Konnopkes in Berlin:Darm und Charme

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Nur in Berlin kann eine schnöde Wurstbude zur Institution und ihr Umzug zum Politikum werden. Nun rückt eine Lösung im Streit um Konnopkes Imbiss näher.

An Konnopkes Imbiss läuft es rund. Eine Kundenschlange steht vor dem Container im Stadtteil Prenzlauer Berg, es riecht nach heißer Wurst und Fritten-Fett. Mit oder ohne Darm lautet hier die Frage. Autos dröhnen an Stehtischen vorbei, eine Tram klingelt sich den Weg frei, die U-Bahn rattert über ihren Viadukt.

Hat es zu Bekanntheit weit über die Berliner Grenzen hinaus gebracht: Die Imbissbude mit dem überflüssigen Apostroph. (Foto: Foto: dpa)

Bis auf das Online-Portal der ABC-News in den USA drang die Kunde, dass diese paradiesischen Zustände in Gefahr seien. Die Hochbahn wird saniert, die Kreuzung umgebaut. Im Bezirksamt hielt es Pankows Stadtrat Jens-Holger Kirchner deshalb für eine gute Idee, Konnopkes Imbiss einen kleinen Standortwechsel vorzuschlagen. Das gab ein Echo, als hätte er vorgeschlagen, den Reichstag zu sprengen.

Es ist eine herrliche Geschichte um die Wurst, die sich nun wie ein Lustspiel nach vielen Verwicklungen ihrem guten Ende zu nähern scheint. Anwälte signalisierten nach langem Streit in dieser Woche erstmals Kompromissbereitschaft in Sachen Wurstbuden-Umzug. Ein Aufrücken nach Norden sei drin. Das muss natürlich noch genau verhandelt werden. 100.000 Euro wären dabei hilfreich.

Die Geschichte beginnt damit, dass die Imbissbuden-Besitzerin den eher seltenen Namen Waltraud Ziervogel trägt, 74 Jahre alt und nach Charakterisierung ihres Sohnes Mario "forsch und resolut" ist. Das mag nicht von ungefähr kommen in einer Wurstbuden-Dynastie. Ziervogel ist die Tochter von Max Konnopke, Bauernsohn aus Cottbus. Der entschloss sich 1930, in Berlin Wurstmaxe zu werden. Zunächst mit Klapptisch und Schirm. Später baute er eine Holzbude unter der Hochbahntrasse.

Es gibt Zeitzeugen, die behaupten, dass Unternehmer Max Konnopke mit seinem Gespür für Würste zu DDR-Zeiten zum ersten Millionär von Prenzlauer Berg wurde. Als Tochter Waltraud den Imbiss übernahm, ersetzte sie die Holzbude durch einen Metallcontainer. Der überstand das Ende des Sozialismus, die Wende, die wilde Nachwende-Zeit und die "Latte-Macchiatisierung" des Prenzlauer Berges, die noblere Cafés, Sushi-Läden und Mietwucher mit sich brachte. Dieses Beharrungsvermögen kann sogar eine Wurst-Blechkiste charmant machen.

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Die Fronten waren nach Stadtrat Kirchners (Grüne) Vorschlägen über einen Standortwechsel bald verhärtet. Kirchner warnte vor giftigen Farbresten, die während der Hochbahn-Sanierung auf die Wurstbude rieseln könnten. Er sprach auch vom städtebaulichem Gewinn einer neuen Imbiss-Architektur.

Doch Waltraud Ziervogel blieb hart. Sie mutierte medial zur Reinkarnation von Asterix und Obelix und verteidigte Konnopkes Imbiss-Standort gegen die Bezirksverwaltung wie die Comic-Gallier ihr Dorf gegen die Römer. Schließlich wollte sie ihren alten Kiosk lieber für 50.000 Euro während der Sanierung einschweißen lassen als umzuziehen.

Dann redete man von Berliner zu Berliner. "Wir sind Verwaltung, aber wir sind nicht blöde", sagte Kirchner. 50.000 Euro von der Verkehrsbetrieben für den Erhalt einer alten Blechkiste? Kirchner bekam böse Briefe von Wurstfreunden. Er legte für eine Einigung nach. Konnopke ist nicht nur eine Würstchenbude, sondern eine Institution. Der Stadtrat brachte eine Mitarbeiter-Toilette bei einem Imbiss-Neubau ins Spiel. Er sprach von den Fußgängerströmen, die nach dem Kreuzungsumbau nicht mehr direkt vor Konnopkes "Futterluke" ankommen würden, sondern 30 Meter weiter nördlich.

Schließlich hat sich etwas bewegt. Kirchner bekam in dieser Woche Post von Frau Ziervogels Anwalt. Darin steht, dass ein Standort 30 Meter weiter nördlich verhandelbar sei, ein neuer Imbiss auch. Mit diesem Angebot kann Kirchner leben, er beharrt nicht mehr auf Alternativ-Standorten. Konnopke hat gesprochen. Der Stadtrat klingt nun erfreut, Mario Ziervogel als Imbissbuden-Erbe auch. "Wir müssen uns auf einen Kompromiss einigen", sagt er. Nein, ein Gefecht sei das Ganze nicht gewesen. Wahrscheinlich war es sehr gute Werbung - für Konnopke, die Currywurst und Berlin.

© Ulrike von Leszczynski/dpa/beu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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