Jordanien:Bewegte Geschichte im Wüstensand

Oase im Brennpunkt Nahost: Das karge Land an der Grenze zu Israel und Syrien ist für Individualreisende der ideale Einstieg in die arabische Welt.

Der Blick von der Ausgrabungsstätte Umm Kais im Norden Jordaniens ist einzigartig. Von der Anhöhe der antiken Stadt Gardara schaut der Besucher auf die gegenüber liegenden Golanhöhen und den See Genezareth mit der israelischen Stadt Tiberias am entfernten Ufer.

Die Landschaft wirkt so idyllisch, dass man fast vergessen könnte, an einem Brennpunkt des Nahost-Konflikts zu stehen. Doch Jordanien hat sich aus diesen politischen Auseinandersetzungen in den letzten Jahren weitgehend heraus gehalten.

Der Urlauber wird jedenfalls überall im Lande herzlich aufgenommen und spürt so gut wie nichts von den Feindseligkeiten in der unmittelbaren Nachbarschaft. Für Individualreisende ist Jordanien ein ideales Einstiegsland in die arabische Welt.

Die Infrastruktur ist gut entwickelt, die Menschen sind freundlich und hilfsbereit und nur selten ausschließlich auf Bakschisch aus. Auch bereitet die Verständigung auf Englisch kaum Probleme, und an den meisten Ausgrabungsstätten sowie in den Museen ist die englische Beschriftung geradezu hervorragend.

Archäologisch Interessierte kommen überall im Lande voll auf ihre Kosten - selbst in Amman, einer überwiegend modernen Stadt, die erst 1921 zur Hauptstadt wurde. Aus der Zeit der Römer, die die antike Siedlung Philadelphia nannten, gibt es ein großes Theater mitten in der Altstadt sowie die Reste eines Herkules-Tempels auf der Zitadelle.

Ebenso sehenswert auf diesem Hügel - einem von vielen in Amman - ist der Palast des Kalifengeschlechts der Omaijaden, deren Empfangshalle samt Kuppel rekonstruiert wurde. Unweit davon befinden sich die Grundmauern einer byzantinischen Basilika sowie eine riesige kreisrunde Zisterne.

Die bewegte Geschichte Jordaniens lässt sich im Archäologischen Museum auf der Zitadelle nachverfolgen. Und als Symbol der aktuellen Zeitgeschichte ist fast überall in Amman die riesige jordanische Flagge auf dem Gelände des Königspalasts zu sehen. Sie weht an der Spitze eines 127 hohen Mastes, dem wohl höchsten Fahnenmast der Welt.

Etwa 50 Kilometer nördlich von Amman liegt Dscherasch, das römische Gerasa. Die Ausgrabungsstätte umfasst eine komplette Stadt mit den Überresten von Tempeln, Theatern, Marktanlagen und gepflasterten Straßen mit Säulenkolonnaden. Gleich hinter dem Hadrians-Tor am Eingang liegt das Hippodrom, in dem heute römische Wettkämpfe nachgestellt werden. Hier soll laut dem mehrfach verfilmten Roman von Lewis Wallace das berühmte Wagenrennen zwischen Ben Hur und seinem Widersacher Messala stattgefunden haben.

Atemberaubendes Panorama in Petra

Dscherasch sowie Umm Kais sind die bedeutendsten Ausgrabungsstätten im Norden Jordaniens. Die größte im Süden und die bedeutendste des Landes überhaupt ist Petra, vom zweiten Jahrhundert vor Christus bis zum Jahre 106 neuer Zeitrechnung die Hauptstadt der Nabatäer.

Der Besucher muss durch eine 1.200 Meter lange enge Schlucht laufen, reiten oder in der Pferdekutsche fahren. Dann erreicht er das so genannte Schatzhaus, eine in den rötlichen Felsen eingehauene Grabkammer mit einer rund 40 Meter hohen hellenistischen Fassade. Es ist ein schier überwältigender Anblick.

Vom Schatzhaus führt der Weg vorbei an vielen weiteren Felsengräbern zum Theater und den Tempeln im einstigen Stadtzentrum. Erklimmt man die hohen Felsen, bietet sich ein atemberaubendes Panorama. Hier wird abermals klar, dass Jordanien an seinen faszinierenden archäologischen Stätten auch dramatische Landschaften zu bieten hat.

Wer diese in ihrer Unberührtheit genießen will, sollte die Naturschutzgebiete der Wadis besuchen, vor allem das Wadi Rum südlich von Petra. Hier sind ausgiebige Wanderungen durch ursprüngliche Wüstenregionen möglich - auch auf den Spuren von Lawrence von Arabien.

Die biblische Geschichte Jordaniens wird vor allem in Madaba südwestlich von Amman offensichtlich. Die Stadt ist berühmt für ihre Mosaiken, insbesondere die Landkarte Palästinas in der griechisch-orthodoxen St.-Georgs-Kirche. Sie zeigt Jerusalem im Zentrum sowie Bethlehem, Jericho und den Jordan bis zum Toten Meer.

Letzteres sollte man übrigens unbedingt für einen Badeaufenthalt besuchen, um das sensationelle Gefühl des Schwebens auf der Wasseroberfläche zu erleben.

Unweit von Madaba, im antiken Machaerus, befinden sich die Reste des Palastes von König Herodes, wo Johannes der Täufer auf Wunsch der tanzenden Salome enthauptet worden sein soll. Die Stätte am Jordan, wo er laut der Bibel Jesus taufte, ist ebenfalls gut zu erreichen. Und schließlich lohnt sich ein Besuch auf dem Berg Nebo, wo Moses das Gelobte Land überblickt haben und gestorben sein soll. Des weiteren sind vielerorts alte Kreuzritterburgen beziehungsweise die Burgen der muslimischen Landesverteidiger zu besichtigen.

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