Interview mit Rekord-Passagier Stuker:Der Zehn-Millionen-Meilen-Mann

Vielflieger Tom Stuker hat es tatsächlich geschafft, zehn Millionen Meilen bei einer Fluggesellschaft zu sammeln. Ein schnelles Gespräch zwischen zwei Flügen über Service, Benimm an Bord und Todesangst.

Marc Felix Serrao

Der Mann geht ans Handy, ein Glücksfall. Aber er hat es eilig, wie immer. Tom Stuker, 57, soll an diesem Tag noch im amerikanischen Fernsehen auftreten, und sein nächster Flug (New York - Chicago) wartet schon. Am Wochenende hat der Experte für Autoverkäufe mit Champagner - irgendwo zwischen L.A. und seiner Heimatstadt Chicago - auf die zehnmillionste Flugmeile bei United Airlines angestoßen. Seitdem ist er ein gefragter Mann.

Thomas Stuker

Fliegt mehr als George Clooney: Thomas Stuker steht am O'Hare-Airport in Chicago vor einer Boeing 747-400, die nach ihm benannt wurde und mit einer Urkunde sowie der allerersten "Titanium United Airlines Flugmeilen-Karte". Thomas Stuker hat als erster Reisende zehn Millionen Meilen bei nur einem Anbieter erflogen.

(Foto: United Airlines/dpa)

SZ: Zehn Millionen Meilen, Herr Stuker! Wissen Sie, wie viele Jahre Ihres Lebens Sie in der Luft waren?

Tom Stuker: Ich trau mich fast nicht, darüber nachzudenken. Mit der Warterei und den Kontrollen bin ich bestimmt 40 Stunden pro Woche unterwegs. Irgendein Blogger hat mal nachgerechnet und kam auf zwei Jahre und ein bisschen.

SZ: Gibt es andere Vielflieger, die da auch nur entfernt rankommen?

Stuker: Na ja, der nächste hat vier, fünf Millionen Meilen weniger als ich. Das kann man kaum als Konkurrenz bezeichnen. Letztes Jahr bin ich 800.000 Meilen geflogen, das war auch ein Rekord. Aber was heißt das schon? Der alte Rekord war mein eigener.

SZ: Sie sind Präsident Ihrer eigenen Firma - Stuker International - und bringen Autoverkäufern weltweit bei, wie sie mehr Fahrzeuge verkaufen können. Was machen Sie, wenn Sie nicht arbeiten oder im Flugzeug sitzen?

Stuker: Ich reise! Die Pyramiden, der Eiffelturm, das Taj Mahal... Mann, ich liebe das einfach.

SZ: Können Sie sich noch an Ihr erstes Mal erinnern?

Stuker: Klar. Das war ein Flug nach San Diego, ich war Senior in der High School. Irgendwann haben wir ein Luftloch getroffen, und die Maschine ist abgesackt. Ich sag' Ihnen, da ist mir mein Magen in die Schuhe gerutscht. Danach hatte ich erst mal Flugangst.

SZ: Die haben Sie offenbar besiegt.

Stuker: Wissen Sie, was hilft? Nicht alleine fliegen. Nehmen Sie jemanden mit, der Sie beruhigt und ablenkt. Oder hören Sie schöne Musik.

SZ: Hatten Sie schon einmal Todesangst?

Stuker: Einmal. Das ist aber bestimmt 30 Jahre her. Ein furchtbarer Sturm auf einem United-Flug von Rom nach Mailand. Da war das ganze Flugzeug nervös. Heute bin ich entspannt, egal, wie doll es wackelt. Was ich allerdings schon drei Mal erlebt habe, sind Todesfälle an Bord. Das ist surreal. Einmal dachten sogar alle, ich würde mich gerade verabschieden.

SZ: Wie das?

Stuker: Das war auf einem Flug von Sydney nach New York. Ein Mitarbeiter saß neben mir, als ich Brustschmerzen bekam, irgendein Krampf. Er hat Alarm geschlagen - und binnen Sekunden war ich umzingelt. Stellt sich raus, von den 14 Leuten in der ersten Klasse waren acht Herzchirurgen. Die haben sich fast um mich gestritten.

SZ: Haben Sie irgendwelche Rituale? Bringen Sie Ihr eigenes Besteck mit? Öffnen Sie nach dem Start Ihre Hose?

Stuker: Himmel, nein! Ich lasse sogar meine Schuhe an, wenn ich schlafe. Das machen viele ja nicht. Ich bin immer wieder schockiert, was für schlechte Manieren manche Leute haben. Ich habe sogar schon erlebt, wie sich jemand im Flugzeug die Fußnägel geschnitten hat.

SZ: Aber Sie fliegen als treuester United-Kunde doch nur noch erster Klasse?

S tuker: Ja. Und da erlebe ich das alles. Geschäftsleute, die sich wie Achtjährige benehmen... wirklich unglaublich.

SZ: Und die Crew-Mitglieder? Sind Sie mit denen schon befreundet?

Stuker: Ich fliege oft nach Australien. Die Flugbegleiter, die auf den Strecken arbeiten, kenne ich wirklich gut. Wenn mich jemand fragt, warum ich nicht mal die Airline wechsle, dann sage ich: Klar, hier und da mag der Service besser sein. Aber, mal ehrlich, was braucht man da oben wirklich, außer einem weichen Kissen und ein paar guten Filmen? Ich fliege lieber 14 Stunden mit Freunden von mir.

SZ: Apropos. Sie wurden nach Ihrem Rekord sofort mit George Clooney verglichen. Der spielt im Film "Up in the Air" einen Vielflieger, der unbedingt zehn Millionen Flugmeilen sammeln will - wie Sie. Clooneys Figur ist ein erfolgreicher, sehr souveräner Reisender. Und furchtbar einsam. Wie ist das bei Ihnen? Haben Sie eine Familie, wenn ich fragen darf?

Stuker: Ja, Sir. Und wissen Sie was? Meine Frau reist genauso gerne wie ich. Mein Sohn auch. Mit dem bin ich mal in acht Tagen um die Welt geflogen. London, Paris, Hongkong, Tokio ... das werden er und ich nie vergessen. Wenn mich jemand fragt, ob ich genug Zeit mit meiner Familie verbringe, dann sage ich: Ja. Aber einen Großteil davon in der Luft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: