Kiribati im Pazifik:Auf dem sinkenden Paradies

Kiribati besteht gerade einmal aus etwas mehr als 30 Atollen im Pazifischen Ozean mit weißen, menschenleeren Stränden. Doch das Ende von Kiribati ist nah. Und schuld ist nicht nur der Klimawandel.

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Kiribati Pazifik Taruwa Inseln Inselstaat Pazifikregion

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Kiribati besteht gerade einmal aus etwas mehr als 30 Atollen mehr als 4500 Kilometer verstreut im Pazifischen Ozean mit weißen, menschenleeren Stränden. Aber mit der Postkarten-Idylle könnte es bald vorbei sein: Das Ende von Kiribati scheint nah. Und schuld daran ist nicht nur der Klimawandel.

Blaues Meer, ein schmaler grüner Landstreifen, weißer Sandstrand und keine Menschenseele weit und breit. Abgesehen von den Gewitterwolken, die sich am Himmel auftürmen, scheint die Szene wie aus dem Reisekatalog. Aber die Idylle, die Reuters-Fotograf David Gray in dieser Bilderserie eingefangen hat, täuscht.

Im Bild: Landeanflug auf Tarawa.

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Denn Kiribati, das auf halbem Weg zwischen Hawaii und Australien liegt, ist wortwörtlich vom Untergang bedroht und könnte schon bald im Pazifischen Ozean versinken. Präsident Anote Tong meint, sein Land werde wohl bereits in 30 bis 60 Jahren unbewohnbar sein.

Im Bild: Auf einem Boot vor Bikeman in der Lagune von Tarawa.

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Schuld am Verschwinden Kiribatis sind Klimawandel, Erderwärmung und der dadurch steigende Meeresspiegel. Die Inseln Kiribatis, bestehend aus 32 Korallenatollen und der erhöht gelegenen Vulkaninsel Banaba, erheben sich durchschnittlich nur zwei Meter über die Wasseroberfläche.

Schon jetzt sind die Folgen der sich verlagernden Sandmassen zu erkennen, wie hier auf dem Inselchen Bikeman, das durch den Bau eines Straßendammes zwischen zwei Inseln in South Tarawa und der sich dadurch ändernden Strömungen größtenteils in der Lagune versunken ist.

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Ausreichende finanzielle Mittel und Möglichkeiten, um sich gegen den steigenden Wasserspiegel und Sturmfluten zu schützen, sind nicht vorhanden. Alles, was Kiribati aufbieten kann, sind Sandsäcke, wie auf diesem neuen Straßendamm zwischen den Inseln Bariki und Betio (South Tarawa). Manche nennen Kiribati "das nächste Atlantis", erklärt Fotograf Gray.

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Kaibakia Pinata wohnt auf der kleinen, eigentlich unbewohnbaren da größtenteils untergegangenen, Insel Bikeman im Süden der Hauptstadt Tarawa, die wiederum in eine Nord- und eine Südinsel geteilt ist. Er lebt wie die meisten Einwohner Kiribatis vom Fischfang. Auf dem Bild präsentiert er Gray seine jüngste Ausbeute.

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Die Küstenlinie wird durch den Klimawandel immer mehr angegriffen, die Böden versalzen. Kaibakia Pinata und seine Frau Binata fahren jeden Tag in die Hauptstadt, um frisches Wasser zu holen.

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Einst verfügte vor allem die Insel Banaba über reichhaltige Phosphatvorkommen, die Großbritannien bis zur Neige ausschöpfte. Mittlerweile exportiert Kiribati nur noch Kokosnüsse.

Im Bild: Reste eines Turmes auf Bikeman - wo früher einmal Palmen standen.

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Auch der Tourismus ist bedroht, der immerhin ein Fünftel des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Aufgrund der absterbenden Korallenbänke bleiben die Besucher fern.

Im Bild: Eine künstliche Schutzmauer bei Ebbe im Dorf Eita auf South Tarawa.

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Tong, der Zeit zufolge ein Wortführer in der Klimaschutzdebatte, rechnet jedenfalls mit dem Schlimmsten, wenn er seinem Land nur noch wenige Jahrzehnte gibt: "Klimawandel ist eine Frage von Leben und Tod für uns. Das Land ist immer weniger in der Lage, die wachsende Bevölkerung zu tragen - da können wir nicht abwarten und einfach zusehen", sagte er im vergangenen Jahr. Mit guten Ausbildungsmöglichkeiten will er die Bevölkerung auf die Auswanderung vorbereiten. "Statt hausieren zu gehen und jemand zu suchen, der 2000 Klimaflüchtlinge aufnehmen kann, wollen wir dahin kommen zu sagen: ihr braucht ausgebildete Elektriker, Klempner, Schreiner - wir haben sie."

Im Bild: ein als Schweinestall genutzter ehemaliger japanischer Weltkriegsbunker.

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Und tatsächlich leidet Kiribati nicht nur an den Folgen des Klimawandels, sondern auch an einem hausgemachten Problem: der stetig wachsenden Einwohnerzahl. Auf South Tarawa liegt die Bevölkerungsdichte schon bei 3000 Menschen pro Quadratkilometer - auf kleineren Inseln liegt sie bereits auf dem Niveau Londons (momentan 5200 pro Quadratkilometer).

Im Bild: Meerwasser umspült bei Flut regelmäßig dieses verlassene Haus in Tangintebu auf South Tarawa.

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Diese Überbevölkerung bedeutet immer härtere Bedingungen im Alltag: Mit einer Gabel stochert diese Frau bei sengender Hitze in Schlick und Matsch nach Krebsen.

Sandsäcke sollen eine Insel des Staates Kiribati im Pazifik schützen

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Als Gray auf der kleinen Insel Bonriki, die zum Tarawa-Atoll gehört, landete und nach dem Weg zu seinem Motel fragte, empfahl man ihm: "Bleiben Sie einfach auf der einen Straße, die wir auf der Insel haben und Sie werden es nicht verfehlen." Ausreichend Platz gibt es auf den Inseln Kiribatis also nicht. Und auf diesem kleinen Raum leben viel zu viele Menschen. Auf South Tarawa allein lebt knapp die Hälfte der 103.000 Einwohner.

Im Bild: Ein Schutzwall vor Eita, South Tarawa. Die Folgen der Küstenerosion bei Eita sind hier gut zu erkennen.

Kiribati Pazifik Insel Inselstaat Pazifikregion South-Tarawa

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Und schon jetzt drängelt sich Reuters zufolge knapp die Hälfte der Bevölkerung auf einer Fläche von 16 Quadratkilometern. Mit immer weniger Lebensraum für immer mehr Menschen werden auch die hygienischen Bedingungen schlechter. In den aus Eisenteilen und Holzstücken zusammengenagelten Hütten, von denen Gray dachte, sie seien improvisierte Unterkünfte, leben die Menschen dauerhaft.

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Also ist die Bevölkerungsexplosion eine mindestens so akute Bedrohung für Kiribati wie der Klimawandel - im Bild betreut eine Frau eine Patientin in einem "Krankenhaus". In den Siebziger Jahren bereits kursierte Cholera, das könnte jederzeit wieder passieren. Ein Viertel der Einwohner von Tarawa leidet laut UN an Durchfall oder Ruhr.

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Aufgrund der Versalzung der Böden kommt aus den Brunnen nicht immer sauberes Wasser. Zudem sind den streng christlichen I-Kiribati Familienplanung oder gar Verhütung fremd. Die Sterblichkeit unter Kindern ist eine der höchsten im westlichen Pazifik.

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Der Klimawandel ist dem Forscher Simon Dorner von der University of British Columbia zufolge "auf jeden Fall eine Langzeit-Bedrohung für Kiribati, daran besteht kein Zweifel." Aber das bedeute nicht, dass dies das größte Problem momentan sei. Jeder, der das erste Mal Tarawa besuche, sei nicht über den ansteigenden Meeresspiegel verwundert, sondern darüber, wie überfüllt die Insel sei, so Dorner.

Im Bild: Matschverschmierte Kinder in Ambo auf South Tarawa

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Auch Gray hatte den Eindruck, dass Kiribati "viel, viel früher unter der Last seiner eigenen Bevölkerung sinken wird", wie er sagt.

Im Bild: der Damm, der die Inseln South Tarawas miteinander verbindet.

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In der ausweglosen Lage hat Präsident Tong bereits knapp 2500 Hektar Land auf den Fidschi-Inseln erworben, wohin seine Landsleute umsiedeln können. Auch an das nahegelegene Neuseeland wandte er sich bereits mit der Bitte, einige der Auswanderer aufzunehmen.

Im Bild: die Flutmarke auf Bikeman - im Hintergrund die Hütten der Familie Pinata.

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Kiribati ist zweifach bedroht - und die Aussichten, dieser doppelten Belastung standzuhalten, sind gering. David Gray spricht nicht von ungefähr von einem "Gefühl des Untergangs".

Im Bild: das Inselchen Bikeman aus der Ferne - so grün war es dort früher einmal.

© Süddeutsche.de/Reuters/cag/kaeb/lala
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