Hintergrund zu Birma:Ein geschundenes Land

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Wegen seiner immensen Bodenschätze und fruchtbaren Böden galt Birma früher als "Juwel Südostasiens". Von diesem Bild ist nach der jahrzehntelangen Militärdiktatur nichts mehr übrig.

Daniela Dau

Märchenhaft, golden, mystisch: Birma besuchen heißt, in die Unwirklichkeit eines Traums - oder wahlweise Albtraums - einzutauchen. Buddhas und Pagoden, so weit das Auge reicht. Das verschwenderische Gold der Shwedagon-Anlage in Rangun. Männer in Röcken, Zigarren paffende Frauen. Rot und Grün sind die dominierenden Farben im Straßenbild: die safranroten Roben der Mönche - und die Uniformen der Soldaten.

Birma
:Land der Pagoden

Friedlicher Buddhismus und prächtige Tempel prägen das Land - aber auch der Opiumanbau und ein hartes Militärregime.

Bis vor wenigen Jahrzehnten galt der Vielvölkerstaat am Golf von Bengalen noch als Juwel Südostasiens wegen seiner immensen Bodenschätze und fruchtbaren Böden. Das stark buddhistisch geprägte Land besaß das beste Gesundheitssystem und die niedrigste Analphabetenquote der Region.

1948 hatten die Briten ihre ehemalige Kolonie in die Unabhängigkeit entlassen, doch nach diversen politischen und ethnischen Aufständen übernahm 1962 das Militär die Macht und steuert seither einen Kurs, der das Land zu einem der ärmsten und abgeschottesten der Erde gemacht hat.

Wirtschaftlich am Boden

Die nur zögerlich durchgeführten marktwirtschaftlichen Reformen haben Birma, das von den Militärs offiziell in "Union Myanmar" umbenannt worden ist, bislang nicht zu einem nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung verhelfen können. Noch immer ist die wirtschaftliche Lage durch hohe Inflation, Korruption und hohe Militärausgaben gekennzeichnet.

Die meisten Einwohner leben mehr schlecht als recht von der Landwirtschaft. Seine fruchtbaren Ebenen entlang des mehr als 2000 Kilometer langen Irrawaddy-Flusses und das tropische Klima machten das Land zwar zu einem der führenden Reisproduzenten der Welt. Doch die wichtigsten Anbaugebiete im fast 50.000 Quadratkilometer großen Delta des Irrawaddy wurden von dem Zyklon besonders schwer getroffen. Sie waren das wirtschaftliche Herzstück des Landes.

Auch der Export von Gas, Teakholz und Edelsteinen vermehrte bislang vor allem die Einnahmen der Militärs. Denn obwohl Birma unter dem Schutz Chinas steht und keine äußeren Feinde hat, fließt ein Großteil des Haushaltes in den Etat der Streitkräfte.

Keine freie Bildung

Nach mehreren Jahren der Schließung, in denen Studenten und Dozenten inhaftiert oder ins Exil gezwungen worden sind, haben die Universitäten seit 2001 wieder geöffnet. Das bedeutet natürlich nicht, dass Forschung und Bildung frei sind. "Das Volk sollte man nicht zu viel wissen lassen, das könnte gefährlich werden" - nach diesem Motto verfährt das Regime unter Staatsoberhaupt Than Shwe in der Bildungspolitik. Die Universitäten werden in erster Linie als ein Hort der Rebellion gesehen. Viele Studenten waren 1988 an den zum Teil blutigen Demonstrationen beteiligt, die zwei Jahre später Wahlen ermöglichten.

Radikale Abschottung

In seinem Bemühen, das Land vor äußeren und inneren Einflüssen zu "schützen", verfährt das Militärregime radikal. Als sich im September 2007 die Protestmärsche Tausender Mönche zur größten Demonstration gegen das Militärregime seit mehr als 20 Jahren ausgeweitet hatten, wurden kurzerhand für mehrere Tage die Internetverbindungen gekappt. Zahlreiche Blogger und Bürger-Journalisten hatten über die blutige Niederschlagung durch Soldaten in Wort und Bild berichtet.

Ebenfalls nur spärliche Informationen dringen über die ethnischen Auseinandersetzungen innerhalb Birmas ins Ausland. Etwa 70 Prozent der Einwohner sind Birmanen. Größere Gruppen bilden auch die Shan, Karen, Chin, Mon und Kachin. Jahrzehntelang lieferten sich Regierungstruppen insbesondere mit Rebellen von den Volksgruppen der Shan und Karen immer wieder schwere Kämpfe, Zehntausende flohen über die Grenze nach Thailand.

Dort fristen zum Beispiel die Karen ein Dasein als Touristenattraktion: Ihre Frauen strecken ihre Hälse durch jahrelanges Tragen von Silberreifen in die Länge und verdienen als Fotomotiv so den Lebensunterhalt für die Familie.

Vorsichtige Öffnung für Touristen

Trotz hervorragender Sehenswürdigkeiten wie der Tempelstadt Pagan sowie den Pagoden von Rangun und Pegu spielt der Tourismus im Land selbst als Wirtschaftsfaktor bisher nur eine untergeordnete Rolle. Das ändert sich nun langsam: Bekamen Touristen früher nur Visa für maximal eine Woche, so öffnet sich das Land und wirbt zunehmend aktiv für den devisenbringenden Tourismus.

Doch auch hier zeigt die Politik der Abschottung ihre Wirkung: Obwohl mit Schildern überall dazu aufgefordert wird, Besuchern helfend zur Seite zu stehen, berichten Urlauber, dass Kontakte mit der Bevölkerung nur schwer zustande kommen. Das liegt zum einen an den sprachlichen Schwierigkeiten. Und zum anderen, dass die Augen von Geheimdienstmitarbeitern in Zivil überall zu sein scheinen.

Dass das Regime internationalen Hilfskräften die Einreise ins Land erlaubt, verdeutlicht den Ernst der katastrophalen Lage. Nach dem Tsunami 2004 hatten die Militärs für ihr von der Flutwelle ebenfalls betroffenes Land noch jede fremde Unterstützung abgelehnt. Die damals präsentierten niedrigen Opferzahlen wurden von ausländischen Organisationen stark angezweifelt.

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