Kerosinzuschlag bei der Lufthansa:Jetzt geht es gegen die Passagiere

Passenger Aircraft At Dusseldorf Airport

Der Fokus liegt auf dem Profit, nicht auf den Kunden.

(Foto: Bloomberg)

Weniger Kerosinzuschlag, das wäre mal eine gute Nachricht gewesen aus einem Unternehmen, das mit den verwöhnten Piloten nicht klarkommt. Doch die Lufthansa pflegt lieber ihren Aktienkurs anstelle der Kunden.

Kommentar von Michael Kuntz

Only You (and You alone), das war ein Hit der amerikanischen Gruppe The Platters, mit dem diese 1956 durch den Rock 'n' Roll-Filmklassiker "All around the Clock" toben durfte. Nonstop You - das ist der Slogan der Lufthansa, und das passt schon irgendwie zu einer Fluggesellschaft, wie die Lufthansa eine ist: Immer nur Du - und nur mit Dir rund um die Welt. Nonstop You ist ein Versprechen, das Erwartungen weckt. Die Lufthansa unternimmt derzeit allerdings wenig, um die so geweckten Erwartungen ihrer Kunden zu erfüllen.

Gemeint ist damit nicht nur der ebenso unendliche wie unsägliche Streit über die Frage, ob für Piloten mit 55 Jahren die vollen Altersbezüge noch zeitgemäß sind in einer globalisierten Welt, in der Arbeitnehmer zunehmend als Kostenfaktoren und immer seltener als Leistungserbringer betrachtet werden. Größter Kostenfaktor bei einer Fluggesellschaft sind allerdings nicht die Piloten und schon gar nicht die Flugbegleiterinnen, voll ins Kontor schlagen die Ausgaben für den Treibstoff durch. Obwohl die modernen Jets pro Passagier immer weniger Treibstoff brauchen, machen die Kosten dafür im Durchschnitt fast die Hälfte der Ausgaben einer Airline aus.

Entsprechend sensibel gehen die Manager mit den Kerosinkosten um. Es ist ungefähr so, wie wenn Piloten gefühlvoll Gewitterwolken umfliegen. Das Manöver gelingt mal besser und mal weniger gut.

Bei den Kerosinkosten gelingt das Manöver gerade weniger gut, allen voran ist das so bei der Lufthansa. Sie eröffnet nach dem Dauerzoff mit ihrer Belegschaft ein neues Feld für Streit und Verdruss, und diesmal geht es gegen die Passagiere.

Steigt der Ölpreis, erhöht die Lufthansa gern den Treibstoffzuschlag. Zuletzt war das so im Frühjahr 2014. Sinkt der Ölpreis, dann heißt das noch lange nicht, dass auch der Zuschlag sinkt. Dafür hat die Lufthansa gute Gründe - und auch weniger gute.

Zunächst zu den guten Gründen: Sicherlich lässt sich mit den Erwartungen der Experten an den Rohstoffmärkten argumentieren, wonach bereits binnen Jahresfrist wieder mit deutlich höheren Ölpreisen zu rechnen ist. Dies drückt sich zum Beispiel darin aus, dass Kontrakte über die Lieferung von Rohöl in zwölf Monaten heute zu deutlich höheren Preisen gehandelt werden als den derzeitigen. Spekulanten mieten sogar Riesentanker dafür an, als beweglichen Lagerraum auf Zeit. Was heißt das für die Lufthansa? Die Einlagerung von so viel Kerosin wie möglich wäre einer Airline also derzeit unbedingt zu empfehlen.

Die malträtierten Fluggäste würden sich freuen

Nun zu den weniger guten Gründen der Lufthansa, eine Senkung des Kerosinzuschlages zu verweigern: Wie die anderen international tätigen Airline-Konzerne auch sichert die Lufthansa ihre Treibstoffkosten durch Hedging-Geschäfte ab, bei denen das Risiko steigender Preise gegen eine Prämie vom Partner dieser Wette übernommen wird. Dumm nur, wenn es dann anders kommt.

So wie jetzt. Dann ist es für die Kunden einer Fluggesellschaft nicht besonders toll, wenn sie beiläufig erfahren, dass sie eigentlich immer zahlen dürfen. Für die Risiken am Rohstoffmarkt oder aber für die Aktionäre der Lufthansa.

Denn an der Börse wurde das Signal, es werde ein hoher außerordentlicher Ertrag aufgrund günstiger Kerosinkosten anfallen, mit Wohlgefallen aufgenommen. Pflege des Aktienkurses statt der Kunden, darüber können sich allenfalls Passagiere freuen, die zugleich Aktionäre sind. Die Empörung des normalen Fluggastes nimmt noch zu, wenn er erfährt, dass Großkunden für Luftfracht durchaus mit Nachlässen rechnen dürfen.

Weniger Kerosinzuschlag, das wäre mal eine gute Nachricht gewesen aus einem Unternehmen, wo wechselnde Personalmanager mit den verwöhnten Piloten nicht klarkommen. Eine Lufthansa, die sich immer mehr den Billigfliegern annähert, mit enger Bestuhlung, schlichtem Service in der Luft und unpersönlicher Automaten-Abfertigung am Boden. Die sogar ihre langjährigen Stammkunden gegen sich aufbringt durch Mails und Briefe, in denen eine vollmundige Marketing-Sprache ständig neue Sparmanöver kaschieren soll. Eine treue Kundschaft, die mehr malträtiert als anständig behandelt wird, würde sich mal über eine positive Nachricht freuen.

Einfach mal eine Senkung des Treibstoffzuschlages zu verkünden, damit hätte die Lufthansa ihren Nonstop-You-Fluggästen auf eine für viele nachvollziehbare Weise gezeigt, dass sie die Passagiere mindestens so mag wie ihre Aktionäre. Dazu fehlt dem aktuellen Management offensichtlich der Mut. Das ist ein Fehler.

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