Kochen im Campingbus:"Besser man lässt die Tür offen"

Lesezeit: 3 min

Dosenbohnen, lauwarme Würstchen: Martin Dorey hat "viele schlimme Sachen" gesehen bei Surferkollegen. Der Gegenvorschlag des Campingkochs: Risotto, Curry und überhaupt Mut zur guten Küche im Bus.

Von Hannes Vollmuth

Wer mit dem Campingbus in den Urlaub fährt, vernachlässigt das Kochen - und kippt am Abend meist Dosen-Ravioli in den Topf. Der Engländer Martin Dorey wollte das nicht länger hinnehmen. Heute schreibt er Kochbücher, die auf die Situation im Campingbus zugeschnitten sind.

SZ: Herr Dorey, in England nennt man Sie schon den Campingbus-Koch. Wie kam es dazu?

Martin Dorey: Ich war mein ganzes Leben lang ein Hobbysurfer und praktisch jedes Wochenende am Strand in Cornwall. Am Abend wollte ich nicht weg, aber das Geld war knapp, also schlief ich im Campingbus. Und dann musste man natürlich auch essen. So kam ich auf die Idee mit den Camper-Kochbüchern.

Klingt, als hätten Sie schlechte Erfahrungen gemacht.

Bei meinen Surferkollegen habe ich viele schlimme Sachen gesehen: kalte Bohnen aus der Dose, lauwarme Würstchen, dazu noch pappiges Weißbrot. Oder teigige Fertig-Ravioli. Oft genug habe ich das Zeug selbst runtergeschlungen. Kochen ist das Letzte, woran man denkt, wenn man im Campingbus unterwegs ist. Dabei gibt es so viele gute Rezepte.

Muscheln mit Knoblauch

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(Foto: Joanne Dorey)

Für 2 Portionen: 12 Scheidenmuscheln; 1 Spritzer Olivenöl; 1 Glas Weißwein; 2 EL weiche Butter; 1 große, gepresste Knoblauchzehe; 2 bis 3 EL gehackte Petersilie; Krustenbrot zum Servieren. Muscheln kalt abspülen, mit Olivenöl und Wein in den Topf geben, aufkochen und drei bis vier Minuten zugedeckt köcheln lassen (Schalen müssen sich öffnen). Deckel abnehmen, Butter und Knoblauch dazugeben und mit Petersilie bestreuen. Topf zudecken und eine Minute ziehen lassen. Topf hochnehmen und für das Aroma durchrütteln.

Tatsächlich? Was empfehlen Sie jetzt im Herbst?

Nächstes Wochenende werde ich mir ein Lamm-Curry mit Auberginen und Spinat machen. Man kann sich auch einen Eintopf mit Würsten und Bohnen kochen. Oder wie wär's mit einem Salat mit Cheddar-Käse, Äpfeln und gerösteten Nüssen?

Hört sich gut an, aber nach viel Aufwand. Dafür ist doch kaum Platz im Bus.

Man muss gut organisiert sein und das bisschen Platz auch nutzen, das stimmt. Aber ein Risotto oder ein Muschelgericht bekommt man ohne Problem hin. Alles, was man braucht, ist ein Brett, ein Messer und frische Zutaten. Ich schnippele das Gemüse und kippe es gleich in den Topf.

Alle Rezepte sind für einen Topf gedacht?

Fast alle. Und sie brauchen auch nur eine knappe halbe Stunde. Man kann doch keine zwei Stunden in einem VW-Bus köcheln, da wäre die Gasflasche leer.

Woher nehmen Sie die frischen Zutaten?

Ich bin im Urlaub, habe also Zeit. Die Idee meines Buches ist ja nicht, dass man vor der Abfahrt zum Supermarkt fährt und den Campingbus bis unters Dach mit Dosen vollpackt. Man kann auch einfach losfahren und unterwegs auf einen Markt gehen oder in einem Hofladen einkaufen. Da bekommt man frisches Brot, Tomaten, Käse, alles, was man braucht. Wer im Campingbus unterwegs ist, kann jeden Tag frische Sachen kaufen. Vorrätig haben sollte man nur Nudeln, Reis, Gewürze, Salz, Pfeffer, Essig, Öl.

Funktioniert Ihr Kochbuch eigentlich nur in Cornwall, wo Sie gerade leben?

Ich war vergangenes Jahr in Frankreich und hatte keine Probleme. Meine Bücher sind nicht auf spezielle Länder zugeschnitten. Curry-Gerichte, Chili con Carne oder Nudeln mit Fisch klappen überall.

Und was ist mit dem Fischgeruch im Campingbus?

Ja, das ist ein Problem, Speck anbraten auch. Besser man lässt die Tür offen.

Es soll inzwischen sogar Campingbus-Koch-Wettbewerbe geben.

Vor zwei Jahren habe ich so einen Wettbewerb sogar verloren: Alle sollten Lamm-Burger machen. Die Jury fand das Ergebnis meines Konkurrenten überzeugender. Obwohl das Rezept aus meinem Buch kam.

Aber mal ehrlich: Macht das Spaß, auf engstem Raum zu kochen?

Stellen Sie sich mal vor, Sie stehen mit Ihrem Campingbus irgendwo am Meer in den Dünen. Dann kochen Sie 30 Minuten lang eine marokkanische Gemüse-Tajine, essen entspannt vor Ihrem Bus und schauen dem Sonnenuntergang zu. Und weit und breit kein Fernseher und kein Computer. Das ist doch traumhaft, oder?

Zu Hause hat man 20 Kochbücher im Regal stehen und benutzt kein einziges. Und dort, wo man kaum Platz hat, im Campingbus, soll man jetzt ein Kochbuch verwenden. Ist das nicht paradox?

Glauben Sie mir, ich bekomme von vielen Leuten Bilder geschickt, die sich in ihrem Campingbus fotografieren - mit meinen Kochbüchern in der Hand. Vielleicht lesen die Leute auch nur das Buch und essen danach wieder kalte Bohnen, das kann natürlich sein.

Aber aus welchem Grund sollten die Menschen in einem Kochbuch schmökern?

Ich verbringe ja praktisch meine ganze Freizeit im Campingbus. Da lernt man so einige Tricks kennen, die habe ich alle in meine Bücher gepackt. Kennen Sie den Möwenwecker?

Nein, was soll das sein?

Falls Sie mal am Meer mit dem Campingbus stehen und keinen Wecker dabei haben: Schmeißen Sie einfach ein paar Brotstücke aufs Dach. Sie können sicher sein, dass die Möwen Sie zum Sonnenaufgang aus dem Schlaf schreien werden. Hab ich von einem Seebären in Irland gelernt.

Martin Dorey: Das VW Camper Kochbuch. The Soul Kitchen. Heel Verlag, Bonn-Oberkassel 2013. 288 Seiten, 29,95 Euro.

© SZ vom 10.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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