Interview mit einem Parfümeur:Riecht Zürich anders als Paris?

"Im Paris-Vendôme ist es ein mächtiger Duft nach russischem Leder": Der Parfümeur Blaise Mautin erklärt, wie er vorgeht, wenn er ein neues Hotel beduftet.

Interview: Hans Gasser

Blaise Mautin ist Parfümeur in Paris und stattet seit 2001 Park-Hyatt-Hotels rund um die Welt mit einem individuell für sie kreierten Parfum aus. Es kommt in Pflegeprodukten, aber auch als Raumduft vor. Mautin erklärt, warum viele Hotels nun eigene Düfte wollen und wie er vorgeht, wenn er ein neues Hotel gewissermaßen beduftet.

SZ: Ist es gerade in Mode, Hotels mit einem eigenen Duft auszustatten?

Mautin: Ja, die Nachfrage steigt. Wissen Sie, egal wo man sich auf der Welt befindet, schauen viele Hotels sehr ähnlich aus. Die guten Hotels wollen sich heutzutage abheben, personalisieren, und so geben sie dem Gast auch eine geruchliche Identifikationsmöglichkeit. Als ich 2001 das erste Mal ein maßgeschneidertes Parfum für das Paris-Vendôme gemacht habe, da war das noch sehr ungewöhnlich und neu.

SZ: Wie oft kommen Hotelgäste und Privatpersonen zu Ihnen und lassen sich ein individuelles Parfum kreieren?

Mautin: Das kommt vielleicht zehn bis 15 Mal im Jahr vor, denn es ist mit 8000 Euro auch relativ teuer. Der ungewöhnlichste Wunsch kam einmal von einem Mann, der wollte, dass ich ihm ein Parfum für seine Frau mache, aber gleich zwölf Liter davon. Er wollte damit nämlich seinen Hubschrauber parfümieren, der auch den Namen seiner Frau trug.

SZ: Wie gehen Sie vor, wenn Sie ein Parfum für ein Hotel machen?

Mautin: Zum Beispiel im Park Hyatt Zürich, meinem jüngsten Projekt, habe ich versucht, ein mit der dynamischen Glasarchitektur korrespondierendes, frisches Parfum zu entwerfen. Es enthält unter anderem eine Essenz der Ylang-Ylang-Frucht, Bergamotte, Orange, Zitrone, also alles sehr frisch. In Dubai hingegen habe ich viel mehr auf Amber-Duftakkorde gesetzt, ein viel reicherer, komplexerer Duft. Im Hotel in Istanbul wird es ein Duft auf der Basis von Rosen. Jenes in Washington riecht nach Veilchen. Es bedarf aber in jedem einzelnen Fall einer sehr intensiven Kommunikation mit der Hotelleitung, um einen wirklich passenden Hausduft herzustellen.

SZ: Meinen Sie nicht, manche Gäste fühlen sich durch diese Beduftung auch gestört?

Mautin: Man kann natürlich nie einen Duft schaffen, den alle mögen. Aber der Großteil schätzt es, ein qualitativ hochwertiges Parfum zu riechen, das ein Teil von ihrem Hotel ist. Das ist wie eine positive Überraschung für den Gast, er bekommt etwas, das für ihn kreiert wurde, das in Seifen, Shampoo, aber eben auch als Raumduft vorkommt.

SZ: Der Raumduft muss aber sehr dezent sein, um nicht zu missfallen?

Mautin: Nein, nicht unbedingt. Im Paris-Vendôme ist es ein sehr mächtiger Duft nach Patschuli, russischem Leder und Orangen. Man hat aber nicht den Eindruck, es sei ein Parfum, sondern das Hotel an sich rieche so. Das ist die Herausforderung für mich als Parfümeur, dass es als dazugehörig empfunden wird.

SZ: Wird sich denn das Parfümieren von Hotels durchsetzen?

Mautin: Wenn es gut gemacht und eingesetzt wird, dann ja. Ich glaube, in den Luxushotels wird es sich durchsetzen, in den anderen eher nicht, denn es kostet sehr viel, ein Parfum maßzuschneidern.

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