Kanada - Ein Überblick:Land der Superlative

Mit Kanada verbindet man lauter schöne Dinge: viel Landschaft, freundliche Menschen und atemberaubende Natur. Das alles stimmt - und doch hat Kanada noch so viel mehr zu bieten.

V. Wolff

Der nördliche Nachbar der USA ist nach Russland der zweitgrößte Flächenstaat der Erde. Kanada erstreckt sich zwischen Atlantik im Osten und Pazifik im Westen über fünfeinhalb Zeitzonen - manchmal ist man nämlich auch speziell: Kanada hat nicht sechs Zeitzonen, sondern fünfeinhalb. In Neufundland ticken die Uhren eher ungewöhnlich: vier Stunden und dreißig Minuten ist man dort hinter der mitteleuropäischen Zeit zurück.

Neben zahlreichen Bodenschätzen wie Öl, Gas, Erzen, Uran, Gold und Diamanten verfügt Kanada über die größten Wasserreserven der Welt: Das Land besitzt ein Zehntel des gesamten Oberflächensüßwassers, damit muss allerdings nur weniger als ein Prozent der Weltbevölkerung versorgt werden.

Die größten Seen sind der Obere See (Lake Superior) mit 82.103 und der Huronsee (Lake Huron) mit 59.580 Quadratkilometern. Allein 3000 Kubikmeter Wasser fallen in der Sekunde an den Niagara-Fällen in die Tiefe - das entspricht etwa 250.000 vollen Badewannen. Die längsten Flüsse Kanadas sind der Mackenzie River im Nordwesten des Landes mit 4241 und der Sankt-Lorenz-Strom im Osten mit 3350 Kilometern. Dazu ist Kanada von drei Ozeanen umgeben.

Viel Land, wenig Menschen

Für die Größe ist die Besiedlung sehr dünn: nur rund 33 Millionen Menschen leben in dem Land - und das auf 9.984.670 Quadratkilometern. Die meisten von ihnen haben sich in einem Streifen bis etwa 300 Kilometer jenseits der Grenze zu den USA angesiedelt. Fast vier Fünftel der Kanadier leben in Städten, die meisten in den Metropolen Toronto, Montreal, Vancouver und Ottawa. Der dünn besiedelte Norden liegt zum Teil in der Selbstverwaltung der First Nations, der kanadischen Ureinwohner.

Die Hauptstädte der zehn Provinzen und drei Territorien sind gut besiedelt - doch wer auf dem Land wohnt, hat viel Platz und wenig Nachbarn. Beispiel Yukon: Etwa 30.000 Menschen leben dort auf etwa 500.000 Quadratkilometern - das ist nur ein Bruchteil dessen, was das Territorium nördlich von British Columbia und an der Grenze zu Alaska an Elchen, Bären und Rentieren aufzuweisen hat. Etwa 23.000 Einwohner hat die Hauptstadt Whitehorse im Süden des Territoriums, das so groß ist wie Deutschland und die Benelux-Länder zusammen - der Rest verteilt sich auf die Wildnis nördlich der Hauptstadt, in der es nur noch wenige Straßen gibt, keine einzige Ampel und viel Natur.

Die große Leere

Wie im Yukon ist mehr als ein Drittel der Landesfläche von dichten Wäldern bedeckt. Das Land erstreckt sich von der Insel Neufundland im Osten über 5500 Kilometer bis zu den Kordilleren im Westen. Vom Kanadisch-Arktischen Archipel im Norden zieht es sich über 4600 Kilometer über den Kanadischen Schild bis in die fruchtbaren Großen Ebenen im Süden.

Noch ein Vorurteil hält sich hartnäckig - dass Kanada nämlich ein eisiges Land sei. Das stimmt wohl, wenn man im tiefsten Winter in den hohen Norden reist. Wieder ein Beispiel aus dem Yukon: Dort wurde die tiefste, jemals gemessene Temperatur in Kanada mit minus 63 Grad aufgezeichnet. In dieser trockenen Witterung ist es sogar zu kalt für Schnee. Das ist nichts für Frostfürchter.

Extremes Klima

Doch sogar dort, wo im Winter die Temperaturen arktisch sind, kann das Quecksilber im Sommer bis zu 30 Grad plus ansteigen. Experten erklären die Klimazonen wie folgt: Der Norden und Nordosten Kanadas liegen in der arktischen, das Zentrum und der Nordwesten in der subarktischen Klimazone. Während der gemäßigte Südosten unter maritimem Einfluss steht, herrscht im größten Teil des Landes ein kontinentales Klima mit kalten, langen Wintern und kurzen, relativ warmen Sommern.

Denn: Die arktischen Luftmassen stoßen bis weit in den Süden vor, ohne dass sich ihnen ein Gebirge in den Weg stellt. In mehr als der Hälfte des Landes liegen die Temperaturen im Jahresdurchschnitt unterhalb des Gefrierpunktes, im Sommer steigen sie allerdings stark an. Die pazifische Südwestküste hat unter dem Einfluss einer warmen Meeresströmung relativ milde Witterungsverhältnisse. Beispiel Vancouver: Hier liegen die Temperaturen fast immer über dem Gefrierpunkt - zwar ist es im Winter oft nebelig und feucht, aber es schneit nur selten in der Metropole am Pazifik. Ganz anders 100 Kilometer entfernt in Whistler: In den Rocky Mountains sorgen meterhohe Schneemengen für beste Wintersportverhältnisse.

Multikulti-Society

Wenn die Bevölkerung Kanadas eines gut beschreibt ist es das Wort Multikulti. Die Wurzeln der meisten Kanadier liegen in Großbritannien und Irland sowie in Frankreich. Die rund sieben Millionen Frankokanadier, die vor allem in der Provinz Quebec leben, gehen auf die französischen Immigranten des 17. und 18. Jahrhunderts zurück. Heute kommen die meisten Einwanderer aus Asien.

In Kanada lebt knapp eine Million Ureinwohner, die - politisch korrekt - mit der Bezeichnung First Nations betitelt sind. Die meisten von ihnen leben im gesamten Süden und in den bewaldeten Gebieten im Norden. Hinzu kommen etwa 50.000 Inuit an den nördlichen Küsten und auf den arktischen Inseln. 1999 wurde ihnen mit Nunavut das erste weitgehend autonom verwaltete Gebiet übertragen.

Ein junges Land

Es lebt sich sehr friedlich zwischen Atlantik und Pazifik. Und: Alle Strukturen sind noch recht jung, auch wenn die Entdeckung durch die Europäer schon recht lang zurückliegt. John Cabot war es, der 1497 den Seeweg nach Indien suchte - und an der kanadischen Küste landete. Knapp 40 Jahre später nahm Jacques Cartier das Gebiet beiderseits des St.-Lorenz-Stroms für Frankreich in Besitz, 1663 wurde Kanada zur königlichen französischen Kolonie Neufrankreich. Zahlreiche Kriege folgten, hundert Jahre später trat Frankreich im Frieden von Paris 1763 alle nordamerikanischen Festlandsbesitzungen an Großbritannien ab. Mit dem Quebec Act von 1774 sicherten die Briten den Frankokanadiern Religionsfreiheit und Eigentum zu. 1791 wurde das Gebiet in Oberkanada (englisch) und Unterkanada (französisch) geteilt, 1840 wurden die beiden Regionen durch den Canadian Union Act wiedervereinigt.

Erst 1867 verabschiedete das Londoner Parlament den British North America Act, der die Dominion of Canada schuf. Das war der Zusammenschluss von Nova Scotia, New Brunswick, Quebec und Ontario. Bald darauf wurden neue Territorien und Provinzen gebildet: Saskatchewan und Alberta (1870), Manitoba und British Columbia (1870/71). 1931 erlangte das Land mit dem Statut von Westminster die vollständige Unabhängigkeit.

Nach der Verfassung von 1982 ist Kanada eine bundesstaatliche parlamentarische Monarchie im Commonwealth, Staatsoberhaupt ist die britische Königin, die durch den Generalgouverneur vertreten wird. Die Exekutive liegt bei der dem Parlament verantwortlichen Bundesregierung unter Führung des Premierministers. Das Zweikammerparlament besteht aus dem Unterhaus, mit 308 Abgeordneten, die für fünf Jahre nach Mehrheitswahlrecht gewählt werden und dem Senat. Zwar geht es weitgehend ruhig zu in der der Politik Kanadas - innenpolitischen Konfliktstoff gibt es allerdings immer wieder, vor allem durch die immer wieder aufkeimenden Autonomiebestrebungen der Frankokanadier in Quebec.

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