Jackson Hole:Cowboyhut und Skihelm in lukrativer Harmonie

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Eine amerikanische Alpenkopie besinnt sich auf ihre Wildwest-Tradition. Aber zu rau darf's nicht sein: Will man doch noch mehr als bisher zum Skigebiet für Wohlhabende avancieren.

Von Sabine Reuter

Uta trägt einen Cowboyhut, einen schwarzen, der der eleganten Lady gut steht und dessen breite Krempe das Alter wohlwollend versteckt. Als die Deutsche in den sechziger Jahren nach Jackson Hole kam, weil sie sich verliebt hatte, war der Skiort im US-Staat Wyoming noch eine Kopie eines österreichischen Alpendorfs. Was zum einen an dem Kirchturm mitten im Ort lag, zum anderen an dem berühmten Skifahrer Pepi Stiegler, der dort den Amerikanern das Wedeln beibrachte.

Idylle mit Mobilem (Foto: Foto: www.jacksonhole.com)

Das beste Haus am Platz war der "Alpenhof". Noch heute erinnert sich Anneliese Oberreit, wie sie mit ihrem Mann die rustikale Edelherberge 1963 eingeweiht hat und kein einziger Lift in Betrieb war. "Wir mussten unseren ersten Gästen Geld zurückzahlen und ihnen Steigfelle für die Ski besorgen", erzählt sie. Zwei Jahre später wurde Jackson Hole öffiziell eröffnet.

Die Pionierzeiten unter der rot-weiß-roten Flagge sind passé, und nur noch Uta und Anneliese erinnern sich. Pepi Stiegler zieht zwar immer noch seine Schwünge durch den Schnee, ganz privat und natürlich auf Carvingski. Aber junge Freerider mit Helm auf dem Kopf und Lawinenschaufel im Rucksack haben heute das Sagen und stiefeln heute zum Bridger Center, der Drehscheibe des Lift- und Pistenzirkus. Jackson Hole ist fest in amerikanischer Hand.

Im geschützten Hochtal

1992 kaufte die Familie Kemmerer das Skigebiet, das in einem 80 Kilometer langen Hochtal am Eingang zum Grand Teton National Park liegt, der wiederum direkt an den Yellowstone National Park grenzt. Die Kulisse bizarrer Felszacken und die geschützte Natur sind denn auch das Einzigartige an diesem Wintersportort.

Die Kemmerers haben ihr Vermögen mit Öl und Kohleminen angesammelt und investieren nun im Tourismus und in luxuriöse Ferienanlagen wie in dem neu erschlossenen Areal in Teton Village. Wie viele reiche Amerikaner pflegen sie gute Kontakte zur Politik. Vizepräsident Dick Cheney, ebenfalls ein Ölmagnat, hat seine private Residenz gleich neben dem Golfclub im Teton Pines Resort, der von der Golflegende Arnold Palmer geplant wurde. So ist abzusehen, dass sich in Jackson Hole bald mehr Jet-Set als sportliches Skivolk wie einst tummelt. Zudem ist Jackson Airport nur 35 Kilometer vom Skigebiet entfernt.

Lagerfeuer und Pferdesättel

Die neuen Besitzer wären keine guten Amerikaner, wenn sie nicht den Mythos vom Wilden Westen pflegten. Schließlich ist Wyoming das Land der Cowboys und hat im Staatswappen einen Rodeo-Reiter. Die Deutsche Uta hat sich mit ihrem Hut dem neuen Trend auch angepasst. In den Lodges prasselt das Lagerfeuer (manchmal elektrisch); an den Barwänden hängen ausrangierte Pferdesättel, und am Tresen wird das Bier nach Kuhhirtenmanier aus der Flasche geschluckt. Zum Après-Ski trifft man sich am Billardtisch, und die Boutiquen verpassen den Urlaubern den Western Look nach Maß.

Marketing-Chefin Anna Olson macht sich denn auch das Cowboy-Image zunutze, wenn sie das große Plus von Jackson Hole Mountain Resort anpreist: "Es gibt bei uns keine Liftschlangen", sagt sie. "Denn auf einen Einwohner kommen fünf Kühe - und die fahren nicht Ski."

Wyoming ist der siebtgrößte US-Staat, mit nur 400.000 Einwohnern (und ebenso vielen Wintertouristen!), aber der mit der geringsten Bevölkerung. Wilde Tiere, nicht nur in den beiden Nationalparks, werden von den Marketingstrategen neben der Landschaft als die große Attraktion verkauft. Elche, Bisons, Wölfe, Adler und viele andere Arten bekommt der Tourist in freier Wildbahn zu Gesicht. Die 8000 Wapiti, die laut Werbebroschüre vor den Toren der Stadt grasen sollen, müssen allerdings irgendwo unsichtbar ihren Winterschlaf halten.

Wildes Image

Auch, was die Pisten und Abfahrten rund um die zwei Skiberge Rendezvous Mountain und Apresvous Mountain betrifft, kulitiviert Jackson Hole Mountain Resort sein wildes Image. Nirgendwo sonst auf dem nordamerikanischen Kontinent gibt es so viele Buckelpisten und unpräparierte Abfahrten, nirgendwo sind sie so steil. Corbet's Couloir ist so grimmig ausgesestzt und eng, dass gehöriger Mut dazu gehört, über den Felsrand hinunter zu schauen, um auf dem Grat flugs wieder umzukehren.

"JHMR", wie die Amerikaner mit ihre Vorliebe für Abkürzungen zu Jackson Hole Mountain Resort sagen, hält den Rekord an Höhenmetern aller Skigebiete der USA: Vom Gipfel (3185 m) bis ins Tal sind es 1260 Höhenmeter, die Teton Village, die Kommune zur Skistataion, liegt schneesicher auf rund 1900 Meter Seehöhe.

Totenköpfe warnen

Den Ruf als Tiefschneeparadies für Freerider hat sich JHMR durch sein weites, steiles Gelände abseits der Pisten erworben, das noch einmal so groß wie das gesicherte Skigebiet ist. Ski- und Snowboardfahrer dürfen dort nur durch "Gates" hinein. Zur Warnung vor Lawinen und anderen alpinen Gefahren sind diese Eingangstore mit Totenköpfen und Verhaltensregeln für Freerieder markiert.

Neuerdings aber will der Ort weg von seinem Hot-Dogger- und Extreme-Skier-Image. Es ist nicht mehr so "in" wie früher, den "Weißen Drachen", den Lawinentod, herauszufordern. Die noblen Wintersportgäste mit dem dicken Geldbeutel könnte der wilde Ruf abschrecken. So betonen denn auch alle Informationsbroschüren, dass mehr als 50 Prozent der Pisten für Anfänger und mittlere Schneesportler geeignet sind.

Und jenseits vom Teton Pass liegt das familienfreundliche Skigelände von Grand Targhee, für flockigen Pulverschnee und sanfte Hänge bekannt - aber ohne privates Auto ist es nicht so einfach zu erreichen.

Informationen: Lufthansa fliegt täglich außer freitags von Frankfurt nach Denver. Die Flugzeit beträgt 10.30 Stunden. Ein Ticket hin und zurück kostet in der Economy Class ab 538 Euro. Anschluss nach Jackson mit inneramerikanischen Airlines. Weiter nach Teton Village mit dem lokalen Bus.

Reiseveranstalter: Aeroski, Im Banngarten 15, 61273 Wehrheim/Ts., Tel. 06081 / 2082, www.aeroski.com

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