Israel erwartet Besucherrekord:"Jerusalem ist nicht gefährlicher als Berlin"

Pinny Millo, Direktor des Staatlichen Israelischen Verkehrsbüros für Westeuropa, über die Angst vieler Touristen vor Israelreisen und den Reiz seines Landes.

Marc Baumann

sueddeutsche.de: Herr Millo, es ist März, aber in Deutschland kalt wie im Januar, angenommen ich wollte für eine Woche ins Warme, welche Region Israels würden Sie mir momentan empfehlen?

Israel erwartet Besucherrekord: Bad im Toten Meer

Bad im Toten Meer

(Foto: Foto: AP)

Pinny Millo: Waren sie schon einmal in Israel?

sueddeutsche.de: Äh, nein.

Millo: Das Wetter in Israel ist herrlich, aktuell haben wir 24 bis 25 Grad, im Süden, in Eilat, kann man am Strand liegen, dort sind es schon 30 Grad.

sueddeutsche.de: Was sind typische falsche Vorstellungen von deutschen Urlaubern gegenüber Israel?

Millo: Die Leute glauben, ganz Israel ist eine Wüste, da müsse man unbedingt Mineralwasser mitnehmen. Wissen Sie, wir haben mehr 5-Sterne Hotels als kleine 2-Sterne-Hotels.

Außerdem haben die Leute zu viel Angst, sie kennen das Land einfach nicht. Viele denken, das wäre ein Kriegsgebiet, als müssten sie kämpfen, sobald sie aus dem Flugzeug steigen - und das will im Urlaub natürlich niemand. Kommen sie in unser Land, sehen sie es mit eigenen Augen, es ist ein normales Leben, in Tel Aviv kann man 24 Stunden Halligalli und Fun haben. Jerusalem ist nicht gefährlicher als London, Madrid oder Berlin.

sueddeutsche.de: Gestern kam es in den Palästinensergebieten wieder zu Kämpfen, acht westliche Ausländer wurden entführt. Die Region ist alles andere als ruhig und trotzdem erwartet Israel für 2006 ein Rekordjahr für den Tourismus. Wie passt das zusammen?

Millo: Seit Anfang August 2003 sind die Anschläge drastisch zurückgegangen, seit wir den Zaun haben sind die Anschläge um 98 Prozent gesunken, sagt man. 2004 wollten die Leute erst sicher sein, ob es ruhig bleibt. Jetzt gibt es einen sehr starken Nachholbedarf.

sueddeutsche.de: Welche Regionen sind am sichersten? Welche Städte sollte man meiden? Kann man bedenkenlos etwa nach Jerusalem oder Tel Aviv reisen?

Millo: Nach Gaza muss man vielleicht nicht unbedingt hineinfahren. Sehen Sie, in den ganzen Jahren hat sich der Terror niemals gegen Touristen gerichtet, kein Tourist ist zu Schaden gekommen. Viele Leute kennen nicht die Geografie Israels, wenn sie lesen, dass Tel Aviv nur 90 Kilometer vom Gaza-Streifen entfernt ist, erschrecken sie. Aber es ist ein kleines Land.

sueddeutsche.de: Kann man als Tourist auch in palästinensisch kontrolliertes Gebiet fahren?

Millo: Wenn sie wollen, können sie in den Gaza-Streifen fahren, aber dann ist es nicht unsere Verantwortung, sondern die der Palästinenser.

sueddeutsche.de: Welchen Vorteil hat ein Urlaub in Israel gegenüber etwa einem Urlaub in Italien oder Spanien?

Millo: Die Vielfalt. Für die Deutschen ist Israel vor allem der Ursprung des Christentums. Auch das Judentum und der Islam haben hier ihre Wurzeln. Deshalb haben viele Israel-Touristen religiöse Motive, sie reisen auf den Spuren von Jesus. Man kann in Israel aber auch Ski fahren am Hermon-Berg im Norden, oder sie machen einen Citybreak, das heißt, sie reisen nur für ein Wochenende etwa nach Tel Aviv, das ist eine pulsierende Stadt, wie auch Jerusalem.

Auch wenn Sie nicht religiös sind, können Sie etwa wegen der Kultur nach Israel kommen. Hier vereinen sich Einflüsse von mehr als 100 Nationen, die Vielfalt macht Israel so interessant. Am besten machen sie erst eine Rundreise und danach einen Badeurlaub oder eine Wüstentour als Anti-Stress-Programm, als Wellness, dort gibt es nur Natur, keine Hektik von urbaner Infrastruktur.

sueddeutsche.de: Im Jahr 2005 sind mehr als 100.000 Besucher aus Deutschland nach Israel geflogen, ein Plus von 39 Prozent gegenüber dem Vorjahr...

Millo: So viel sind das gar nicht, 1996 waren 220.000 deutsche Besucher in Israel. Das Rekordjahr insgesamt für den Tourimus war im Jahr 2000, dem Heiligen Jahr. Da hatten wir in Israel 2,7 Mio Besucher. 2005 hatten wir 1,9 Millionen Besucher, mit Kreuzfahrten waren es 2 Millionen. Die Hoteliers konnten endlich wieder aufatmen, wir haben fünf sehr schwere Jahre hinter uns.

Deutschland ist was die Touristen angeht für uns wieder nur das viertwichtigste Land. Nummer eins ist die USA, mit 457.000 Besuchern im Jahr 2005. Darauf folgten Frankreich mit rund 311.000 Gästen, ein Rekordjahr und Großbritannien mit etwa 156.000. Dann erst Deutschland.

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