Internet und Telefonieren im Flugzeug:Bordgeflüster

Menschen nutzen ihr Smartphone

Kein Grund, um mal richtig abzuschalten: Wer in der Luft mit dem Handy telefoniert, gefährdet in dafür ausgerüsteten Flugzeugen nicht die Sicherheit. Es stört höchstens.

(Foto: AFP)

Handy, Wlan, Skype - es gibt mittlerweile viele Möglichkeiten, auch in der Luft erreichbar zu sein. Nur wollen das viele Passagiere gar nicht. Das macht es für die Airlines schwierig, einen Kurs zu finden.

Von Andreas Späth

Das Flugzeug war irgendwo über den Weiten des Atlantiks auf dem Weg nach Bogotá, als kürzlich das Halbfinale der Champions League zwischen Bayern und Barcelona angepfiffen wurde. Schlechte Karten für einen Fußballfan. Trotzdem wurde es in dem Lufthansa-Airbus in der First Class lauter als gewohnt: Mehrere Passagiere hatten über einen TV-Livestream das Spiel auf dem Bildschirm und zeigten bei Toren ihre Laptops herum. Fast so, als säße man zu Hause im Fernsehsessel.

Möglich ist so etwas durch FlyNet, das Onlineportal, das inzwischen in fast allen Lufthansa-Langstreckenjets mit Ausnahme des Airbus A380 verfügbar ist. Eine Antenne auf dem Flugzeugdach richtet sich dabei permanent auf wechselnde geostationäre Satelliten aus, je nach Flugroute muss mehrfach der Satellit gewechselt werden, doch die Unterbrechungen sind kaum zu merken. An Bord gibt es ein Wlan-Funknetz mit fünf Zugangspunkten. Die Übertragungsraten entsprechen jenen von DSL-Anschlüssen am Boden.

Der fliegende Internetzugang ermöglicht bei etlichen Fluggesellschaften inzwischen das Surfen mit Laptop oder Smartphone - allerdings meist nur in bestimmten Flugzeugtypen. Der Fluggast kann sich also selten darauf verlassen, bei einer bestimmten Gesellschaft das Angebot auf jeden Fall nutzen zu können. Selbst bei der branchenweit führenden Lufthansa soll dies erst im zweiten Halbjahr 2014 der Fall sein. Und selbst dann sind weiter weiße Flecken vorhanden. "Es gibt immer noch Länder wie China, die das verbieten und wo wir die Verbindung blockieren müssen", bedauert Patrick Brannelly, bei Emirates in Dubai für die Bordkommunikation zuständig. Die Gesellschaft vom Persischen Golf bietet derzeit in allen ihren Airbus A380 Internetzugang und Telefonie, zudem die Nutzung eigener Mobiltelefone in mehr als hundert weiteren Jets.

"Etwa 30 Passagiere haben auf diesem Flug FlyNet genutzt", sagt die Kabinenchefin kurz vor der Landung in Bogotá. Das ist eine beachtliche Quote bei rund 180 Fluggästen, vor allem wenn man bedenkt, dass es in der Economy Class keine Steckdosen an den Plätzen gibt und dass auch Nutzer in den teuren Klassen dafür einen Adapter benötigen. Eine Stunde Netzzugang kostet dann 10,95 Euro, und einmal eingeloggt läuft die Zeit gnadenlos ab - unterbrechen geht nicht. Da lohnt sich oft eher die Flatrate von 19,95 Euro für 24 Stunden, die auch auf mehreren Flügen nacheinander genutzt werden kann.

Rund 60 Prozent aller Nutzer entschieden sich für die Flatrate, sagt Produktmanagerin Sabine Hirschbiel. Im Schnitt seien sie drei Stunden davon online. "Lufthansa macht das nicht, um Geld zu verdienen", so Hirschbiel. Immerhin koste die Ausrüstung eines Flugzeugs für das Surfen in der Luft rund 250.000 Euro. Es gehe um den Service. In wenigen Jahren werde dies zum Standard gehören. Doch nicht bei allen herrscht Begeisterung: Die australische Qantas hat zum Beispiel nach einem Testlauf gerade wegen geringer Nutzung und hoher Anlaufkosten entschieden, ihre A380-Flotte nicht mit Wlan auszurüsten.

Steigende Nachfrage nach Bordkommunikation

Sehr unterschiedlich wird bis heute auch die Handy-Nutzung an Bord gehandhabt. In den USA und an Bord amerikanischer Flugzeuge ist das bisher aus rechtlichen Gründen komplett verboten. Anderswo dagegen ist es längst üblich, wie etwa bei Oman Air und Emirates. Die Sicherheit ist dadurch nicht gefährdet. Da die dafür hergerichteten Flugzeuge mit einer Empfangs- und Sendestation ausgerüstet sind, funken Handys an Bord nicht mit voller Sendeleistung, was ihre Verträglichkeit mit den besonders geschützten Flugzeugsystemen sicherstellt.

Obwohl bei Emirates und Oman Air keine Zwischenfälle oder handgreiflichen Streitigkeiten zwischen Dauerquatschern und Ruhebedürftigen bekannt geworden sind, sperren sich Lufthansa und Qatar Airways komplett gegen die Freigabe des Telefonierens an Bord. "Die Mehrzahl unserer Passagiere will das nicht, wir wollen diese letzte Bastion der Entspannung erhalten", sagt Qatar-Airways-Chef Akbar al-Baker.

Eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom in Deutschland im vergangenen Jahr scheint ihm recht zu geben: Danach waren nur 19 Prozent der Befragten für eine uneingeschränkte Nutzung von Handys an Bord, 55 Prozent aber strikt dagegen.

Selbst Skype, also Internet-Telefonie, verbietet Lufthansa an Bord, blockiert den Online-Dienst aber nicht. Immer wieder prahlen denn auch Blogger im Netz, wie hervorragend sie an Bord geskypt hätten und so das absurd teure Satellitentelefon in der Kabine (für fast zehn US-Dollar die Minute) umgehen konnten. Ihre Strategie: Den Sitznachbarn um Verständnis bitten, ein Headset benutzen und damit leise sprechen. Offenbar gibt es an Bord selten Probleme mit Skype-Nutzern: "Wir patrouillieren auch nicht als Aufpasser ständig in den Gängen, damit ja keiner skypt", sagt die Kabinenchefin auf dem Bogotá-Flug, "und wenn wir es nicht merken, auch gut, dann stört es wahrscheinlich eh niemanden."

"Wir sehen weiter eine steigende Nachfrage nach Bordkommunikation", sagt Emirates-Manager Patrick Brannelly. Vier Prozent der Passagiere nutzten Wlan auf Flügen von mehr als zwölf Stunden Dauer, allerdings nur anderthalb Prozent, wenn der Flug weniger als fünf Stunden dauere. Das ist noch ausbaufähig. Trotzdem folgen andere Fluglinien dem Beispiel: Turkish Airlines hat bereits ihre neuen Boeing 777-300ER mit dem identischen System ausgerüstet wie Lufthansa und plant, es in allen zwölf Maschinen dieses Typs sowie in ihren Airbus A330 einzuführen. Japan Airlines zieht ebenfalls nach, auch Gulf Air hat entsprechende Pläne.

Die Türken wollen, ähnlich wie bereits Oman Air, auch Live-Fernsehen an Bord bieten, allerdings keine deutschen Sender. Deutsche Fußballfans müssen dann wohl weiter auf das Internet-Angebot per Livestream zurückgreifen.

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