt. Sogar das Haus von Santa Claus darf man betreten. "Ein unvergessliches Erlebnis für Menschen von zwei bis 90 Jahre!", preisen die Betreiber, das Beitostølen Apartment Hotel. Das trifft aber wohl nur auf unter Fünfjährige zu.

© sueddeutsche.de, dpa, Sabrina Scholz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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