Kegelrobben auf Helgoland:Die wollen nicht nur spielen

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Nirgendwo kann man das größte Raubtier Mitteleuropas besser beobachten als auf Helgoland. Doch zu nahe sollte man sich nicht heranwagen.

Sie dösen friedlich am Strand oder balgen sich jaulend und knurrend in zärtlicher Umarmung. Sie strecken ihre glänzend grauen Bäuche in die Sonne oder schwimmen nur wenige Meter vom Spülsaum entfernt in der Brandung: Auf Helgoland lässt dich das größte Raubtier Mitteleuropas - die Kegelrobbe - aus nächster Nähe bestaunen.

"Nirgendwo sonst in Deutschland kommt der Mensch so dicht an Kegelrobben heran", sagt Uwe Schneider vom Verein Jordsand: Bis auf 30 oder 35 Meter können sich Naturfreunde gefahrlos den bis zu drei Meter langen und 320 Kilogramm schweren Raubtieren nähern.

Näher sollte sich auch niemand heran wagen, denn es sind keine zahmen Zirkustiere, die Männchen machen, sondern Wildtiere mit einem Gebiss scharf und kräftig wie bei Bären, warnt Schneider.

Tierfreunde können das nur schwer glauben, wenn sie die massigen Tiere friedlich miteinander im Sand spielen sehen. Besonders während der Wurfsaison zur Jahreswende besuchen bis zu 350 Menschen pro Tag Deutschlands einzige Hochseeinsel.

"Naturschutz und Tourismus ergänzen sich", sagt Helgolands Kurdirektor Christian Lackner. Zwar findet das Beobachten von Wildtieren im Internet per Webcam immer mehr Freunde. Doch "virtual life" kann ein wirkliches Naturerlebnis mit sämtlichen Sinneseindrücken nicht ersetzen. "Hier ist es sogar schöner als im Zoo, denn es ist irgendwie authentischer", sagt Helgoland-Besucherin Andrea Blume aus Marne.

Die Menschen hatten seit dem Mittelalter systematisch Jagd auf die Kegelrobben gemacht. Als angebliche Konkurrenten der Fischer wurden sie in der Nordsee nahezu ausgerottet, weiß Biologin Silvia Gaus von der "Schutzstation Wattenmeer".

Kalorienbombe Robbenmilch

Von den felsigen und unzugänglichen Küsten der britischen Inseln verbreiteten sie sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts jedoch allmählich wieder in der ganzen Nordsee. Heute ist eine Generation von Robben herangewachsen, die den Menschen nicht mehr als jemand ansieht, der ihn stören und jagen will.

Die Kegelrobben werden mitten im Winter mit einem schmutzig weißen Pelz geboren: Ihr Fell ist jedoch nicht Wasser abweisend. Deshalb dürfen sie in den ersten Tagen nicht nass werden, sonst erfrieren sie. Die Robbenmilch enthält bis zu 50 Prozent Fett, so dass die Jungen täglich um bis zu 1,8 Kilogramm zunehmen. Nach zwei Wochen haben sich die Robbenbabys eine dicke, wärmende Fettschicht angefressen.

Diese Schicht dient zugleich als Nahrungsreserve, bis die Tiere selber erfolgreich Fische erbeuten können. Bis dahin liegen die Jungen zum Teil stundenlang allein am Strand, während ihre Mütter unterwegs sind. "Sie sind so gut getarnt, dass man sie leicht übersieht und über sie stolpert", sagt Uwe Schneider.

Die ausgewachsenen Kegelrobben können bis zu 140 Meter tief tauchen und 20 Minuten lang unter Wasser bleiben. Auf ihrem Speiseplan stehen neben Lachsen und Dorschen auch Heringe, Makrelen und Schollen sowie Weichtiere und Krebse. Bis zu zwölf Kilogramm Futter braucht eine ausgewachsene Kegelrobbe am Tag.

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