In der Champagne:Mit Lakritze auf Trüffeljagd

Die begehrten Knollen sind gar nicht so selten zu finden in den Laubwäldern der Champagne. Aber wo genau dort, das ist natürlich Geheimsache. Allerdings nicht für einen ganz besonderen Vierbeiner.

Von Andreas Schätzl

Die Freude ist groß. Das drückt die gesamte Körperhaltung deutlich aus. Die Nase ist praktisch im Boden verschwunden, die Ohren sind aufgestellt, der Schwanz rotiert. Und Monsieur Genevois strahlt übers ganze Gesicht: Man ist fündig geworden!

koch und hund

Der Meister und sein vierbeiniges Kapital: Koch Genevois, Labrador Réglisse

(Foto: Foto: Schätzl)

Damit es jetzt nicht zu Verwechslungen kommt: Monsieur Genevois gilt nicht diese Beschreibung. Er ist nur das Herrchen. Mit dem Schwanz wedeln tut hingegen Réglisse. Zu deutsch: Lakritze. Vier Jahre alt, 37 wohlige Kilogramm schwer, pechschwarz (daher der Name), weiblich, Labrador. Und stets gut gelaunt und zum Spielen aufgelegt.

Schweine vergessen schnell

Kein Wunder, denn der Berufsalltag von Mademoiselle ist nicht allzu hart: Sie ist Trüffelhund. Ja, genau das. Denn Schweine geraten für diesen Job aus der Mode. "Sie fressen die Trüffel nicht nur allzu oft, sie sind auch dumm," weiß Jean Genevois. "Denn so ein Hund merkt sich über viele Jahre hinweg die meisten Fundstellen. Ein Schwein nicht. Die vergessen schnell."

Jean Genevois muss es wissen. Der 52-jährige, sehr französisch aussehende Franzose ist Chefkoch im Restaurant des Hotels Le Terminus Reine in Chaumont. Deshalb hat er auch Réglisse sozusagen von Kindesläufen an fürs Trüffelsuchen ausgebildet. Mit viel Liebe und Geduld. Was man dem Tier eben auch anmerkt.

Genevois ist meist vormittags oder mittags unterwegs auf Trüffeljagd. Sehr oft in Begleitung von interessierten Hotelgästen. In den ausgedehnten und vergleichsweise lichten Laubwäldern rund um Chaumont. Eine Landschaft, die ideal passen würde für Chabrol-Filme über die Doppelbödigkeit französischer Provinz-Idyllen. Die Beute verkauft er an seinen Chef, den Besitzer des Restaurants. Um sie dann am Abend selbst zu verarbeiten.

Gourmet-Hund

Zurück zum Hauptdarsteller. Der ist fündig geworden, und Genevois zahlt seinen Preis: Entweder ist er fix genug, um den Labrador vom geschwinden Verzehr der Pilze abzuhalten (Réglisse liebt die äußerlich so unansehnlichen Knollen, die eher an die Verdauungsprodukte irgendwelchen Waldgetiers erinnern als an hoch begehrte Delikatessen, über alles), oder eben nicht. So ist das nun mal.

Mit Lakritze auf Trüffeljagd

Die graue Herbsttrüffel (Tuber Unicinatum) duftet betörend und sehr intensiv nach frisch gekochten roten Rüben (Beeten), Kartoffeln, Pilzen - und nach etwas anderem, was eben Trüffel ist. Diese sind meist an Wurzeln angewachsen, reifen von März an und sind Mitte September verzehrfähig. Ein Hinweis auf ihr potenzielles Vorkommen sind wilde Obstbäume. "In deren Umfeld sieht es gut aus", informiert Genevois, der jetzt, nach getaner Arbeit seinen Hund ausgiebig herzt. Réglisse ist stolz auf sich, Herrchen auch.

trüffel und hund

Trüffel in der Hand, Finder stolz

(Foto: Foto: Schätzl)

250 Euro fürs Kilo

Die Sorte ist indes nicht die edelste aller irdischen Trüffelsorten. Das räumt der Chefkoch sofort ein. Dennoch: Rund 250 Euro würde das Kilogramm auf dem hiesigen Markt allemal kosten.

Nach rund zwei Stunden - die Schuhe und zum Teil auch die Kleider sind mittlerweile schlammbespritzt - ist's erst mal vorbei mit der Knollenjagd. Der "maitre de cuisine" präsentiert befriedigt seine, d. h. Réglisses Ausbeute. 17 Trüffel, die größte hühnereigroß. Das entspricht einem guten Pfund. "Bei einem sechsgängigen Menü rechnen wir - nach gründlicher Reinigung - mit maximal 100 Gramm Trüffel pro Person. Nie gekocht, sondern stets geraspelt vor ihren unterschiedlichen Verwendungen", gibt er preis.

Mit Lakritze auf Trüffeljagd

koch in küche

Jean Genevois demonstriert in seinem Reich, was man mit Trüffeln alles so anstellen kann.

(Foto: Foto: Schätzl)

Ein Auszug aus der kommenden Menü-Liste liest sich grandios: überbackene Auster mit Trüffelspänen, Lachsfilet medium mit Schnittlauch-Trüffeln, Wildplatte an Tagliatelle mit Sellerie-Trüffel. Zum Entrée empfiehlt der Küchenchef - natürlich, wir sind in der Champagne - Champagner. Bevorzugt einen Dom Ruinart, Jahrgangsauslese 1993. Voilà. Lakritze sei Dank.

Das Hotel Le Terminus Reine bietet "Trüffel- und Gastronomie-Wochenenden" an. Im Preis von 240 Euro pro Person sind unter anderem zwei Übernachtungen mit Halbpension inkl. Trüffel-Menü, die Trüffelsuche mit Réglisse, ein Schnell-Kochkurs in der Hotelküche und eine Führung durch die Altstadt von Chaumont enthalten. Le Terminus Reine, Place du Général de Gaulle, F-52000 Chaumont, Tel. 0033 / (0)325 03 66 66, Fax 0033 / (0)325 03 28 95

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