Königliche Weltreise vor 130 Jahren:Ich bin dann mal weg!

Als erster regierender Monarch machte sich der letzte König von Hawaii im Jahr 1881 auf, die Welt zu umrunden und für seine Inseln zu werben: Während dieser zehn Monate traf David Kalakaua die Queen und den Papst - und tappte in Deutschland ins Fettnäpfchen.

Die Idee kam dem König von Hawaii im Januar 1881 ganz standesgemäß - unter Palmen vor seinem Sommerhaus am Strand von Waikiki. Er werde auf Weltreise gehen, verkündete er seinem Mitarbeiter und späteren Einwanderungsminister William Armstrong. "Ich hielt das für eine faule Laune, die schnell wieder von der nächsten ersetzt werden würde", schreibt Armstrong in seinen 1904 veröffentlichten Erinnerungen. Aber David Kalakaua, der letzte König von Hawaii, blieb dabei.

Er umrundete vor genau 130 Jahren in zehn Monaten - und wohl als erster regierender Monarch - die Erde. Die Berichte über die Reise zeigen: Von Hawaii ging es per Schiff über Japan und China nach Thailand, Indien und Ägypten, dann hauptsächlich per Eisenbahn weiter durch Italien, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Deutschland, Österreich, Spanien, Portugal und schließlich wieder auf dem Seeweg in die USA und zurück in sein Königreich. "Kalakaua war für seine Zeit ein sehr fortschrittlicher Politiker, aber für einen polynesischen Herrscher war die Idee schon sehr außergewöhnlich", sagt der Wiener Ethnologe Karl Wernhart.

Er ist einer der wenigen Wissenschaftler, die sich mit dem Thema beschäftigt haben. Als Ziele der Reise habe der breitschultrig gebaute, dunkelhäutige polynesische König mit den markanten Koteletten, die "politische Zentren seiner Zeit" gewählt. Europäische Regenten seien natürlich damals schon "unglaublich reisefreudig" gewesen, sagt der Berliner Tourismusforscher Hasso Spode. "Das waren manchmal monatelange Touren, die waren ja finanziell in der Lage, das zu machen." Aber eine Weltreise eines regierenden Monarchen vor Kalakaua sei ihm nicht bekannt - der König von Hawaii müsse wohl der erste gewesen sein.

Der Anlass der Reise war allerdings ein eher trauriger. Die Bevölkerungszahl Hawaiis war aufgrund von Krankheiten, die Europäer und Amerikaner eingeschleppt hatten, auf rund 40.000 Menschen dezimiert. Kalakaua, der im Februar 1874 von der hawaiianischen Regierung zum König gewählt worden war, brauchte zum Beispiel dringend neue Arbeiter für die Zuckerrohr-Felder des Inselstaates. "Er wollte mit dieser Weltreise Kontakte für sein Inselreich knüpfen, um europäische und asiatische Ansiedler anzuwerben", sagt Ethnologe Wernhart. "Er wollte auch Handelsverträge abschließen und sein militärisches Potenzial aufrüsten."

Aber in Briefen an seine Familie gab Kalakaua auch freimütig zu, dass die Reise "die Erfüllung eines Kindheitstraums" sei. Der König reiste inkognito und mit kleinem Gefolge. Trotzdem verbreitete sich die Nachricht von seiner Ankunft in vielen Ländern schnell bis ganz nach oben. Kalakaua traf den Kaiser von Japan, den amerikanischen Präsidenten Chester A. Arthur und bekam eine Audienz beim Papst - so wird es berichtet.

In Wien versuchte er sich im Walzertanzen. In London kürte ihn Queen Victoria zum Ritter der Ehrenlegion. Und in Hongkong aß er mit dem Gouverneur zu Abend, wobei ihm allerdings immer wieder die Augen zufielen, wie sein Begleiter Armstrong berichtet. "Ich befürchtete ein explosionsartiges Schnarchen, wenn er noch fester einschlafen sollte. Es war ein Notfall!", schreibt Armstrong in seinen Erinnerungen "Around the World With a King" (etwa: Um die Welt mit einem König).

Kühler Empfang in Berlin

Rasch ließ er einer Band die Anweisung geben, die Nationalhymne zu spielen - und prompt wachte der auch als "Merry Monarch" (fröhlicher Monarch) bekannte König wieder auf.

"Eher kühl wurde Kalakaua dagegen in Berlin empfangen", erzählt Fachmann Wernhart. Als der hawaiianische Monarch im Sommer dort eingetroffen sei, weilte Kaiser Wilhelm I. demnach zur Kur in Bad Ems. Niemand habe den Gast aus Hawaii empfangen, der im "Hotel de Rome" eincheckte, bis sich Enkel Friedrich Wilhelm - der spätere Kaiser Wilhelm II. - erbarmte.

Er habe den König nach Potsdam eingeladen und ihm eine Militärübung gezeigt. Nicht viel besser lief es wohl in Essen, wo er die Kruppschen Stahlwerke besichtigte. "Er wollte Herrn Krupp einen Orden überreichen", schreibt Armstrong. "Aber weil ihm so viele Menschen vorgestellt worden waren, verwechselte er einen alten Mann mit Krupp und übergab ihm den Orden - eine Peinlichkeit, die er später in mehreren Briefen erklären musste."

Hintergrund: Der letzte König von Hawaii

Früher gab es auf Hawaii - heute ein US-Bundesstaat - ein vereinigtes Königreich. Und David Kalakaua, geboren 1836, war der letzte König des Inselreichs im Pazifik. Im Februar 1874 wählte ihn die Regierung zum König, rund 17 Jahre später starb er. Nach ihm amtierte seine Schwester Lili'uokalani für kurze Zeit als Königin, bevor Hawaii erst zur Republik erklärt und dann 1898 endgültig von den Vereinigten Staaten einverleibt wurde. Die Umstände seiner Regierungszeit waren schwierig: Die USA drängten auf die Eingliederung, viele Hawaiianer waren aber dagegen. Gleichzeitig sank die Zahl der Bewohner. Auch um neue Menschen anzulocken, ging Kalakaua 1881 auf Weltreise. Seine Tour hatte - zumindest teilweise - Erfolg: Es kamen Zuzügler hauptsächlich aus Portugal und Japan nach Hawaii.

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